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16.05.02 , 11:40 Uhr
SPD

Helmut Jacobs: Absprachen zwischen den Ländern statt Abwerbeaktionen

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 16.05.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 14 + 33 – Anwärtersonderzuschläge für Lehramtsanwärter und Lehramtsanwärterinnen an Berufli- chen Schulen / Gewinnung von Lehrkräften

Helmut Jacobs:

Absprachen zwischen den Ländern statt Abwerbeaktionen

Das Schulwesen in Deutschland steht spätestens seit der Veröffentlichung der PISA- Studie vor einer doppelten Herausforderung: Zum einen müssen wir die pädagogische und didaktische Qualität unserer Schulen auf ein europäisches Niveau steigern - wir werden darüber in dieser Tagung noch reden. Zum anderen begleitet uns die dauern- de Herausforderung, die Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Unterricht zu sichern und dies trotz zunehmender Haushaltsprobleme und trotz Schülerzahlen, die mit Ausnahme der Grundschulen auch in den nächsten Jahren noch deutlich anwach- sen werden.

Wir können und wollen heute die Debatte über den Bericht zur Unterrichtsversorgung nicht vorziehen. Wir müssen uns heute mit dem hier schon öfter debattierten Problem befassen, dass die Absolventenzahlen unserer Hochschulen den Lehrernachwuchs angesichts der Pensionierungswelle, die wir gerade durchlaufen, nicht mehr abdecken können.

Innerhalb der nächsten drei Schuljahre werden voraussichtlich 3.700 Lehrerstellen frei, deren Inhaber pensioniert werden. Zusätzlich haben wir uns im Koalitionsvertrag ver- pflichtet, in der laufenden Legislaturperiode insgesamt 1.000 neue Stellen einzurich- ten. Die Ministerin hat kürzlich darauf hingewiesen, dass die rechnerische Deckungs- Schleswig- lücke zwischen Bedarf und zur Verfügung stehenden Hochschulabsolventen bei ca. Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



1.500 Stellen liegt; wegen Teilzeitbeschäftigungen dürfte sie um 20 bis 25 Prozent hö- her liegen.

Wir haben deswegen die Landesregierung gebeten, uns einen zusammenfassenden Bericht vorzulegen, mit welchen bisherigen und geplanten Maßnahmen sie die Versor- gung mit Lehrkräften sicher stellen will.

Für einige Maßnahmen, für die die Landesregierung die politische Unterstützung der Koalitionsfraktionen hat, haben wir von Seiten der Lehrerverbände keine Unterstüt- zung erhalten und auch nicht erwarten können. Niemand von uns ist glücklich darüber, Anträge von Lehrern, die keine schwere Behinderung aufweisen, auf Altersteilzeit grundsätzlich abzulehnen. Erst recht ist niemand von uns glücklich darüber, die Unter- richtsverpflichtung für Lehrer an Gymnasien, Gesamtschulen und Berufsschulen um eine halbe Stunde erhöht und zugleich weitere Ausgleichsstunden abgebaut zu haben.

Es hat dazu aber keine Alternative gegeben. Zu Beginn des nächsten Schuljahres ver- bessert sich die Unterrichtsversorgung an den schleswig-holsteinischen Schulen in ei- nem Volumen von 356 Stellen. Dazu tragen die neu geschaffenen 200 Lehrer- und 100 Referendarstellen ebenso bei wie die genannten Maßnahmen.

Koalitionsfraktionen und Landesregierung haben von vornherein klar gemacht, dass der Gegenwert der Mehrarbeit nicht vollständig in die Verbesserung der Unterrichts- versorgung eingeht, sondern auch zu Gegenfinanzierung des Einstiegs in Ganztags- angebote sowie zur finanziellen Absicherung der deutschen und dänischen Privatschu- len hinzugezogen werden muss. Vorwürfe eines Lehrerverbandes, wir würden unsere Zusage aus dem Koalitionsvertrag brechen, gehen vollkommen ins Leere.

Und wer hier immer noch glaubt, die Interessen der Schulen, der Schüler und der Leh- rer würden von einer rot-grünen Landesregierung stiefmütterlich behandelt, und wer darauf spekuliert, dass mit einer Regierungsübernahme durch eine konservativ-liberale Allianz die sieben fetten Jahre für die Schulen anbrechen würden, der wird sicher mit -3-



besonderer Aufmerksamkeit die täglich neuen Beschlusslagen des Hamburger Senats verfolgen.

