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11.07.01 , 10:52 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Der Steuerzahler zahlt die Zeche"

F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher
V.i.S.d.P.


F.D.P. Fraktion im Nr. 241/2001 Schleswig- Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Mittwoch 11. Juli 2001 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
Wolfgang Kubicki: „Der Steuerzahler zahlt die Zeche“
In seinem Beitrag zu TOP 2 (Neuordnung des Länderfinanzausgleiches) sagte der Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der FDP-Landtags- fraktion, Wolfgang Kubicki:



Presseinformation „Die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin verdeutlicht das Dilemma Schleswig-Holsteins. Die Landesregierung glaubt die eigene Propaganda. Das Reförmchen wird zum großen Wurf hochgespielt. Subsidiarität, Wettbewerb, Solidarität, Qualität, Verantwortung: das seien die Kennzeichen dieses Kompromisses.
Und dieser Kompromiss sei nicht nur fair, meine Damen und Herren, nein, er sei zudem auch noch gerecht! Ein wiederkehrendes Bild: Wenn die Ministerpräsidentin keine politische Substanz zu bieten hat, füllt sie die Lücken mit Worthülsen.
Bevor ich zu meiner Bewertung des neuen Länderfinanzausgleiches komme, möchte ich noch einige Widersprüche in der Erklärung der Ministerpräsidentin aufzeigen:
Sie sagt, Schleswig-Holstein habe—wie alle anderen Länder auch—kein Geld zu verschenken. Am 05. Juli wurde der Verkauf von LEG-Anteilen besiegelt, für 216 Millionen Mark, wie wir alle wissen. Am 6. Juli war im Handelsblatt zu lesen, es hätte einen Bieter gegeben, der zu den gleichen Bedingungen 300 Millionen Mark bezahlt hätte.
Wenn Schleswig-Holstein kein Geld zu verschenken hat, warum verschenkt die Landesregierung dann mal eben 84 Millionen Mark? Ganz zu schweigen von mehreren hundert Millionen Mark stiller Reserven, deren Gegenwert dem Lande auch bei einem Verkaufspreis von 300 Millionen verloren gegangen wäre?
Die Erklärung hierfür bleibt die Ministerpräsidentin den Menschen Schleswig-Holsteins bis heute schuldig.
Die Ministerpräsidentin sagt, „der Kompromiss habe für jedes Land Anreize zur Stärkung der eigenen Finanzkraft geschaffen“ und 2 „Unterschiede sind das Salz in der Suppe des Föderalismus“. Dann sagt sie, Steuerwettbewerb zwischen den Ländern dürfe nicht stattfinden.
Das passt nicht zusammen: Es sind doch gerade die Abgabenlast, die Regulierungsdichte und Regulierungsqualität, mit denen eine Gebietskörperschaft sich als potentieller Standort profilieren kann. Hier können die Anreize gesetzt werden, mit denen mobile Produktionsfaktoren ins Land geholt werden können. Und gerade in diesen Bereichen soll kein Wettbewerb der Länder stattfinden? Ich kann Ihnen sagen, warum die Ministerpräsidentin das will: Wenn der Steuerwettbewerb in Teilen freigegeben würde, dann würde die schuldenfinanzierte Utopie von rot-grün zügig in den Mülleiner der Landesgeschichte wandern.
Frau Simonis sagt, die Landesregierung schulde den eigenen Bürgerinnen und Bürgern in Bezug auf den Solidarpakt II eine sorgfältige Mittelverwendung und die zeitliche Begrenzung dieser Maßnahme. Das ist richtig.
Frau Ministerpräsidentin, Sie schulden den Menschen in Schleswig-Holstein aber vor allem auch eine sorgfältige Verwendung der Landesmittel. Ihre Politik ist das beste Beispiel für die neuen Länder, wie man es nicht machen sollte. Sie verpulvern Steuergelder und belasten zukünftige Generationen mit real-sozialistischen Hirngespinsten und verschenken unnötig Milliardenwerte aus dem Landesvermögen.
Sie sollten Ihre Aussagen zum Solidarpakt zur Messlatte Ihrer zukünftigen Politik machen.
Zum Finanzausgleich selbst: Schleswig-Holstein erhält mehr Geld für das Land und die Kommunen. Das ist das Ergebnis der Verhandlungen über den neuen Finanzausgleich, und das soll gut sein, denn wichtig sei, was hinten rauskommt.
