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Heiner Garg: "Sie sind ein Gutwetterminister - Herr Rover!"
F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher V.i.S.d.P. F.D.P. Fraktion im Nr. 193/2001 Schleswig - Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Donnerstag, 31. Mai 2001 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Heiner Garg: „Sie sind ein Gutwetterminister – Herr Rover!“In seinem Redebeitrag zu TOP 7 (Schwarzarbeit) sagte der sozialpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Heiner Garg: Presseinformation „Schleswig-Holstein lag endlich einmal wirklich weit vorn—auf dem dritten Platz aller Bundesländer. Nur Berlin und Niedersachsen waren noch besser. Das ergibt sich aus den Schätzungen des Wirtschaftsforschers Friedrich Schneider zum Umfang der illegalen Schattenwirtschaft im Jahre 1999.Rund 22 Milliarden DM betrug der Umfang der illegalen Schattenwirtschaft in Schleswig-Holstein schätzungsweise. Das entspricht knapp 18% der offiziellen Wirtschaftsleistung unseres Landes.Nicht dass Sie glauben, sie hätten diese Zahlen in der Antwort der Landesregierung auf die Grosse Anfrage der FDP überlesen: sie standen nicht drin—obwohl wir danach gefragt haben und die Arbeiten Schneiders in der Antwort zitiert sind.Die Leistung der Schwarzarbeiter in Schleswig-Holstein trägt uns auch international einen guten Tabellenplatz ein: Im Vergleich mit 21 OECD- Ländern lagen wir 1999 auf Platz sieben, hinter den südlichen Mitgliedsstaaten der EU und den skandinavischen Staaten.Abgehängt haben wir zum Beispiel die USA, Neuseeland, Großbritannien, Japan, die Niederlande, Österreich und die Schweiz. In diesen Ländern ist der relative Umfang der Schattenwirtschaft teilweise nur halb so groß wie bei uns. „Schwarzarbeit verzerrt den Wettbewe rb und mindert das Wirtschaftswachstum. Sie gefährdet bestehende Arbeitsplätze und schadet dem Arbeitsmarkt ... Das für ein reibungsloses Zusammenleben in Wirtschaft und Politik notwendige Vertrauen wird untergraben. ... 2 Schwarzarbeit schädigt unser Sozialsystem und untergräbt die Wirtschaftsordnung. ... Daher sieht die Landesregierung in der Eindämmung und Rückführung der Schattenwirtschaft eine bedeutende gesellschafts-, sozial- und finanzpolitische Aufgabe.“Das sind Zitate aus dem Vorwort der Antwort auf die Grosse Anfrage der FDP zur Schwarzarbeit in Schleswig-Holstein.Diesen Ausführungen wäre wenig hinzuzufügen, wenn die Landesregierung ihren Erkenntnissen folgen würde—leider tut sie das nicht.Im Gegenteil: Landes- und Bundesregierung reden zwar vom Abbau der Schwarzarbeit, tun jedoch ihr Möglichstes, damit die Anreize zur Schwarzarbeit nicht kleiner werden.Die Landesregierung teilt die Auffassung der meisten Wissenschaftler,„dass eine hohe Steuer- und Abgabenlast die Bereitschaft zur schattenwirtschaftlichen Aktivitäten erhöhen kann.“und unterstützt eine Entschließung des Bundesrates, in der„der Bundesrat in den hohen Lohnneben- und –zusatzkosten eine Hauptursache für illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit sieht.“Die Politik der Landesregierung trägt dieser Erkenntnis keine Rechnung.Wenn die Ursache des Problems Schwarzarbeit die hohe Belastung des Produktionsfaktors Arbeit durch Steuern- und Abgaben ist, dann sollte die Politik gegen Schwarzarbeit die Steuer- und Abgabenlast senken. Davon ist in den Antworten der Landesregierung nichts zu lesen und in ihrem Handeln nichts zu sehen.Fazit: Bundes- und Landesregierung bekämpfen eine Hauptursache der Schwarzarbeit nicht.Eine zweiter wichtiger Ursachenkomplex für Schwarzarbeit ist die Regulierung des Wirtschaftens. Je mehr detaillierte Vorschriften zu beachten sind, desto teurer und unflexibler wird die Produktion von Gütern und Dienstleistungen, desto eher lohnt es sich, in den Schattensektor auszuweichen.Von dieser Ursache für Schwarzarbeit ist in der Antwort der Landesregierung gar nichts zu lesen; Gegenmaßnahmen sind auch nicht angeführt—das geht ja auch nicht, denn die Landesregierung tut nichts gegen diese Ursache—siehe Standardöffnung.Fazit: Bundes- und Landesregierung bekämpfen die zweitwichtigste Ursache der Schwarzarbeit nicht.Und wie wird die Schwarzarbeit bekämpft? 3 Das Menü der Maßnahmen reicht von erhöhten Bußgeldern über stärkere Informationspflichten von Anbietern und Arbeitnehmern bis zu höherem Personalansatz für Kontrollen vor Ort und Steuerfahndung.Alle diese Maßnahmen haben eines gemeinsam: Sie richten sich gegen das Symptom Schwarzarbeit, aber nicht gegen seine Ursachen.In der wissenschaftlichen Literatur findet man hierzu folgenden Kommentar:„Repressive Maßnahmen sind bei Behörden und Politikern am beliebtesten. Nicht weil Repression erfahrungsgemäß wirkungslos ist, sondern weil man den Anschein erweckt, es werde energisch gegen das Übel vorgegangen.