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Christel Happach-Kasan: Keine operative Hektik in der Landwirtsch aftspolitik!
F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher V.i.S.d.P. F.D.P. Fraktion im Nr. 256/2001 Schleswig- Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, den 12. Juli 2001 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Christel Happach-Kasan: Keine operative Hektik in der Landwirtschaftspolitik!In ihrem Redebeitrag zu TOP 22 (Weiterentwicklung statt Wende in der Agrarpolitik) erklärte die agrarpolitische Sprecherin der FDP- Landtagsfraktion, Dr. Christel Happach-Kasan: Presseinformation „Als uns die Landwirtschaftsministerin im Mai diesen Jahres den Agrarreport 2001 präsentierte, konnten wir alle erfreut zur Kenntnis nehmen, dass es den Landwirtinnen und Landwirten in Schleswig- Holstein im Wirtschaftsjahr 1999/2000 erneut gelungen war, ein Ergebnis zu erzielen, das deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Dem Können, dem unternehmerischen Einsatz unserer Landwirte sowie der günstigen Agrarstruktur im Land ist es zu verdanken, dass die Zahl wettbewerbsfähiger Betriebe in Schleswig-Holstein so erfreulich groß ist. Wir als FDP wollen darauf hinwirken, dass das so bleibt und freuen uns daher, dass die Regierungsfraktionen neben weiteren Punkten auch den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe aus unserem Antrag übernommen haben.Mit dem vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion entsteht bei uns der Eindruck, dass der vom vormaligen Ministerpräsidenten Engholm in die Politik eingeführte Begriff „des Reizes der Langsamkeit“ inzwischen von der CDU zur Handlungsmaxime erhoben wurde. Viele Punkte sind in diesem Hause schon beraten und auch beschlossen worden.Der FDP kommt es im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher darauf an, dass unsere Landwirte gesunde Nahrungsmittel produzieren, die Belastungen von Natur und Umwelt weitgehend vermieden werden und die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt. Dieser Dreiklang erfordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Agrarwirtschaft, aber keine Agrarwende. Unter dieser Prämisse unterstützt die FDP-Fraktion den Antrag der CDU.Die zweite Seite des Antrags erweckt den Eindruck, als läge bei der landwirtschaftlichen Produktion alles im Argen. Die CDU folgt damit dem schleswig-holsteinischen Umweltminister, der diese Position in dem Satz zusammengefasst hat, „Lebensmittel seien teilweise Sondermüll“. Ich 2 warne davor, mit einem solchen Antrag den Eindruck zu erwecken, als hätten wir es in der Landwirtschaft ganz überwiegend mit Naturzerstörern, Umweltsündern und Tierquälern zu tun, mit Leuten, die auch Lebensmittelskandale billigend in Kauf nehmen. Das ist falsch und ungerecht.Auch heute schon wird in Schleswig-Holstein und wird in Deutschland eine verantwortungsbewusste Landwirtschaft betrieben. Frau Künast wird das mit ihrem „Klasse statt Masse“ -Slogan nicht zerreden können und ich freue mich, dass die Landwirtschaftministerin in diesem Punkt meine Meinung teilt – wie überhaupt in letzter Zeit die Quote der Umsetzung von FDP-Vorschlägen gegen 100% geht. Zumindest lässt sich das für die Übernahme der Kohortenlösung und die Orientierung an dem Schweizer Vorgehen bei BSE sagen.Zum Antrag der CDU im einzelnen:Der Überschrift und der sich daraus ergebenden Absichtserklärung „Weiterentwicklung statt Wende in der Agrarpolitik“ kann die FDP sehr gut zustimmen. Auch wenn die Agrarreform 1992 einen Teil der damals bestehenden Missstände abgebaut, die Überproduktion deutlich verringert hat, ist auch ohne den Nachweis von BSE in Deutschland klar, dass die Agenda 2000 im Jahr 2006 durchgreifend reformiert werden muss. Ein „Weiter so“ kann es nicht geben. Wir brauchen weiterhin einen sozial begleiteten, maßvollen Strukturwandel. Wir brauchen Vorschläge für die Reform der Agenda 2000, die Umsetzung der Modulation. Diese fehlen.Die Forderung nach einem absoluten Tiermehlverbot ist populär, sogar die Ministerpräsidentin hat sie aus eben diesem Grund erhoben.Es steht außer Frage, dass gefallene Tiere und Risikomaterial unschädlich entsorgt werden, das heißt verbrannt werden müssen. Warum aber bedeutet es eine Gefährdung menschlicher Gesundheit, wenn Fleisch-, Blut- und Knochenreste von Tieren, die für den menschlichen Genuss zugelassen wurden, zur Herstellung von Tierfutter, z. B. für Schweine, die ja von Natur aus Allesfresser und keine Vegetarier sind, verwendet werden. Ich kann keine Gesundheitsgefährdung erkennen.Was bedeutet im übrigen eine solche Verfahrensweise im Hinblick auf die Forderung nach Nachhaltigkeit? Welchen Sinn macht die Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung, wenn Fette und Eiweiße, die unter hohem Aufwand an Ressourcen produziert wurden, nicht