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Senkung der Sozialversicherungsbeiträge
PRESSEINFORMATION Kiel, den 24.1.2002 Es gilt das gesprochene WortTOP 12 u. 13 Senkung Sozialversicherungsbeit. (Drs. 15/1494;15/1497)Silke Hinrichsen „Nur eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die den Namen verdient, und eine grundlegende Reform des Sozial- und Steuersystems bringen uns weiter!"Die aktuellen Hiobsbotschaften vom Arbeitsmarkt haben jetzt erneut die wieder notwendigeDebatte um eine moderne Arbeitsmarktpolitik in den Landtag gebracht. Im Dezember warenfast wieder die 4 Millionen Menschen in der Bundesrepublik arbeitslos. Das ist im Wahljahrnatürlich ein Desaster für einen Kanzler, der versprochen hat an der Senkung der Arbeitslo-sigkeit gemessen zu werden. Aber es ist ein noch viel grösseres Desaster - oder sollten wirlieber sagen persönliches Schicksal - für die vielen Bürgerinnen und Bürger, die ja die Fol-gen der Arbeitslosigkeit jeden Tag an sich und ihren Familien spüren können.Erklärungen für die Misere gibt es viele - und sie sind auch nicht alle falsch: Es sind die ne-gativen Folgen für den deutschen Export durch den wirtschaftlichen Einbruch in den USAoder die Krise am neuen Markt - von den Mobiltelefonfirmen bis zu den Internet-Firmen - ,die zu vielen Entlassungen geführt haben. Allerdings haben viele unser Nachbarländer inder Europäischen Union mit den selben Problem zu kämpfen und dennoch weisen sie besse-re Arbeitsmarktdaten auf. Zum Beispiel Dänemark, wo die Arbeitslosenquote immer noch 2bei 5% liegt. Holland, Finnland, Belgien sind andere Beispiele, wo sich die Arbeitslosigkeittrotz der allgemeinen Wirtschaftsflaute auf relativ niedrigen Niveau befindet.Wir kommen deshalb nicht darum herum, die Ursachen der überdurchschnittlichen Arbeits-losigkeit in den Strukturen auf unseren Arbeitsmarkt zu suchen. Wenn man bei 4 MillionenArbeitslosen fast 1,2 Millionen offene Stellen hat, muss immer noch etwas ganz Entschei-dendes in der Arbeitsmarktpolitik falsch sein. Angebot und Nachfrage passen nicht zusam-men.Wenn sich aber im Wahljahr alle Parteien mit neuen kurzfristigen Lösungsvorschlägen ü-berbieten, ist Vorsicht geboten. Es ist der negative Effekt unserer Mediengesellschaft dasPolitiker - gleich welcher Couleur - bei einem entstandenen Problem sofort der Öffentlich-keit Lösungen anbieten, aber dabei übersehen sie die bereits vorhandene Bandbreite der Ar-beitsmarktmodelle, die insbesondere im Bereich der sogenannten Geringerverdienenden denArbeitslosen in Arbeit helfen sollen. .Da preisst der Bundeskanzler das sogenannte Mainzer Modell als großen Wurf an, aber esstellt sich heraus, dass Experten bei einer bundesweiten Ausdehnung des Modells nur mit20.000 bis 30.000 neuen Arbeitsplätzen rechnen.Dann versucht die CDU-Bundestagsfraktion dies zu überbieten, indem sie 10 Mia. DM fürein ähnliches Modell ausgeben will. Das CDU-Modell hat auch die Schwäche, dass eigent-lich nur der Arbeitnehmer durch finanzielle Vorteile motiviert wird; dem Arbeitgeber bietet 2 3dieses Modell fast keine finanziellen Anreize, um Arbeitslose in größerer Zahl einzustellen.Schlimm ist aber dabei, dass die CDU ihr Modell durch den Wegfall von Arbeitsbeschaf-fungsmaßnahmen finanzieren will.Dazu kommt dann noch die FDP, der nichts besseres einfällt als die Wiedereinführung deralten 630-DM-Jobs zu fordern, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Auch im Landtagmüssen wir uns heute mit einem entsprechenen Antrag beschäftigen.Alle diese Initiativen