“1Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Schwarzarbeit ist rechtswidrig und muss verfolgt werden.Aber es steht dem Rechtsstaat nicht gut zu Gesicht, die Menschen erst durch Abgaben- und Regulierungsdruck in die Schwarzarbeit zu treiben und sich hinterher der verstärkten Bekämpfung der Tatsachen zu rühmen, die der Staat selbst maßgeblich geschaffen hat.Und der Staat treibt die Bürgerinnen und Bürger immer stärker in die Schwarzarbeit und die Landesregierung mischt kräftig mit:Alle neu erlassenen Gesetze zur vermeintlichen Entlastung des Arbeitsmarktes stärken die Anreize zur Schwarzarbeit: Die Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung, Scheinselbständigkeit, befristeten Arbeitsverhältnissen und Mitbestimmung verstärken die Verkrustung des deutschen Arbeitsmarktes.Diese Gesetze treiben die Kosten des Faktors Arbeit in die Höhe. Bessergestellt werden höchstens diejenigen, die schon Arbeit haben—Arbeitslose werden schlechter gestellt, denn der Zugang zum offiziellen Arbeitsmarkt wird schwieriger.Damit verstärkt sich auch der Anreiz schwarz zu arbeiten.Die dahinterstehende Logik ist ökonomisches Allgemeinwissen. Vor diesem Hintergrund überraschen mich einige Antworten sehr.So antwortet die Landesregierung auf die Frage nach der Auswirkung der Regelungen zur geringfügigen Beschäftigung auf die Schwarzarbeit unter anderem:„Hierbei wird deutlich, dass für die Zeit nach Inkrafttreten der Neuregelungen zur geringfügigen Beschäftigung ein beständiger Anstieg dieser Beschäftigungsverhältnisse zu verzeichnen ist. Von einer negativen Auswirkung dieser Vorschriften auf den Umfang der Schwarzarbeit kann daher keine Rede sein.“1 Tuchtfeldt, Egon: Wirtschaftspolitische Konsequenzen der Schattenwirtschaft, S. 277, in: Schäfer, Wolf, (Hrsg.): Schattenökonomie – theoretische und wirtschaftspolitische Konsequenzen, Göttingen 1984, S. 263- 282. 4Begründet wird diese Aussage mit dem Anstieg der bei der AOK gemeldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse von Oktober 1999 bis Februar 2001.Diese Unlogik sucht ihresgleichen. Selbstverständlich steigen die gemeldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse an, wenn sie auf einmal gemeldet werden müssen! Doch damit wird überhaupt nichts über die Wirkungen des Gesetzes auf den Umfang der Schwarzarbeit belegt.Herr Minister Rohwer,ich frage mich, ob sie diese Kausalzusammenhänge auch gegenüber ihren Studenten der Volkswirtschaft in Freiburg aufstellen würden. Wenn nein, warum trauen sie sich, solche Aussagen gegenüber dem Parlament zu machen?Wenn wir den Umfang und die schädlichen Wirkungen der Schwarzarbeit verringern wollen, dann müssen wir die Steuer- und Abgabenbelastung senken und die Wirtschaft aus den Fesseln der Regulierung befreien, besonders den Arbeitsmarkt.Das senkt die Schwarzarbeit, erhöht das Wirtschaftswachstum, schafft Arbeitsplätze und steigert so die Einnahmen des Staates nachhaltiger als alle Bekämpfungsmaßnahmen es je könnten.Dass dieses Rezept Erfolg verspricht, zeigen die anfangs zitierten Daten. In den Ländern in denen die notwendigen Reformen angegangen wurden, bewegt sich die Schattenwirtschaft auf einem viel niedrigeren Niveau als bei uns.Insgesamt lässt sich die kleine Antwort der Landesregierung auf die Grosse Anfrage der FDP so bilanzieren:Erstens, die Landesregierung kennt die Situation der Schwarzarbeit in Schleswig-Holstein nicht besonders gut—sie konnte 29 Fragen zu Umfang und Einstellungen der Bevölkerung nicht beantworten.Zweitens, die Landesregierung bekämpft das Symptom Schwarzarbeit gemeinsam mit der Bundesregierung immer stärker, ohne gegen die Ursachen vorzugehen—im Gegenteil, die Anreize zur Schwarzarbeit werden erhöht.Drittens, obwohl die Landesregierung die Ursachen der Schwarzarbeit kennt und deren Beseitigung als bedeutende politische Aufgabe ansieht, verschiebt sie Anstrengungen zur Beseitigung der Ursachen bis auf weiteres.Vor diesem Hintergrund ist meine Prognose eindeutig: Schleswig-Holstein wird seinen Platz in der Hitparade der Schattenwirtschaft mindestens halten und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar noch verbessern, denn Einsicht in die Zusammenhänge und folgerichtiges Handeln bei Landes- und Bundesregierung ist nicht zu erkennen.“