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Terrorismus-Paket: Konstruktive Mitarbeit aber keine uneingeschränkte Solidarität
Südschleswigscher Wählerverband Schleswig-Holsteinischer Landtag im Schleswig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 D - 24105 Kiel Tel. (0431) 988 13 80 Fax (0431) 988 13 82 SSW-LandtagsvertretungPRESSEINFORMATION Norderstr. 74 D – 24939 Flensburg Tel. (0461) 14 40 83 00 Fax (0461) 14 40 83 05 Kiel, d. 17.10.2001 Anke Spoorendonk Es gilt das gesprochene WortTOP 6+19 Rasterfahndung + Innere Sicherheit (Drs. 15/1267, 15/1260)In den bisherigen Redebeiträgen dürfte deutlich geworden sein, dass der SSW für eine behutsameAnpassung der Innenpolitik an die aktuelle Situation ist. Entscheidend ist, ob die gewähltenMaßnahmen wirklich in der Lage sind, den Terrorismus zu bekämpfen. In diesem Sinne begrüßenwir, dass die Landesregierung besonnen auf die neuen Herausforderungen reagiert hat.Prominentester wenn auch nicht wichtigster Bestandteil des Pakets zur inneren Sicherheit ist dieRasterfahndung. Hier erfolgt eine vorsichtige, befristete Umsetzung dieser umstrittenen Maßnah-men. Auch wie erkennen, dass die Erwägung der Rasterfahndung auf der Hand liegt. Denn einer-seits ist es logisch: Wenn man eine bestimmte Person finden will und nicht weiß, wo und gar wersie ist, dann definiert man Eigenarten der gesuchten Person und durchsucht an Hand dieser Merk-male verschiedene Datensammlungen. Seitdem der legendäre Terroristenjäger Horst Herold beiseiner Jagd auf die Rote Armee Fraktion in den 70’er Jahren das BKA mit Computern aufrüstete,gilt die Rasterfahndung als das Mittel der Wahl in der Fahndung nach gewalttätigen Extremisten.Andererseits ist die Rasterfahndung aber auch umstritten – und das mit gutem Grund. Werden zuenge Kriterien für die Suche angelegt, dann bleibt das Raster am Ende leer. Werden zu breiteKriterien angelegt, dann geraten viele unschuldige Menschen ins Visier der Fahnder. Nüchternbetrachtet sind die Erfolgsaussichten allenfalls mittelprächtig, und es können erhebliche Neben-wirkungen entstehen, wenn Unbeteiligte im Raster hängen bleiben. Das ist der Grund, warum derSSW und viele andere Menschen gegen die Rasterfahndung waren. Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Allerdings müssen wir erkennen, dass wir heute in einer anderen Lage sind. Heute sprechen wirüber sogenannte Schläfer, die aus dem Ausland einwandern und kaum mit traditionellen Mittelnwie Beobachtung und verdeckte Ermittlung aufgedeckt werden können. Wenn man Terroristen inder gegenwärtigen Situation vorbeugend aufspüren will, dann ist der Griff zur Rasterfahndungleider logisch. Bei den Schläfern hat sich typisch kein Anfangsverdacht ergeben. Möchte mandiese Personen finden, dann bleiben lediglich die vagen Profil, die sich aus der Person und derPersönlichkeit bisheriger Attentäter ableiten lassen. Sie bleiben die einzige Hoffnung für dieAufdeckung unauffälliger Personen.Der SSW hegt also auch die Hoffnung, dass die Rasterfahndung in der aktuellen Situation einMittel sein kann, um weitere Terroranschläge zu verhindern. Man könnte sagen, dass der Terroreine Qualität angenommen hat, die in einem gewissen Rahmen die vorbeugende BelästigungUnbeteiligter rechtfertigt – allerdings nur unter strengen Auflagen. Entscheidend bleibt, inwelchen Situationen die Rasterfahndung genutzt wird, welche Daten hinzugezogen werden, nachwelchen Auswahlkriterien bzw. nach welchem Profil gerastert wird - welche Maßnahmen erfol-gen, wenn jemand im Raster „hängen bleibt“, und wie lange die Ergebnisse solcher Rasterungengespeichert werden.Die aktuelle Lage kann grundsätzlich die präventive Rasterfahndung begründen. Das heißt aberlange nicht, dass man jetzt alle Daten rastern sollte, die man in die Finger kriegt. Wir bleibenskeptisch, was die Umsetzung und die Erfolgsaussichten dieser Maßnahmen betrifft. Deshalbbegrüßen wir auch den Vorschlag der Landesregierung, die Rasterfahndung „mit Auflagen“einzuführen. Die Befristung, die richterliche Genehmigung, die Kontrolle durch das Parlamentund den Datenschutzbeauftragten und die vom SSW vorgeschlagenen Änderungen sindBedingungen für unsere Zustimmung zum Gesetz.Gerade weil wir es für wichtig halten, dieses Instrument mit Bedacht einzuführen, haben wir eineneigenen Änderungsvorschlag eingebracht, der die Stellungnahmen des Datenschutzbeauftragten Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de und des Kollegen Nabel mit aufgreift. Wir meinen, dass die Rasterfahndung nur bei einer wirklich„gegenwärtigen“ Gefahr begründet ist, dass die Kontrolle auch über Berichte an die Parla-mentarische Kontrollkommission erfolgen soll, dass der Schutz von Berufs- und Amtsgeheim-nissen präzisiert werden und die Befristung verkürzt werden muss. Die Befristung bis 2005 ist zulang. Es muss die Möglichkeit geben, die Rasterfahndung bei Nichterfolg zeitnah abzuschaffen.Andererseits erscheint uns der vom Kollegen Kubicki vorgeschlagene Zeitrahmen von weniger als2 Jahren unrealistisch. Die Umsetzung und Evaluation der Maßnahmen wird in so kurzer Zeitkaum machbar sein. Deshalb haben wir uns die vom Kollegen Nabel vorgeschlagene Befristungauf 3 Jahre zu eigen gemacht. Anderen Vorschlägen aus dem Änderungsantrag des KollegenKubicki können wir aber zustimmen.Insgesamt können wir mit diesem Gesetzentwurf und unseren Änderungen neue Wege erproben,ohne mit unausgegorenen Lösungen vollendete Tatsachen zu schaffen. Wenn wir feststellen, dassdie Rasterfahndung nichts bringt, dann wird sie in 3 Jahren hoffentlich wieder Geschichte werden.Die meisten der von der Landesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung derInneren Sicherheit erscheinen aber weniger problematisch als die Rasterfahndung. Zum Verfas-sungsschutz habe ich bereits etwas gesagt, und auch den Änderungen bei der Polizei, demKatastrophenschutz, der Justiz und im Vollzug können wir zustimmen. Einige professionelleRechthaber in diesem Haus behaupten jetzt, die Aufstockung hätten sie schon immer gefordert,und es hätte nichts mit Terrorismus zu tun. Tatsache bleibt aber, dass die Aufstockung derAnwärterstellen bei der Polizei, der Verbesserte Schutz vor ABC-Waffen, die Verbesserungen beider Justiz und im Justizvollzug die innere Sicherheit verbessern.Natürlich können wir sagen, Justiz und Vollzug hätten z. B. schon lange die entsprechendenSprachfähigkeiten haben müssen, um auch angemessen mit ausländischen Mitbürgerinnen undMitbürgern umgehen zu können. Wir wenden aber lieber den Blick nach vorn bieten und derLandesregierung unsere konstruktive Mitarbeit - aber nicht unsere uneingeschränkte Solidarität -bei der Bewältigung der aktuellen Probleme an. Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Kritisch werden wir vor allem auch darauf gucken, wo die Landesregierung die 25 Millionen fürihr Maßnahmepaket herbekommen will. Die Finanzierung von 5 Millionen über eine Erhöhungder Nettoneuverschuldung ist für uns akzeptabel. Immerhin werden mit diesen Mitteln auchInvestitionen getätigt, die dem Land mehr zugute kommen als die Verschiebung von Luft-Polizeihundertschaften durch FDP und CDU. Wo aber die anderen 20 Millionen herkommensollen, werden wir noch im Rahmen der Haushaltsberatungen klären müssen. Es bleibt dieHoffnung, dass die Regierungskoalition hier ebenso viel Augenmass zeigt wie beim Schnüren desMaßnahmepakets.Für die Maßnahmen der Landesregierung gilt allgemein, dass ein konkreter Zusammenhangzwischen den einzelnen Maßnahme und der neuen Lage erkennbar ist. In dieser Hinsicht hebensie sich wohltuend von den vielen anderen Vorschlägen ab, mit denen gegenwärtig die InnereSicherheit verbessert werden soll. Die Vorschläge der Regierung sind getragen von der Vor-stellung bestehende Mittel besser für die neue Gefahr auszurüsten. Es geht zuerst darum, diebestehenden Einrichtungen zu stärken und effektiv einzusetzen. Diesem Ansatz können wir unsanschließen.Es bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung diesen Ansatz auch konsequent in der Zusammen-arbeit mit den anderen Bundesländern weiterführt. Wichtig ist vor allem, dass die verschiedenenSicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene besser zusammenarbeiten. Ansonsten öffnenwir auf Dauer Tür und Tor für die nicht erwünschte Zentralisierung der Inneren Sicherheit aufBundesebene. Auch wenn in Medienberichten jetzt die gute Zusammenarbeit in der Innen-ministerkonferenz hervorgehoben wird, hapert es aber erheblich in der täglichen Landesgrenzenüberschreitenden Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Gerade in den letzten Tagen hat unsdie Hiobsbotschaft erreicht, dass die Einführung des polizeilichen Informationssystems INPOLNeu wieder verschoben wird. Es wird einem kaum noch geglaubt, wenn man auf der Straßeerzählt, dass 16 Bundesländer und der Bund weiterhin jeweils mit ihren eigenen – weitgehendnicht kompatiblen - Informationssystemen operieren. So etwas muss angegangen werden, bevorwir die Freiheitsrechte unschuldiger Bürgerinnen und Bürger einschränken. Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de