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21.02.02 , 15:13 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 19: NPD-Verbotsverfahren

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 21.02.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 19 – NPD-Verbotsverfahren

Thomas Rother

Kein Parteienprivileg für die NPD!

In dieser Plenartagung beschäftigt uns ein FDP-Antrag zum Thema Rechtsextremis- mus. Die ständige Beschäftigung mit diesem Thema hat Herr Kubicki ja putzigerweise vor vier Wochen in diesem Hause noch beklagt. Nun denn.

Zur Sache: Durch die letzten zehn Jahre der Geschichte unserer Republik zieht sich eine Blutspur. Eine Blutspur, deren Ursache die Gewalt von Rechtsaußen ist. Genau darüber haben wir in den letzten Tagungen auch zu Recht geredet. Nun gibt es keine rechtsextreme „Braune Armee Fraktion“ oder so etwas, die organisiert diese Gewaltta- ten begeht. Diese Taten entstehen oft spontan, unvorbereitet. Und vielleicht auch des- halb geschehen sie mit brutaler Härte. Allen diesen Taten gemeinsam ist ein ähnlicher ideologischer Hintergrund.

Dieser Ideologiebedarf wird aus verschiedenen Quellen des rechtsextremen Spekt- rums gespeist. In den letzten Jahren hat sich die NPD zum ideologischen Zentrum des Rechtsextremismus – und zwar des gewaltbereiten Rechtsextremismus – entwickelt. Die Partei der alten Herren hat sich für Neonazis geöffnet, die die Partei als organisa- torischen Mantel gebrauchen dürfen. Damit definiert sich die NPD nicht wie früher in erster Linie als Wahl-Partei, sondern als Ideengeber für die gesamte radikale Szene. In ihrer „Drei-Säulentheorie“ nennt die NPD an erster Stelle die „Schlacht um die Köp- Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



fe“. Wahlergebnisse sind somit nachrangig. Genau das unterscheidet die NPD von Parteien wie den Republikanern oder der DVU .

Die NPD lehnt die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab, bekämpft den Parla- mentarismus, missachtet die Menschenrechte, ist antisemitisch, rassistisch und frem- denfeindlich und widersetzt sich mit geschichtsrevisionistischem Gedankengut der Völkerverständigung. Sie ist mit der NSDAP wesensverwandt durch ihre Beschreibung eines biologistischen Menschenbildes, ihre Nähe zur NS-Ideologie, der Verherrlichung der NS-Zeit, der Verwendung einer entsprechenden Diktion und der Verehrung von hohen Repräsentanten des NS-Regimes.

Zur Umsetzung ihrer Ziele scheut die NPD bei ihren Aktivitäten nicht vor Aggressivität – und das nicht nur theoretisch – zurück. Die zweite Säule der NPD ist nämlich der „Kampf um die Straße“. Erst dann folgt die „Schlacht um die Wähler“. Daher stellt die NPD eine ernsthafte Gefahr für die Verfassungsordnung dar.

So war es nur folgerichtig, dass nach der Welle der Gewalt des Jahres 2000 die For- derung nach einem NPD-Verbot gestellt wurde. Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag haben nacheinander die Zustimmung für ein Verbotsverfahren erteilt und Anfang 2001 die entsprechenden Anträge beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes ermöglicht es, Parteien zu verbieten, die nach ihrem Ziel oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf aus sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen.

Dass die Voraussetzungen für ein entsprechendes Verbot bestehen, ist nicht nur zu 100, sondern wirklich zu 150 % Prozent bewiesen. Das Verfahren ist das letzte Mittel der wehrhaften Demokratie, um Ideologie und Aggressivität der NPD wirksam zu be- kämpfen. Die NPD darf sich nicht weiter hinter dem Parteienprivileg verstecken.

