Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

31.05.01 , 18:03 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel: Das Lohndumping in der Baubranche verhindern

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 TOP 6 und 13 - Landesvergabegesetz - 24105 Kiel
Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Mobil: 0172/541 83 53 von Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Karl-Martin Hentschel: Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Nr. 162.01 / 31.05.2001
Das Lohndumping in der Baubranche verhindern
Vielen Dank an meinen Kollegen Lars Harms für die Erarbeitung des Gesetzentwurfes für ein Landesvergabegesetz.
Insbesondere die Bauwirtschaft hat uns im Wirtschaftsausschuss einen lebhaften Ein- blick in die Zustände auf den Baustellen verschafft. Deutsche Baukonzerne unterlaufen Mindestlohnvorschriften und Tarifverträge und sparen auch die Sozialabgaben, indem sie osteuropäische Firmen als Subunternehmen beauftragen. Diese Firmen zahlen entweder nicht einmal den Mindestlohn, oder sie zahlen ihn zwar, lassen die Arbeiter aber statt acht Stunden bis hin zur doppelten Zeit arbeiten.
Dies alles gewinnt eine besondere Dramatik in einer Situation, in der die Bautätigkeit um mehr als 30 Prozent gegenüber dem Maximum Mitte der 90er Jahre zurückgegangen ist. Auch die öffentlichen Bauaufträge sind rückläufig, nur der Straßenbau liegt auf unverän- dert hohem Niveau, bietet aber aufgrund des hohem Automatisierungsgrades ver- gleichsweise wenig Arbeitsplätze.
Es ist schon ein erstaunliches Ereignis, wenn die Spitze der schleswig-holsteinischen Bauwirtschaft in den Wirtschaftsausschuss des Landtages kommt, und darum bittet, der Staat möge bitte dafür sorgen, dass die Tarifverträge eingehalten werden.
Die Bauwirtschaft ist nicht gerade bekannt für sanfte Umgangsformen. Und so mancher Gewerkschaftsfunktionär kann ein Lied davon singen, mit welchen Methoden Gewerk- schaftsarbeit auf dem Bau schwer gemacht wurde. Da wurden Firmen kurzfristig gegrün- det, in mehrere Unternehmen aufgeteilt, dann wieder geschlossen und neu gegründet, und das alles, nur um zu verhindern, dass es zur Bildung von Betriebsräten und zur Durchsetzung von Tariflöhnen kam. Jetzt hat man erkannt, dass man sich letztlich selbst geschadet und einen Lohndum- pingwettlauf in die Welt gesetzt hat, der mit eigenen Mitteln nicht mehr zu kontrollieren ist. Ähnlich wie wir es aus dem Transportgewerbe kennen, arbeiten die Arbeiter auf dem Bau nicht am Sitz der Firma, sondern beim Kunden bzw. auf dem Weg dahin, weshalb das Problem auftritt, dass die Tarifverträge, Steuern und Sozialabgaben am Arbeitsort ganz andere sein können als am Firmensitz.
Dies erschwert die Kontrolle und erleichtert illegale Praktiken. Solange dieses Gesche- hen dann auch noch von dem Hauptunternehmer gedeckt wird, ist es kaum möglich, die Praktiken wirksam aufzudecken.
Aus diesem Grunde ist es sicherlich ein sehr weitreichender, aber durchaus logischer Vorschlag, den Hauptunternehmer für die Abführung von Sozialhilfe und Steuern durch seine Subunternehmer verantwortlich zu machen und Regelungen zu schaffen, die die Einhaltung von Tarifen sicherstellen.
Auch das Bestreben, entsprechende Vorschriften auf die Vergabe von öffentlichen Ver- kehrsleistungen und auf den Energiesektor zu erweitern, macht Sinn. Der letztere dürfte allerdings aufgrund der Größe der Firmen im Energiesektor eher unproblematisch sein.
Im Detail wird der Gesetzesentwurf im Ausschuss zu überprüfen sein, insbesondere auf seine Kompatibilität mit übergeordnetem Bundes- und Europarecht. Es freut mich, dass Lars Harms auch daran gedacht hat, eine gesetzliche Grundlage für ökologische Stan- dards zu schaffen. Eine entsprechende Öffnungsklausel sollte unseres Erachtens dann aber auch für das schwierige Thema Frauenförderung aufgenommen werden.
Zum Schluss möchte ich noch auf ein Problem zu sprechen kommen, das sich aus mei- ner kleinen Anfrage zum Korruptionsregister vom März dieses Jahres ergibt. Es gibt bis- lang keinerlei Kontrollen darüber, welche Firmen wegen Wettbewerbsverstößen von der Vergabe von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen worden sind. Die GMSH führt ledig- lich ein internes Register.
Meines Erachtens brauchen wir dringend ein Register, in dem aufgefallene Firmen, die vom Land oder von Kommunen mit einem Vergabeverbot belegt sind, erfasst sind. Darin müssten auch die Eigentümer und die zuständigen Geschäftsführer festgehalten werden, um die Umgehung des Vergabeverbotes durch Neugründung von Firmen feststellen zu können.
Dementsprechend sollte geprüft werden, ob der Ausschluss von der Auftragsvergabe auch auf Firmen ausgeweitet werden, die dem gleichen Eigentümer einer ausgeschlos- sen Firma gehören, oder deren zuständige Geschäftsführer zuvor bei einer Firma gear- beitet haben, die ausgeschlossen wurde.
Es würde mich sehr freuen, wenn es uns gelänge, zeitnah auf die Probleme auf dem Bau zu reagieren und unserer Bauwirtschaft auf diese Weise schnell und zügig zu helfen.
***

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen