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17.10.01 , 13:18 Uhr
SSW

Terrorismus-Paket: Konstruktive Mitarbeit aber keine uneingeschränkte Solidarität

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Kiel, d. 17.10.2001 Anke Spoorendonk Es gilt das gesprochene Wort

TOP 6+19 Rasterfahndung + Innere Sicherheit (Drs. 15/1267, 15/1260)

In den bisherigen Redebeiträgen dürfte deutlich geworden sein, dass der SSW für eine behutsame
Anpassung der Innenpolitik an die aktuelle Situation ist. Entscheidend ist, ob die gewählten
Maßnahmen wirklich in der Lage sind, den Terrorismus zu bekämpfen. In diesem Sinne begrüßen
wir, dass die Landesregierung besonnen auf die neuen Herausforderungen reagiert hat.

Prominentester wenn auch nicht wichtigster Bestandteil des Pakets zur inneren Sicherheit ist die
Rasterfahndung. Hier erfolgt eine vorsichtige, befristete Umsetzung dieser umstrittenen Maßnah-
men. Auch wie erkennen, dass die Erwägung der Rasterfahndung auf der Hand liegt. Denn einer-
seits ist es logisch: Wenn man eine bestimmte Person finden will und nicht weiß, wo und gar wer
sie ist, dann definiert man Eigenarten der gesuchten Person und durchsucht an Hand dieser Merk-
male verschiedene Datensammlungen. Seitdem der legendäre Terroristenjäger Horst Herold bei
seiner Jagd auf die Rote Armee Fraktion in den 70’er Jahren das BKA mit Computern aufrüstete,
gilt die Rasterfahndung als das Mittel der Wahl in der Fahndung nach gewalttätigen Extremisten.
Andererseits ist die Rasterfahndung aber auch umstritten – und das mit gutem Grund. Werden zu
enge Kriterien für die Suche angelegt, dann bleibt das Raster am Ende leer. Werden zu breite
Kriterien angelegt, dann geraten viele unschuldige Menschen ins Visier der Fahnder. Nüchtern
betrachtet sind die Erfolgsaussichten allenfalls mittelprächtig, und es können erhebliche Neben-
wirkungen entstehen, wenn Unbeteiligte im Raster hängen bleiben. Das ist der Grund, warum der
SSW und viele andere Menschen gegen die Rasterfahndung waren.
Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Allerdings müssen wir erkennen, dass wir heute in einer anderen Lage sind. Heute sprechen wir
über sogenannte Schläfer, die aus dem Ausland einwandern und kaum mit traditionellen Mitteln
wie Beobachtung und verdeckte Ermittlung aufgedeckt werden können. Wenn man Terroristen in
der gegenwärtigen Situation vorbeugend aufspüren will, dann ist der Griff zur Rasterfahndung
leider logisch. Bei den Schläfern hat sich typisch kein Anfangsverdacht ergeben. Möchte man
diese Personen finden, dann bleiben lediglich die vagen Profil, die sich aus der Person und der
Persönlichkeit bisheriger Attentäter ableiten lassen. Sie bleiben die einzige Hoffnung für die
Aufdeckung unauffälliger Personen.

Der SSW hegt also auch die Hoffnung, dass die Rasterfahndung in der aktuellen Situation ein
Mittel sein kann, um weitere Terroranschläge zu verhindern. Man könnte sagen, dass der Terror
eine Qualität angenommen hat, die in einem gewissen Rahmen die vorbeugende Belästigung
Unbeteiligter rechtfertigt – allerdings nur unter strengen Auflagen. Entscheidend bleibt, in
welchen Situationen die Rasterfahndung genutzt wird, welche Daten hinzugezogen werden, nach
welchen Auswahlkriterien bzw. nach welchem Profil gerastert wird - welche Maßnahmen erfol-
gen, wenn jemand im Raster „hängen bleibt“, und wie lange die Ergebnisse solcher Rasterungen
gespeichert werden.


Die aktuelle Lage kann grundsätzlich die präventive Rasterfahndung begründen. Das heißt aber
lange nicht, dass man jetzt alle Daten rastern sollte, die man in die Finger kriegt. Wir bleiben
skeptisch, was die Umsetzung und die Erfolgsaussichten dieser Maßnahmen betrifft. Deshalb
begrüßen wir auch den Vorschlag der Landesregierung, die Rasterfahndung „mit Auflagen“
einzuführen. Die Befristung, die richterliche Genehmigung, die Kontrolle durch das Parlament
und den Datenschutzbeauftragten und die vom SSW vorgeschlagenen Änderungen sind
Bedingungen für unsere Zustimmung zum Gesetz.

