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07.09.01 , 16:30 Uhr
Landtag

Landtagsvizepräsident Thomas Stritzl: "Stück für Stück Barrieren abbauen, um Selbstbestimmung zu ermöglichen"

D E R L A N D T A G SCHLESWIG - HOLSTEIN 90/2001 Kiel, 7. September 2001

Es gilt das gesprochene Wort!



Landtagsvizepräsident Thomas Stritzl: „Stück für Stück Barrieren abbauen, um Selbstbestimmung zu ermöglichen“
Kiel (SHL) – Am Sonnabend, 8. September 2001, veranstaltet der Lan- desverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft in der Spar- kassenakademie in Kiel ab 10:00 Uhr eine Fachtagung mit dem Titel „Selbstbestimmt leben mit Multiple Sklerose“. Zu Beginn spricht Landtagsvizepräsident Thomas Stritzl ein Grußwort, in dem er unter anderem sagt:
„Ein Leben in Selbstbestimmung führen zu können, das ist leider auch in unserer Gesellschaft keineswegs üblich, wenn Menschen von Behinde- rung betroffen sind. Unser Sozialsystem hat lange Zeit den Aspekt der Fürsorge in den Vordergrund gestellt, der Menschen mit Behinderung zum eher passiven Objekt sozialstaatlichen Handelns machte. Seit eini- ger Zeit findet nunmehr ein Paradigmenwechsel statt, den ich ausdrück- lich begrüße: Menschen mit Behinderung werden mehr und mehr zu Subjekten, die ihre Lebenssituation aktiv gestalten. Ein Beleg dafür auf der Ebene der Symbolik ist die Umbenennung der Aktion Sorgenkind in Aktion Mensch. Wir wissen um die Wechselwir- kung zwischen Bewusstsein und Sprache. Insofern ist die Bedeutung ei- ner solchen Namensänderung wahrlich nicht gering zu schätzen.
Aber es bleibt nicht bei symbolischen Aktionen: Auch auf gesetzlicher Ebene tut sich in jüngster Zeit einiges, was tatsächlich den erhofften Quantensprung in Richtung Gleichstellung behinderter Menschen zur Fol- ge haben kann:
Da ist zum einen das bereits geltende Sozialgesetzbuch IX zu nennen, das weitreichende Folgen für die Praxis haben wird. Und zum anderen 2

die anstehende Beschlussfassung über ein Gleichstellungsgesetz auf Bundesebene. Noch in dieser Legislaturperiode soll es beschlossen werden. Auch auf Landesebene ist die Vorbereitung eines Gleichstel- lungsgesetzes für Schleswig-Holstein in vollem Gange. Innerhalb weniger Monate wird somit eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die hoffentlich in schnellen Schritten zur Gleichstellung behinderter Menschen in unserer Gesellschaft führen wird. Stück für Stück werden Barrieren abgebaut, die bis heute zum Ausschluss von Behinderten aus öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln geführt haben.
Politik und Gesellschaft kommen damit einem Auftrag nach, der 1994 im Grundgesetz, Artikel 3, als Diskriminierungsverbot festgelegt wurde: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Das gilt selbstverständlich für sämtliche Bereiche unserer Gesellschaft und für unser Verhältnis als Mitmenschen allemal. Und gleichzeitig macht diese Formulierung im Grundgesetz auch eines ganz deutlich: Behinderung ist nicht so sehr ein individuelles Merkmal. Nein, sie ist vor allem auch eine gesellschaftliche Zuschreibung. Wer also behindert wird, das entscheidet zum Beispiel der Bauherr, wenn er auf Einbau einer Rampe für Roll- stuhlfahrer verzichtet. Oder die öffentlichen Fernsehsender, wenn sie auf Übersetzung der Nachrichten oder anderer Beiträge durch Gebärden- dolmetscher verzichtet. Oder die Deutsche Bahn, wenn sie Züge einsetzt, die keine Zugänge, Abteile und Toiletten für Rollstuhlfahrer enthalten. Die Liste lässt sich noch fortsetzen. Damit will ich betonen: Wir haben es hier nicht mit Privatproblemen der Betroffenen zu tun, sondern mit gesell- schaftlichen Problemen, die einer politischen und praktischen Lösung bedürfen. Ganz besonders der öffentliche Bereich hat hierbei eine Vor- bildfunktion wahrzunehmen.
Das geht leider nicht immer so schnell, wie wir uns das wünschen. Ver- bände wie die Multiple Sklerose Gesellschaft sorgen aber dafür, dass das Anliegen nicht im politischen Tagesgeschäft untergeht. Und sie ste- hen den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite. Dafür möchte mich im Namen des Landtages an dieser Stelle ausdrücklich bedanken. Bleiben Sie am Ball, damit wir gemeinsam ein Stück weiter kommen und die Gleichstellung behinderter Menschen in unserer Gesellschaft zur Realität werden kann.“

Herausgeber: Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen Landtages, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel, Postf. 7121, 24171 Kiel, Tel.: (0431) 988- Durchwahl -1163, -1121, -1120, -1117, -1116, Fax: (0431) 988-1119 V.i.S.d.P.: Dr. Joachim Köhler, Annette Wiese-Krukowska, E-Mail: Joachim.Koehler@lvn.parlanet.de Internet: www.sh-landtag.de – Presseinformationen per E-Mail abonnieren unter www.parlanet.de/presseticker

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