Nun – gut ein Jahr nach den Antragstellungen – haben wir ein V-Mann-Problem. Unter den vom Verfassungsgericht geladenen Auskunftspersonen aus dem Führungskreis -3-



der NPD befindet sich ein sogenannter V-Mann und nicht mehrere, also der Herr Wolf- gang Frenz, dessen Äußerungen in der Begründung des Verbotsantrags erwähnt sind. Herr Frenz ist allerdings als V-Mann bereits 1995 abgeschaltet worden. Hintergrund für die „Abschaltung“ – wie es so unschön heißt – durch den Verfassungsschutz war die zunehmende Neigung von Frenz zu Straftaten. Er war zu keiner Zeit ein Agent Provo- cateur. Andere V-Leute ebenfalls nicht, und es besteht kein Anlass zu der Annahme, dass diesem Verbot zuwider gehandelt worden wäre. Auch Herr Berberich von der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg hat seine diesbezüglichen grundsätzlichen Bemerkungen ja relativiert und spricht nur noch von Redenschreibern. Und auch sogenannte under cover agents – also einge- schleuste Leute – werden nicht zur Beobachtung der NPD eingesetzt.

Die zur Zeit genannten Summen einer Umwegfinanzierung der NPD durch den Ver- fassungsschutz sind reine Phantasie. Auch Wolfgang Frenz hat nur zu Beginn seiner Tätigkeit, die schon 1961 begann, einen Teil seiner Honorare der DRP (Deutsche Reichspartei) beziehungsweise NPD-Kasse zugeführt. Nach seiner Tätigkeit als V- Mann hat Herr Frenz allerdings sein antisemitisches Machwerk „Der Verlust der Väter- lichkeit oder Das Jahrhundert der Juden“ 1998, also drei Jahre nach seiner „Abschal- tung“, veröffentlicht. Das ist damit durchaus relevant für das Verbotsverfahren, zumal sich die NPD von Frenz’ Ausfällen nie distanziert und ganz im Gegenteil sein Buch immer wieder beworben hat. Und bei seinem Buch hat ihm, Herr Kubicki, wie Sie in den Lübecker Nachrichten vom 12.02.2002 offenbar nahe legen wollen, der Innenmi- nister des Landes Nordrhein-Westfalen ganz bestimmt nicht die Feder geführt.

Weitere Mitteilungen von V-Leuten sind in den Verfahrensbegründungen genannt. Da- bei handelt es sich jedoch – wie auch bei Herrn Frenz – um Informationsbeschaffung. Genau darauf ist die Aufgabenstellung für V-Leute begrenzt. V-Leute dürfen keine steuernde Einflussnahme auf das Beobachtungsobjekt ausüben. Das ist unzulässig und ist auch nicht erfolgt. Und dass V-Leute auch in diesem Fall zur Informationsbe- schaffung dienen, wusste das Bundesverfassungsgericht natürlich schon vor dem Ver- -4-



fahrensbeginn. So gewonnene Informationen sind rechtlich zulässig und im Verbots- verfahren verwertbar.

Leider haben die Landesämter den Bundesinnenminister nicht rechtzeitig über alle V- Leute informiert. Ein böser Schnitzer, der aber nicht das Verbotsverfahren, sondern eher die Art der Aufgabenwahrnehmung der Verfassungsschutzämter in Frage stellen sollte. Doch das ist ein anderes Thema.

Mittlerweile haben Bundesregierung und Bundesrat in einem gemeinsamen Papier ge- genüber dem Bundesverfassungsgericht dargelegt, dass die V-Mann-Problematik das Verfahren nicht berührt. Die Beweislast bleibt – trotz aller juristisch handwerklicher Fehler – erdrückend! Die NPD muss nun hierzu selbst noch Stellung gegenüber dem Gericht beziehen. Ihr Bevollmächtigter Horst Mahler versucht zwischenzeitlich, mög- lichst viel Verwirrung zu stiften – insbesondere zur Person von Herrn Frenz. Darauf sollte man sich nicht einlassen.

Daneben gibt es ein Verfahrensproblem dahingehend, dass die Amtszeit der Gerichts- präsidentin am 31. März 2002 endet und somit eine weitere Verzögerung eintritt. Mit einem NPD-Verbot ist vor der Bundestagswahl leider wohl kaum noch zu rechnen. Dem Verfahren sollte nach den V-Mann-Vorfällen allerdings wirklich die Hektik ge- nommen werden.

Es gibt also keinen Grund, die Verbotsanträge zurückzuziehen, und allen Grund, den FDP-Antrag abzulehnen. Wir halten an unserem Ziel fest, und das muss im Kern all unserer Bemühungen bestehen bleiben: Nämlich dass das NPD-Verbotsverfahren möglichst zügig durchgeführt wird und dass diese Partei so schnell wie möglich verbo- ten wird.

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