rohstofflich, also als Nahrungsmittel für Tiere, sondern energetisch verwertet werden?Dreiviertel eines Schlachttieres werden nun einmal nicht über die Ladentheke verkauft, gleichwohl sind diese Produkte für den menschlichen Verzehr zugelassen. Die Agrarminister der skandinavischen Länder handeln daher im Sinne der Agenda 21, wenn sie diese Produkte als tierische Futtermittel nutzen wollen. Die grüne Bundesministerin handelt dagegen im Sinne der Symbolpolitik und gemäß den Emotionen ihrer grünen Klientel. Die FDP lehnt das ab.Wir brauchen sorgfältige Kontrollen, damit nur einwandfreies Ausgangsmaterial, das für den menschlichen Verzehr zugelassen ist, zur Herstellung von Tiermehl verwendet wird und bei der Herstellung die anerkannten Sicherheitsstandards eingehalten werden. Das ist im Sinne des Verbraucherschutzes und der Nachhaltigkeit. Ein unbefristetes pauschales Verbot ist dagegen wissenschaftlich nicht zu begründen. 3Auch über die Frage der Haftung besteht nach meiner Meinung noch erheblicher Diskussionsbedarf. Die Einführung einer Qualitätshaftung mag vielversprechend klingen. Ich warne aber davor, amerikanische Haftungsverhältnisse einzuführen. Das wird der Situation auf dem deutschen und europäischen Verbrauchermarkt gerecht. Es würde auch zu einer weiteren Verteuerung von Lebensmitteln führen.Die Forderung nach einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft lehnt die FDP ab. Ohne Frage müssen Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futterrecht geahndet werden. Das werden sie bereits heute. Das rechtfertigt aber keine Schwerpunktstaatsanwaltschaft, wie sie beispielsweise für die Bereiche Wirtschafts- , Rauschgift- oder Umweltkriminalität eingerichtet worden sind. Das hat mit Verbraucherschutz nichts zu tun, das ist Aktionismus. Soviel Vertrauen in unseren Rechtsstaat sollte auch die CDU haben. Sie sollten diese Forderung noch einmal überdenken.Ich komme zu einem weiteren Punkt, der Ausbringung von Klärschlamm und Biokomposten auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Auch hier ist die CDU inzwischen der Ansicht, dass das mit einer verbraucherorientierten Agrarpolitik angeblich nicht mehr zu vereinbaren ist. Aber warum beziehen Sie Gülle nicht in Ihre Überlegungen mit ein? Zweifelsohne können auch über den Eintrag von Gülle belastende oder gar schädliche Stoffe in den Boden gelangen, eine Nitratbelastung des Grundwassers herbeigeführt werden. Ich erinnere nur an die vielen Tierarzneimittel, die sich nachweislich in Gülle wiederfinden lassen. Warum führen Sie die Gülle also nicht auch auf?Ist es nicht vielmehr so, dass wir auch auf diesem Sektor eine differenzierte Betrachtung brauchen? Wir alle wissen, dass Klärschlamm nicht gleich Klärschlamm ist. Wir sollten uns daher zunächst genau die Zusammensetzung von Klärschlämmen, Biokomposten und auch Gülle anschauen und in Relation setzen zu anderen Belastungen von mineralischem Dünger, bevor wir ein absolutes Verbot der Ausbringung aussprechen. Alles alternativ zu verbrennen ist sicherlich keine Lösung – mit Nachhaltigkeit jedenfalls hat es nichts zu tun.Und schließlich noch ein Wort zur Zertifizierung: Die FDP befürwortet ein nachvollziehbares Zertifizierungsystem, um die landwirtschaftliche Produktion „gläsern“ zu gestalten und damit für mehr Verbraucherfreundlichkeit zu sorgen. Dazu gehört auch die Zertifizierung von landwirtschaftlichen Betrieben wie auch Betrieben der Nahrungsmittelproduktion. Ich warne allerdings vor einer Zertifizierung. Vier unterschiedliche Zertifikate sind eindeutig zu viel.Schon heute überbieten sich die Hersteller mit „Bio-“ und „Öko-“ Aufdrucken auf ihren Produkten. Das trägt weder zur Übersichtlichkeit noch zum Vertrauen beim Verbraucher bei.Wir brauchen deshalb ein einheitliches und nachvollziehbares Qualitätssiegel. Unsere guten Erfahrungen beispielsweise mit dem von der Landwirtschaftskammer verliehenen Gütezeichen haben das gezeigt.Es hat mich – im positiven Sinne - sehr überrascht, dass die CDU ihren früheren Überlegungen zum Außenschutz für landwirtschaftliche Produkte nun eine Absage erteilt und die Notwendigkeit einer Orientierung am Weltmarkt erkennt. Diese Erkenntnis kommt reichlich spät, wobei ich weiß, dass Landwirte einen starken Außenschutz wünschen. Und dies ist auch verständlich, weil sie sich wünschen, ihr 4 Einkommen über die Preise zu erzielen. Wir können ihnen jedoch diesen Wunsch auf Grund gesamtwirtschaftlicher Überlegungen nicht erfüllen.Die Überlegungen zum Ökolandbau sind nicht innovativ.Insgesamt enthält der Antrag der CDU eine Reihe guter, wenngleich nicht immer innovativer Anregungen. Ausführungen zur Modulation fehlen leider ganz. In seiner Zielrichtung kann die FDP den Antrag befürworten, über die Einzelheiten werden wir uns im Ausschuss unterhalten müssen. Ich freue mich auf die Beratungen.“