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Hermann Benker zu TOP 60: Abbau öffentlicher Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 12.07.01 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellHermann Benker zu TOP 60:Abbau öffentlicher Arbeitsplätze in Schleswig-HolsteinDer Bericht zeigt eine für Schleswig-Holstein erstaunliche Abhängigkeit auf von Ar- beitsplätzen, für die der Bund in Verantwortung ist. Immerhin sind es 29.600 Arbeits- plätze, die bei Bundesbehörden und -einrichtungen abgebaut werden mussten. Zwar sind davon allein 27.800 Dienstposten bei der Bundeswehr abgebaut worden, aber darüber hinaus werden Bundeseinrichtungen genannt, wie• Bundesgrenzschutz• ziviler Bevölkerungsschutz• Bundesamt für Anerkennung ausländischer Flüchtlinge• Bundesbank• Bundesvermögensamt• Zoll• Post• Kastastrophenschutz• Bundesfinanzdirektion Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-• Bundesanstalt für Arbeit• Bundesanstalt für Milchforschung, für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen, für Landwirtschaft.Deshalb kann man Bund und Land hinsichtlich der zahlenmäßigen Relationen keines- wegs in einem Atemzug nennen, wenn dann bei Landesbehörden 1.100 Dienstposten weggefallen sind.Falsch ist daher die Aussage des SSW, die vorab in der Presse dargestellt wurde, dass das Land den Nordteil des Landes im Stich lasse. Richtig ist, dass der Planungs- raum 5 mit einem Arbeitsplatzverlust von 10.851 Dienstposten alleine aus der Bun- deswehr zu rechnen hatte. Aber wenn aus strategischen Gründen auf Grund der Si- cherheitslage bis 1990 tatsächlich die Stationierung der Bundeswehr im nördlichen Teil Schleswigs in größerem Umfang notwendig war, dann ist es auch logisch, dass bei Wegfall dieser strategischen Situation auch in diesem Bereich ein umfangreicher Ab- bau erfolgen muss. Das gilt zwar nicht für alle Einheiten, ich hätte es gern gesehen, wenn z. B. im Bereich Schleswig und in List Einheiten, die mit Strategien nichts zu tun haben, weiter erhalten geblieben wären. Aber das Verteidigungsministerium hat leider anders entschieden.Gegenüber 29.600 Dienstposten Bund fallen die 1.081 Stellen, die das Land insge- samt aufgrund eigener Strukturreformen abbauen musste, kaum ins Gewicht. Es ist aus dem Bericht allerdings nicht zu entnehmen, wie die Qualität der Arbeitsplätze aus- sieht, die wegfallen. Denn es geht hier ja nicht nur um einen Strukturwandel innerhalb der Behörden, der Dienststellen und Einrichtungen, sondern es geht auch um einen Strukturwandel innerhalb der Gemeinde. Es ist schon allein in der Kaufkraft ein Unter- schied, ob ich Dienstposten für Lagerarbeiter aus einem Depot wegen der Auflösung abbaue, oder ob ich Ingenieure und Meister in Werkstatt und Instandsetzung verliere. Denn Ersatzarbeitsplätze sind im weniger qualifiziertem Bereich sehr viel schlechter zu bekommen als in einem Bereich, in dem es sich um qualifizierte Techniker und Ingeni- eure handelt. In vielen Kommunen sind aber auch keine qualifizierten Ersatzarbeits- -3-plätze zu bekommen und vor allem, sie sind auch nicht über Nacht zu schaffen. Des- halb können wir die betroffenen Kommunen nicht allein lassen.Die Erfahrung zeigt, dass ältere betroffene Arbeitnehmer durchaus eine Änderungs- kündigung oder für die letzte Zeit ihres Arbeitslebens auch ein Pendlerdasein in Kauf nehmen. Bei den jüngeren Arbeitnehmern ist zwar die gleiche Bindung an den Hei- matort, manchmal an das eigene Haus vorhanden, aber diese Familien gehen in der Regel langfristig dem Standort verloren. Es ist also ein Prozess, der die Bevölkerung zwar langsam aber stetig in ihrer Zusammensetzung ändert. Vielleicht ist es erforder- lich, dass wir diesen Strukturwandel einmal soziologisch untersuchen, also welche Veränderungen in einer Gemeinde mit dem Abbau von