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15.05.02 , 15:22 Uhr
SSW

Familien brauchen keine Marktschreier mit Sonderangeboten

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Kiel, d. 15.05.2002 Silke Hinrichsen Es gilt das gesprochene Wort
„Was die Familien brauchen ist nicht ein Wahlkampf mit Schönfärberei und vorschnellen Versprechungen, sondern eine Familienpolitik mit langem Atem.“
TOP 27 Familienfreundliches Schleswig-Holstein (Drs. 15/1857)

Kennen Sie schon den Unterschied zwischen einer Partei und einer Fraktion? Das ist wie mit den
Familien zu Weihnachten: Die Partei schreibt Wunschzettel; die Fraktion muss entscheiden, wel-
che Wünsche realistisch und bezahlbar sind. Bei der CDU geraten Wunsch und Wirklichkeit
manchmal etwas durcheinander. Dabei kommen dann Anträge heraus, bei denen der Landtag das
CDU-Parteiprogramm beschließen soll. Die Grünen und SPD wollen dann auch noch jeweils,
dass wir ihr Programm beschließen und ein Loblied auf rot-grün anstimmen. Diese Entschlies-
sungsanträge mögen auf Parteitage gehören; sie gehören jedenfalls nicht in das Parlament.

Das ändert aber nichts daran, dass die Diagnose natürlich richtig ist: Familien sind in Schleswig-
Holstein wie anderswo vielfach benachteiligt: Sie stehen finanziell schlechter da, werden auf dem
Arbeitsmarkt nicht berücksichtigt und sind in vielerlei anderer Hinsicht besonderen Belastungen
ausgesetzt. Dagegen muss die Politik etwas tun. Darüber herrscht glücklicherweise Einigkeit.

Wir sind uns auch einig in den Mitteln: Eine bessere finanzielle Förderung, bedarfsgerechte, qua-
lifizierte Kinderbetreuung, mehr Teilzeitarbeit, Elternurlaub und eine echte BAFöG-Reform sind
neben anderen die richtigen Wege, um die Familien besser zu unterstützen. Allerdings – und das
trennt uns dann – ist dem SSW das Kindergeld auf der Hand lieber als das Familiengeld auf dem
Dach.
Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Wir können jetzt nicht die große Wundertüte aufmachen, um uns mit Familiengeld, Landes-
erziehungsgeld und Freibeträge für Kinderbetreuung ganz schnell wunschlos glückliche Kinder
und Eltern zu kaufen. Davon träumen wir alle, aber das geht natürlich nicht.

Die CDU bleibt uns denn auch eine Antwort schuldig, wie dies alles bezahlt werden soll. Im Bun-
destagswahl-Programm der CDU heißt es hierzu nur: „Die finanziellen Voraussetzungen für die
stufenweise Einführung des Familiengeldes ab 2004 werden wir mit einer konsequenten Politik
für Wachstum und Beschäftigung schaffen.“ Das grenzt schon an Realsatire. Damit hat man gleich
die Entschuldigung dafür mitgeliefert, weshalb es nach der Wahl doch nicht klappt.

So lange nicht kostenträchtige heilige Kühe wie das Ehegattensplitting geschlachtet werden, wird
die gerechte Familienpolitik aus dem Wunschkatalog ein Wunschtraum bleiben. Eine so massive
Umverteilung zu Gunsten der Familien ließe sich allenfalls dann verwirklichen, wenn gleichzeitig
in vielen anderen Bereichen kräftig gespart wird. Das mag für die CDU kein Hindernis sein, aber
Kürzungen in der Sozial-, Gesundheits- und Jugendpolitik z. B. würden gerade den besonders
unterstützungsbedürftigen Familien wichtige Ressourcen entziehen. Familiengeld, Erziehungsbe-
ratung und Werteerziehung sind kein Ersatz für umfassende soziale Leistungen und Dienstleistun-
gen. Familien brauchen mehr als Moneten und Moral. Nur durch eine Kombination aus Geldlei-
stungen und sozial-, gesundheits-, jugend- und bildungspolitischen Hilfen können wir die beson-
deren Belastungen von Familien ausgleichen.

Wir brauchen eine bessere Familienpolitik. Darauf können wir uns schnell einigen. Eines können
die Familien aber bestimmt nicht gebrauchen: dass Politiker jetzt wie die Marktschreier versu-
chen, sich mit ihren familienpolitischen Sonderangeboten gegenseitig zu übertönen. Gegenwärtig
erleben wir abermals einen Wettbewerb um die schönsten Versprechen, frei nach dem Motto „wer
bietet mehr“. Dies ist nicht nur den Familien gegenüber unfair - bei ihnen werden Hoffnungen
geweckt, die niemand erfüllen kann. Damit wird auch einmal mehr das negative Bild von Poli-
tikern genährt, die vor den Wahlen die Erfüllung aller Wünsche versprechen, um nach der Wahl
die Geschenke wieder einzusammeln. Was die Familien brauchen ist nicht ein Wahlkampf mit
Schönfärberei und vorschnellen Versprechungen, sondern eine Familienpolitik mit langem Atem.
Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de

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