Ich stimme dieser Feststellung nur bedingt zu: Unter sonst gleichen Bedingungen ist mehr Geld in der Kasse eindeutig besser als weniger Geld—aber eben nur unter sonst gleichen Bedingungen. Ob das, was jetzt hinten rausgekommen ist, Schleswig-Holstein wirklich nach vorn bringt, das ist mehr als fraglich.
Fangen wir also noch einmal von vorn an: Der Länderfinanzausgleich alter Art stand unter einem alles beherrschenden Vorzeichen: Alle Länder sollten am Ende in Bezug auf die relative Finanzausstattung gleich gemacht werden. Egal, wie erfolgreich oder nicht erfolgreich die Politik in den einzelnen Ländern war oder ist, der Erfolg oder Misserfolg sollte sich nicht in der Landeskasse widerspiegeln. Ergebnis: erfolgreiche Politik wurde durch Abzüge bestraft und erfolglose Politik durch Zuschüsse belohnt.
Dieses Ergebnis führte in den erfolgreichen Ländern zu verständlichem Unmut und zur Verfassungsklage. Das Gericht gab den Klägern recht und zwang den Bund und die Länder zur Neuregelung der Umverteilung.
Die Fronten waren von vornherein klar: Die Geberländer wollten weniger zahlen. Die Nehmerländer wollten auf keinen Fall weniger bekommen. Und der Bundeskanzler brauchte eine Erfolgsmeldung, weil sein Image gerade zusammen mit der Konjunktur untergeht.
Und so trafen sich siebzehn Regierungschefs zum Kuhhandel auf Kosten des Steuerzahlers. Innerhalb weniger Stunden war alles geregelt: Der Bund zieht 1,5 Milliarden aus dem Skat, damit werden die Nachlässe für die Geberländer finanziert, und die Nehmerländer haben nichts dazubezahlt. Friede, Freude, Eierkuchen: Eine 3 Sternstunde des Föderalismus wird proklamiert, und Frau Simonis freut sich über eine weitere schwarze Null.
Eine kleine Nebenbemerkung an die CDU: Ich an Ihrer Stelle würde mich über den Begriff „schwarze Null“ nicht freuen.
Zurück zum Thema: Die Neuordnung des Länderfinanzausgleiches ist für mich keine Sternstunde des Föderalismus. Das grundlegende Prinzip der Gleichmacherei wurde nicht abgeschafft, die Fehlanreize des alten Systems bestehen weiter: Schlechte Politik wird weiterhin übermäßig subventioniert.
Einziger Unterschied zu vorher: die Last der Subventionszahlung wurde marginal von den Geberländern auf den Bund verschoben. Dieser Erfolg der Geberländer wird allerdings dadurch abgeschwächt, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in den Geberländern die Nehmerländer jetzt über Steuerzahlungen an den Bund finanzieren.
Fazit: Dieses Reförmchen stärkt den Föderalismus nicht. Die Regierungen haben die Chance vertan, durch eine konsequente Umstellung des Länderfinanzausgleiches die Weichen für mehr Wettbewerb zwischen den Bundesländern zu stellen. Der einzige Wettbewerb, der hier erhalten wurde, ist der Wettbewerb um Subventionen für schlechte Landespolitik.
Das ist das Problem für Schleswig-Holstein. Das ist mein Vorwurf an Frau Simonis. Seit Jahren ziehen Sie durchs Land, Frau Ministerpräsidentin, und proklamieren großspurig die „Zukunft im eigenen Land“.
Ihr Beitrag zu dieser Zukunft besteht in erster Linie darin, die Chancen für diese Zukunft zu verschlechtern. Die Neuordnung des Länderfinanzausgleiches ist ein weiterer großer Schritt in Richtung schlechtere Zukunft für Schleswig-Holstein.
Ihre Finanzpolitik hat das Land Schleswig-Holstein an den Rand der Pleite getrieben—so nah an diesen Abgrund, dass selbst Ihr Koalitionspartner die Hoffnung auf die finanzpolitische Zukunft im eigenen Land schon aufgibt und die Zwangsbewirtschaftung der Landesfinanzen durch den Bund fordert.
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben in den Verhandlungen die Chance vertan, sich zumindest für bessere Zukunftschancen für Schleswig-Holstein einzusetzen. Für eine schwarze Null haben Sie eine Chance auf einen höheren Wachstumspfad für Schleswig- Holstein aufgegeben. Das ist Ihr Bärendienst an der Zukunft unseres Landes.
Die Neuordnung des Länderfinanzausgleiches hätte zu einer Investition in den Standort Deutschland werden können, einer Investition, von der auch Schleswig-Holstein profitiert hätte.
