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Jürgen Weber: TOP 10 - Gesetz zur Errichtung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und zur Ände-rung des Hochschulgesetzes
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 16.05.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 10 – Gesetz zur Errichtung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und zur Änderung des HochschulgesetzesJürgen Weber:Eine zukunftsweisende ReformDie Fusion der Hochschulklinika in Kiel und Lübeck zu einem gemeinsamen Hoch- schulklinikum Schleswig-Holstein ist ein notwendiger und unumgänglicher Schritt. An- gesichts der gewachsenen Strukturen in den beiden großen Hochschulstandorten ist sie auch ein mutiger Schritt. Und in Fortsetzung der rechtlichen Verselbständigung und Orientierung auf mehr Transparenz und Wirtschaftlichkeit durch die Hochschulgesetz- novelle von 1999 ist der jetzt vorgelegte Entwurf für ein Gesetz zur Errichtung des Uni- versitätsklinikums Schleswig-Holstein und zur Änderung des Hochschulgesetzes zu- dem ein konsequenter Schritt.Das neue Klinikum wird mit insgesamt 2.585 Betten, rund 10.400 Mitarbeitern, 134 Professoren und über 3.000 Studierenden nicht nur der größte Arbeitgeber mit den meisten Beschäftigten in Schleswig-Holstein nach dem Land selbst sein – es wird als (noch in DM gerechnet) Umsatzmilliardär ein wirtschaftlich noch stärkerer Faktor und Partner – mit entsprechenden, auch betriebswirtschaftlichen Optionen. Und hier setzt auch die Unumkehrbarkeit des jetzt eingeleiteten Fusionsprozesses ein.Noch gelingt es den Klinika, ausgeglichene Wirtschaftspläne vorzulegen. Doch wir wissen nicht erst seit der Begutachtung durch Roland Berger, welche enormen wirt- Schleswig- schaftlichen Risiken und Probleme auf die Klinika der Maximalversorgung warten: HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-- die bestehende Deckelung der Kassenbudgets - die Einführung der DRGs, des Systems der Fallpauschalen - die steigenden Personal- und Sachkosten Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen steht der erklärte politische Wille des Landes, mittelfristig Mittel aus den Landeszuschüssen für die Klinika zugunsten der Hochschulhaushalte umzuschichten. Von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Hochschulklinika und von der Ent- wicklung der Landeszuschüsse aber hängt nicht nur die Qualität der Krankenversor- gung und die Sicherheit der Arbeitsplätze ab – mit ihnen bestimmen sich auch die Be- dingungen für die Qualität von Forschung und Lehre. Wer die Leistungsfähigkeit und gerade die wissenschaftliche Qualität erhalten und ausbauen will, der muss Vorsorge betreiben. Diesen Weg beschreitet die Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf. Und diesen Weg unterstützt die SPD-Fraktion ausdrücklich. Nun kann man natürlich mit unterschiedlichem Optimismus über mögliche Fusionsren- diten bzw. über die Quantifizierung der Synergieeffekte aus dem Fusionsprozess spe- kulieren. Daran will ich mich hier nicht beteiligen. Dafür liegen uns auch keine aktuel- len detaillierten Berechnungen vor. Aber eines ist sonnenklar: Ohne den Schritt der Fusion und der Konzentration der Kräfte werden die Defizite der Klinika in einem Maße anwachsen, die weder durch erhöhte Leistungen, noch durch Zuführung aus den Rücklagen und schon gar nicht durch den Landeszuschuss ausgeglichen werden kön- nen. Es stimmt optimistisch, dass diejenigen, die federführend im Wissenschaftsrat für die Medizin sprechen, einbezogen sind in die Strukturveränderungen der Hochschulmedi- zin in unserem Land. Nun zu den Details der von der Landesregierung vorgeschlagenen Regelungen. Zu- erst einmal begrüßen wir ausdrücklich: -3-1. Es wird weiterhin in Kiel und in Lübeck ein Vollstudium der Medizin möglich sein. Studierende können sich weiter in beiden Hochschulen einschreiben. 2. Die wissenschaftlich weit voranschreitende Verflechtung von vorklinischen und klini- schen Bestandteilen der Ausbildung wird berücksichtigt. Die vor wenigen Tagen vom Bundesrat beschlossene neue Approbationsordnung verstärkt die Verzahnung von theoretischem und klinischem Unterricht fortlaufend während des gesamten Studium. Der Verzicht auf eine der beiden Vorklinika in Schleswig-Holstein ist kein Thema mehr. 3. Die Konzentration auf Schwerpunkte der Forschung wird erleichtert und unterstützt durch die organisatorische Verzahnung auch der beiden Fakultäten in Kiel und Lü- beck. Wir halten die Form des gemeinsamen Ausschusses, die ja ihre Entsprechung in der Zusammensetzung des Gesamtvorstandes findet, für einen zielführenden Weg. Über Details wollen wir uns im Ausschuss gerne weiter unterhalten. 