kranken aus unserer Sicht daran, dass sie nur an einem System herum- doktern, das von Grund auf geändert werden muss. Denn es ist zwar richtig, dass der Anreiz für die Wirtschaft im Niedriglohnsektor mehr Beschäftigte anzustellen durch die hohen Lohnnebenkosten äußerst gering ist. Doch sehen wir seit Jahrzehnten, dass man dieses Problem durch Sonderregelungen - sei es nun das Mainzer Modell oder wie bei der alten 630 DM-Regelung - nicht wirklich löst, sondern nur neue Probleme schafft.Da ist der vorliegende Antrag der Grünen von der Intention her schon richtiger. Durch die Erhöhung der Mehrwehrtsteuer wollen die Grünen die Lohnnebenkosten für den Niedrig- lohnssektor senken. Leider picken sich die Grünen nur einen sehr kleinen Teil des soge- nannten dänischen Modell heraus. Denn das dänische Sozialsystem wird nicht nur durch die Mehrwertsteuer finanziert, sondern gerade auch durch die Lohnsteuer, die viel höher ist als in Deutschland, und durch andere Verbrauchsteuern. Auch den Vorteil des Sozialsystems haben alle. Deswegen ist auch dieser Vorschlag im Endeffekt nur ein herumdoktern am Sys- tem in Deutschland, der dazu führen kann, dass die gute Absicht durch entstehende Schlupf- löcher wieder unterlaufen werden kann. Wir halten es für wichtiger im Arbeitsmarkt nicht nur ein Teil der Arbeiterinnen und Arbeitnehmer zu unterstützen.Wirklich helfen würde nur ein grundlegender Systemwechsel. Also wenn man, wie in Dä- nemark ganz ein steuerfinanziertes Sozialsystem einführt. Dadurch würden die Lohnnebe- kosten erheblich fallen, was der Beschäftigung in allen Sektoren helfen würde. Ein däni- 3 4scher Arbeiter, der netto das gleiche in der Tasche hat, wie sein deutscher Kollege, ist für seinen Arbeitgeber um bis zu 30% billiger.Aber aus Sicht des SSW ist die Senkung der Lohnkosten für Geringerverdienende nur ein Beitrag zur Lösung des Problems der hohen Arbeitslosigkeit in Deutschland. Das sehr er- folgreiche Elmshorner Modell der Landesregierung, indem durch aktive Beratung, Qualifi- zierung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen viele neue Stellen auch im Niedriglohn- sektor geschaffen wird, zeigt, das die Probleme viel vielschichtiger gelagert sind.SPD-Bundestagsfraktionschef Struck hat es in einem Interview auf dem Punkt gebracht: "Wir haben bei den Arbeitslosen zuwenig auf Qualifizierung gedrängt“. Genau das ist der Punkt. Wenn man 1,2 Mio. freie Stellen nicht besetzen kann, dann liegt es vor allem daran, dass viele Arbeitslose nicht über die richtige Ausbildung und Erfahrung verfügen. Im Be- reich der Aus- und Weiterbildung der Arbeitslosen und natürlich in der Qualität des gesam- ten Bildungssystem in Deutschland liegt ein Versäumnis.Das ab 1.1.2002 geltende JOB-AQTIV-Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Mit diesen Gesetz versucht man den Arbeitslosen mit aktiver Hilfe auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen statt sie durch finanzielle Zuwendungen zu pazifizieren. Nur kommt das Gesetz viel zu spät und dazu ist noch ungeklärt, ob die Arbeitsämter genügend Ressourcen für diese Art der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung gestellt bekommen.Eins sollte uns allen klar sein: Auch wenn im Laufe dieses Jahres durch den wirtschaftlichen Aufschwung die Arbeitslosenzahlen wieder fallen werden. Um die hohe Sockelarbeitslosig- keit entscheidend abzubauen, brauchen wir einen langen Atem und viele gebündelte Maß- nahmen a´ la Elmshorner Modell. Wir brauchen keine Panikreaktionen vor der Wahl. 4