Investitionen sind Projekte, bei denen man in der Gegenwart Nachteile in Kauf nimmt, um dafür später besser dazustehen als ohne die Investition. Investoren gehen Risiken ein, weil sie überzeugt sind, dass die Chancen größer sind als diese Risiken—weil sie überzeugt sind, im Wettbewerb bestehen zu können.
Echter Wettbewerb zwischen den Bundesländern, das wäre die entscheidende Investition in die Zukunft Deutschlands gewesen. Ein Wettbewerb, in dem die Bundesländer unterschiedliche Politikkonzepte anbieten und sich um die Gunst der Wähler und Investoren um die Wette bewerben müssen. Ein Wettbewerb, in dem schlechte Politik nicht bis auf 0,5 Prozentpunkte Ergebnisunterschied durch Subventionen abgesichert wird. 4 Ein Wettbewerb, in dem das Risiko des Misserfolgs den Anreiz zu guter Politik setzt.
Sie haben es noch nicht einmal versucht, Frau Ministerpräsidentin, für diesen Wettbewerb einzutreten—das zeigt, das Sie von der Wettbewerbsfähigkeit Ihrer eigenen Politik nicht überzeugt sind. Gleichzeitig fordern Sie Investoren auf, in Schleswig-Holstein zu investieren. Warum sollte man dort investieren, wo die Regierung von ihrer eigenen Politik nicht überzeugt ist und auch keine Erfolge vorweisen kann? Ich sage es noch einmal: Wäre die Landesregierung von der Wettbewerbsfähigkeit ihrer eigenen Politik überzeugt, dann hätte sie sich für eine echte Reform des Finanzausgleiches eingesetzt.
Eine Reform mit stärkerem Wettbewerb zwischen den Bundesländern, die zu besserer Politik in allen Bundesländern führen würde, weil Misserfolge merklich bestraft würden.
Jetzt bekommt Schleswig-Holstein die schwarze Null, sprich knapp 51 Millionen Mark im Jahre 2005, deren Gegenwartswert beim derzeitigen Zinsniveau von 5% heute etwa 40 Millionen Mark entspricht.
Ich nehme Ihre Frage vorweg, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen: Schlägt Herr Kubicki ernsthaft vor, dass wir auf 40 Millionen verzichten, angesichts der anstehenden Haushaltsprobleme? Meine Antwort lautet: Ja. Um den Preis eines stärkeren Wettbewerbs zwischen den Bundesländern hätte die Landesregierung darauf verzichten sollen. Und ich sage Ihnen auch, wie wir diese Investition in die Zukunft Schleswig- Holsteins hätten finanzieren sollen.
Die Stichworte lauten: Preussag-Wohnungen, Provinzial und LEG. Bei diesen Geschäften verschenkte und verschenkt die Landesregierung freiwillig und vollkommen unverständlich Milliardenbeträge und versucht, der Öffentlichkeit diese Vermögensverschleuderung als Investition in die Zukunft des Landes zu verkaufen.
Das ist schon für sich genommen ein Vergehen an der Zukunft der Menschen in Schleswig-Holstein. Und jetzt setzt die Landesregierung noch einen drauf und verschenkt höhere Wachstumschancen für einen Gegenwert von 40 Millionen.
Frau Ministerpräsidentin, vielleicht hätten Sie es nicht geschafft, sich mit der Forderung nach einer wirklichen Reform des Länderfinanzausgleiches durchzusetzen. Aber Sie haben es noch nicht einmal versucht. Und das wiegt schwerer als ein gescheiterter Versuch.
Denn gleichzeitig haben Sie die Menschen in den neuen Bundesländern ermahnt, sie dürften sich nicht daran gewöhnen, dass das Geld einfach kommt, wenn man ruft! Auch dort müsse man einsehen, dass das Geld nicht einfach aus dem Portemonnaie kommt, sondern erst durch Leistung verdient werden müsse!
Das ist blanker Zynismus, Frau Ministerpräsidentin.
Sie und Ihre Regierung pfeifen finanzpolitisch aus dem letzten Loch und können Ihre verfehlte Politik nur noch mit der Ländersozialhilfe über den Tag retten. Und Sie werfen den Menschen in den neuen Ländern vor, dass diese versuchen, unter diesen Umständen nicht die Dummen im großen Umverteilungsspiel der Länder zu sein?
Sie hätten im Glashaus nicht mit Steinen werfen sollen, Frau Simonis. Wir werden Sie an diesen Worten und Ihren Taten messen; freuen Sie sich auf einen heißen Herbst.“

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