Gerade weil wir es für wichtig halten, dieses Instrument mit Bedacht einzuführen, haben wir einen
eigenen Änderungsvorschlag eingebracht, der die Stellungnahmen des Datenschutzbeauftragten

Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de und des Kollegen Nabel mit aufgreift. Wir meinen, dass die Rasterfahndung nur bei einer wirklich
„gegenwärtigen“ Gefahr begründet ist, dass die Kontrolle auch über Berichte an die Parla-
mentarische Kontrollkommission erfolgen soll, dass der Schutz von Berufs- und Amtsgeheim-
nissen präzisiert werden und die Befristung verkürzt werden muss. Die Befristung bis 2005 ist zu
lang. Es muss die Möglichkeit geben, die Rasterfahndung bei Nichterfolg zeitnah abzuschaffen.
Andererseits erscheint uns der vom Kollegen Kubicki vorgeschlagene Zeitrahmen von weniger als
2 Jahren unrealistisch. Die Umsetzung und Evaluation der Maßnahmen wird in so kurzer Zeit
kaum machbar sein. Deshalb haben wir uns die vom Kollegen Nabel vorgeschlagene Befristung
auf 3 Jahre zu eigen gemacht. Anderen Vorschlägen aus dem Änderungsantrag des Kollegen
Kubicki können wir aber zustimmen.

Insgesamt können wir mit diesem Gesetzentwurf und unseren Änderungen neue Wege erproben,
ohne mit unausgegorenen Lösungen vollendete Tatsachen zu schaffen. Wenn wir feststellen, dass
die Rasterfahndung nichts bringt, dann wird sie in 3 Jahren hoffentlich wieder Geschichte werden.

Die meisten der von der Landesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der
Inneren Sicherheit erscheinen aber weniger problematisch als die Rasterfahndung. Zum Verfas-
sungsschutz habe ich bereits etwas gesagt, und auch den Änderungen bei der Polizei, dem
Katastrophenschutz, der Justiz und im Vollzug können wir zustimmen. Einige professionelle
Rechthaber in diesem Haus behaupten jetzt, die Aufstockung hätten sie schon immer gefordert,
und es hätte nichts mit Terrorismus zu tun. Tatsache bleibt aber, dass die Aufstockung der
Anwärterstellen bei der Polizei, der Verbesserte Schutz vor ABC-Waffen, die Verbesserungen bei
der Justiz und im Justizvollzug die innere Sicherheit verbessern.

Natürlich können wir sagen, Justiz und Vollzug hätten z. B. schon lange die entsprechenden
Sprachfähigkeiten haben müssen, um auch angemessen mit ausländischen Mitbürgerinnen und
Mitbürgern umgehen zu können. Wir wenden aber lieber den Blick nach vorn bieten und der
Landesregierung unsere konstruktive Mitarbeit - aber nicht unsere uneingeschränkte Solidarität -
bei der Bewältigung der aktuellen Probleme an.
Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Kritisch werden wir vor allem auch darauf gucken, wo die Landesregierung die 25 Millionen für
ihr Maßnahmepaket herbekommen will. Die Finanzierung von 5 Millionen über eine Erhöhung
der Nettoneuverschuldung ist für uns akzeptabel. Immerhin werden mit diesen Mitteln auch
Investitionen getätigt, die dem Land mehr zugute kommen als die Verschiebung von Luft-
Polizeihundertschaften durch FDP und CDU. Wo aber die anderen 20 Millionen herkommen
sollen, werden wir noch im Rahmen der Haushaltsberatungen klären müssen. Es bleibt die
Hoffnung, dass die Regierungskoalition hier ebenso viel Augenmass zeigt wie beim Schnüren des
Maßnahmepakets.

Für die Maßnahmen der Landesregierung gilt allgemein, dass ein konkreter Zusammenhang
zwischen den einzelnen Maßnahme und der neuen Lage erkennbar ist. In dieser Hinsicht heben
sie sich wohltuend von den vielen anderen Vorschlägen ab, mit denen gegenwärtig die Innere
Sicherheit verbessert werden soll. Die Vorschläge der Regierung sind getragen von der Vor-
stellung bestehende Mittel besser für die neue Gefahr auszurüsten. Es geht zuerst darum, die
bestehenden Einrichtungen zu stärken und effektiv einzusetzen. Diesem Ansatz können wir uns
anschließen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung diesen Ansatz auch konsequent in der Zusammen-
arbeit mit den anderen Bundesländern weiterführt. Wichtig ist vor allem, dass die verschiedenen
Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene besser zusammenarbeiten. Ansonsten öffnen
wir auf Dauer Tür und Tor für die nicht erwünschte Zentralisierung der Inneren Sicherheit auf
Bundesebene. Auch wenn in Medienberichten jetzt die gute Zusammenarbeit in der Innen-
ministerkonferenz hervorgehoben wird, hapert es aber erheblich in der täglichen Landesgrenzen
überschreitenden Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Gerade in den letzten Tagen hat uns
die Hiobsbotschaft erreicht, dass die Einführung des polizeilichen Informationssystems INPOL
Neu wieder verschoben wird. Es wird einem kaum noch geglaubt, wenn man auf der Straße
erzählt, dass 16 Bundesländer und der Bund weiterhin jeweils mit ihren eigenen – weitgehend
nicht kompatiblen - Informationssystemen operieren. So etwas muss angegangen werden, bevor
wir die Freiheitsrechte unschuldiger Bürgerinnen und Bürger einschränken.
Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de

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