4. Es gibt eine klare Zusage, dass es keine betriebsbedingten Entlassungen aufgrund des Fusionsprozesses geben wird. Das unterstreiche ich für die sozialdemokratische Fraktion ausdrücklich. Damit sichern wir die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter wie in keinem vergleichbaren Veränderungsprozess in der Hochschulmedizin in den Ländern, vom privatwirtschaftlichem Sektor ganz zu schweigen. Schon jetzt richtet sich das Augenmerk auf eine Reihe von Fragen, die im Gesetzge- bungsverfahren noch vertieft werden müssen. Es sind Einzelfragen, bei denen auch für die SPD noch Beratungsbedarf besteht und bei denen ich zum heutigen Tag keine endgültige Festlegung formulieren möchte. Es sind übrigens überwiegend Fragen, die wir bereits im Zusammenhang mit der rechtlichen Verselbständigung beider Klinika diskutiert und damals anders entschieden haben. Einige Beispiele: Da ist zum einen die Zusammensetzung der Vorstandes des Klinikums; dass er schlagkräftig, kompetent und zahlenmäßig klein sein soll – dem stimmen wir aus Ü- berzeugung zu. Aus dieser Überlegung heraus scheint es akzeptabel, auf eine/n ei- genständige/n Pflegedirektor/in im Vorstand zu verzichten. Es gilt aber die Argumente, -4-die für eine Direktion für Krankenpflege und Patientenservice im Vorstand sprechen, ergebnisoffen zu prüfen. Das werden wir tun. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass zwei der drei vorgesehenen Vorstandsposten ne- benamtlich geführt werden können. Mir ist klar, dass dieser für ein so dimensioniertes Unternehmen eher ungewöhnliche Vorschlag den Interessen der Fakultäten und Ein- zelklinikdirektoren geschuldet ist. Auch hier sehen wir Beratungsbedarf. Auch die Zusammensetzung des Aufsichtsrats wird Diskussionen nach sich ziehen. Für uns ist die vorgeschlagene Verschlankung nachvollziehbar. Und die Tatsache, dass unter Berücksichtigung der verfassungsmäßigen Vorgaben zur Freiheit von For- schung und Lehre einerseits und der Gewährträgerfunktion des Landes andererseits eine paritätische Mitbestimmung nicht möglich sein kann, ist bei der letzten Novelle auch schon hinreichend erörtert worden.Im übrigen ist es die Mehrheit des Landes im Aufsichtsrat, die die Gewähr für den Be- stand der Arbeitsplätze beim Fusionsprozess bietet. Die bisherige gesetzliche Rege- lung, die Mehrheit des Landes im Aufsichtsrat auf Fragen zu begrenzen, die die Ge- währträgerhaftung betreffen, ist nicht wieder aufgenommen worden. Auch darüber wird in den Beratungen noch einmal zu reden sein.Wer die Regelungen im Detail betrachtet, wird nicht umhin kommen zu vermerken, dass der vorliegende Gesetzentwurf auch stark an den Wünschen der Klinikdirektoren ausgerichtet ist – von der Koppelung der Professoren- und Klinikdirektorenstellen über den Verzicht auf die kollegiale Leitung der Klinika bis zu weitgehenden Übergangsre- gelungen. Das ist vertretbar, wenn die Verknüpfung von wissenschaftlicher Leistung und wirtschaftlicher Verantwortung durch ein leistungsbezogenes System der Finan- zierung, Abrechnung und Besoldung in der Beziehung von Gesamtklinikum und Direk- toren etabliert wird.Auf weitere Details möchte ich im Rahmen der ersten Lesung aus Zeitgründen nicht eingehen. -5-Daher noch ein paar Worte zur Sitzfrage, also der Frage, wo, das heißt, in welcher Kommune das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein seinen Verwaltungssitz haben sollte. Ich gestehe, dass es jeweils gute Gründe dafür gibt, diese Entscheidung am An- fang oder am Ende einer Strukturveränderung zu fällen. Dass der vermeintlich symbo- lische Gehalt einer solchen Entscheidung mehr wiegt als der faktische, weiß ohnehin jeder. Mein Eindruck verstärkt sich, dass eine ergebnisorientierte Beratung des Ge- setzentwurfes und damit der Strukturreform von einer bereits getroffenen Entschei- dung in der S-Frage vollständig überlagert werden würde. Wer davon ablenken will, dass diese Reform unumgänglich ist und die Schritte der Landesregierung dahin rich- tig sind, der muss sich in die Forderung nach der Standortentscheidung flüchten.Wenig überraschend hat genau das die CDU-Opposition denn ja auch getan. Ich bin sicher, dass der Sitz des neuen Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Schleswig- Holstein sein wird. Und das finde ich sehr beruhigend. Und genauso sicher bin ich, dass die Entscheidung ausschließlich unter sachlichen, d.h. an den o.g. Zielen der Re- form orientierten Kriterien erfolgen wird. Dass schließlich die eine Hälfte des Landes das begrüßen und die andere Hälfte das kritisieren wird, das wissen wir ja schon heu- te.Wir brauchen eine zukunftssichere Lösung. Diese muss sich nach meiner Auffassung an den Entwicklungsmöglichkeiten des neu- en Klinikums orientieren, die dem ganzen Land dienen und nutzen. Bei allen Anhörun- gen und Diskussionen, die folgen werden, dürfen drei Dinge nicht aus dem Auge verlo- ren werden:Die Kräfte und Mittel müssen konzentriert werden, um medizinische Forschung und Lehre auf wissenschaftlich höchstmöglichem Niveau zu ermöglichen. Dabei benötigt die Hochschulmedizin eine wirtschaftlich effiziente Struktur und die Mitarbeiter zu- kunftssichere Arbeitsplätze. Und schließlich müssen wir im Interesse der Hochschul- -6-entwicklung unseres Landes die Proportionen zugunsten der nicht-medizinischen Be- reiche verändern.Ich bin sicher, dass wir in zweiter Lesung ein Gesetz verabschieden werden, das die- sen Anforderungen genügt.