Arbeitsplätzen im öffentlichen Bereich einhergehen.Es ist auch erforderlich, dass wir hier in unseren Überlegungen das Zusammenspiel der Kräfte Bund – Land, Bund – Kommunen im Auge behalten, wenn wir nicht durch Entscheidung von außen durch Bundesbehörden Strukturen völlig zerstören wollen. Was fehlt, ist ein Planungsinstrument, das in diesem Zusammenspiel volkswirtschaft- lich notwendige Entscheidungen ermöglicht. Dieses Planungsinstrument haben wir zur Zeit nicht. Das hat zuletzt die abschließende Entscheidung des Bundesverteidigungs- ministeriums gezeigt, indem zumindest zwei Bereiche geschlossen worden sind, ob- wohl die strukturpolitischen Daten eindeutig für eine andere Standortentscheidung ge- sprochen hätten. Es handelt sich hierbei um die Schließung der Standortverwaltungen in Neustadt und in Eckernförde. Hier bleiben wir als Politiker gefordert, Lösungsmög- lichkeiten zu entwickeln, damit die föderale Struktur der Bundesrepublik auch hand- lungsfähig bleibt und nicht als zahnloser Tiger hinnehmen muss, wie Bundesentschei- dungen alle volkswirtschaftlichen strukturpolitischen Entscheidungen und Überlegun- gen der Länder zunichte machen.Es ist notwendig, darüber nachzudenken, denn wir sind mit Verwaltungsreform weder auf Landes- noch auf Bundesebene am Ende der Fahnenstange angekommen, und wenn wir das Konnexitätsprinzip ernst nehmen, dann gilt dies nicht nur für pekuniäre Entscheidungen, sondern auch für geldwerte Nachteile zu Lasten der Kommunen. -4-Dennoch haben alle Maßnahmen, und das entnehme ich diesem Bericht, überwiegend sozialverträglich durchgeführt werden können, und es gab kaum Entlassungen. Auch die Aussage des Landesarbeitsamtes, dass statistisch relevante Auswirkungen auf die regionalen Arbeitsmärkte nicht festzustellen waren, bestätigt dies. Ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit wurde also nicht registriert.Dies sagt nichts aus über den schleichenden Prozess, dass sich hier ein Strukturwan- del in den einzelnen Gemeinden vollzieht. Das mag mittelfristig noch in der Aufrecht- erhaltung der Kaufkraft liegen, langfristig allerdings wird sich dies anders darstellen, weil keine Nachfolgearbeitsplätze und damit auch keine Wohnungssuchenden, damit keine Bauwilligen, damit auch weniger Kaufkraft bis hin zur Wertminderung auf dem Immobilienmarkt in dem entscheidenden Ort mehr entstehen können.Es ist erfreulich, dass die Landesregierung insbesondere im Bereich des Truppenab- baus nicht gewartet hat, bis der Bund ein eigenes Konversionsprogramm aufgelegt hat. Es ist zwar vor wenigen Tagen zu einem Abkommen zwischen dem Bundesver- teidigungsministerium und Bundesministerium der Finanzen gekommen, was die Ü- bergabe der Liegenschaften der Bundeswehr betrifft, aber es ist aufgrund der Haus- haltslage nicht zu erkennen, dass der Bund ein eigenes Konversionsprogramm aufstel- len wird, obwohl er nach wie vor in der Pflicht ist.Die Landesregierung hat ähnlich wie bei dem Truppenabbau vor zehn Jahren die am stärksten betroffenen Standorte als Konversionsschwerpunkte sofort in einem eigenen Konversionsprogramm zusammen gefasst. Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass hier zusätzliche Mittel ausgeschüttet werden können, sondern das bedeutet e- ben, dass sie vorrangig bedient werden und bei der Frage der Quotierung der Zu- schüsse das eine oder andere Prä erhalten können.Eine letzte Forderung: Wenn wir den Strukturwandel nicht zu Einbrüchen in den Kom- munen führen lassen wollen, dürfen nicht langwierige und im Ergebnis teure Verhand- lungen um Grundstücke die Aktivität der Kommunen lähmen. Wir müssen für die -5-Kommunen ein frühzeitiges Dispositionsrecht, die Verfügungsgewalt, eine vorläufige Besitzerneuerung für Liegenschaften des Bundes erreichen, wenn wir dem Abbau von Dienstposten entgegenwirken wollen.