Erst verspricht der Admiral Lange allen Lehrern der Stadt volle Besitzstandswahrung bei Planstellen und Arbeitszeit. Dann beschließt der Senat, dass die Hälfte aller frei werdenden Stellen gestrichen wird und die Hamburger Lehrer bundesweit die längsten Arbeitszeiten bekommen. Und gestern fand dann die älteste Scharade der Welt statt: Um den einzigen Senator der Spaßpartei nicht gänzlich zu demontieren, verpackt man die Einsparverpflichtungen der Schulbehörde so, dass die gebrochenen Versprechun- gen etwas weniger drastisch ausfallen. Unsere Opposition sollte deshalb ihre Behaup- tung, Schleswig-Holstein sei ein unattraktives Arbeitsland für Lehrerinnen und Lehrer, endlich zu den Akten legen.

Wir setzen nicht auf einen Verdrängungs- und Abwerbewettbewerb der Bundesländer untereinander. Die Spielräume Schleswig-Holsteins bei Verbesserungen in der Besol- dung sind geringer als die mancher anderen Länder. Wir begrüßen es, dass sich die Kultusministerkonferenz auf erleichterte Modalitäten für den länderübergreifenden Wechsel des Arbeitsplatzes entschieden hat, wir halten aber daran fest, dass es keine Abwerbeaktionen geben darf, die im laufenden Schuljahr zu Ausfällen an den Schulen führen.

Wir wollen den Antrag der CDU auf Anwärtersonderzuschläge für Referendare an Be- rufsschulen in den Bildungsausschuss überweisen. Auch nach unserer Auffassung wä- re es wünschenswert, den angehenden Berufsschullehrern einen gewissen Ausgleich für das Besoldungsreformgesetz von 1998 – vor dem Regierungswechsel – anzubie- ten.

Es ist uns allen klar, dass wir im laufenden Haushalt keine Spielräume für solche Zula- gen haben, erst recht nicht dafür, wie von Ihnen als Prüfauftrag angeregt, den Kreis der Berechtigten noch erheblich auszuweiten. Ein Grundsatzbeschluss muss m. E. im Zusammenhang mit dem Landeshaushalt für 2003 getroffen werden. Wir haben dabei -4-



die Maßnahmen anderer Länder auszuwerten, unter denen sich einige für solche Zu- lagen entschieden haben.

Ich warne aber vor der Vorstellung, dass 100 Euro mehr oder weniger das ausschlag- gebende Argument dafür sein könnten, seinen Lebens- und Arbeitsort in Schleswig- Holstein oder in einem anderen Land zu suchen; jeder weiß, dass hierfür ganz andere Faktoren entscheidend sind.

Richtig - und von uns bereits seit Jahren angeregt - ist es hingegen, in Absprache mit den neuen Bundesländern, besonders Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, nach Möglichkeiten zu suchen, Lehrkräften aus diesen Ländern ein Angebot in Schleswig-Holstein zu machen. Dies ist vertretbar, weil die stark rückläufigen Schüler- zahlen im Osten eine ganz andere Problemlage am Lehrerarbeitsmarkt geschaffen haben.

Jede Anstrengung, die Versorgung der Schulen mit Lehrkräften zu sichern, hat An- spruch auf unsere Unterstützung. Wenn es gelungen ist, bisher 70 Pädagogen, die zu einem früheren Zeitpunkt aus dem Schuldienst ausgeschieden sind, zu einem Wieder- einstieg zu bewegen, halte ich es für unangebracht, hier von „nur 70“ zu sprechen. Ich freue mich darüber, dass wir an unseren Schulen 70 bereits ausgebildete Kollegen wieder begrüßen können.

Gerade in dem besonders kritischen Bereich der beruflichen Schulen ist die Werbung um Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger von besonderer Bedeutung. 2.000 Anfra- gende, von denen immerhin 800 in die engere Wahl gezogen werden konnten, ist ein sehr beachtliches Resultat. Es bedarf der Anstrengungen der Personalverwaltung, a- ber auch der Einrichtungen der Lehreraus- und -weiterbildung, möglichst viele Interes- senten in den Schuldienst zu holen.

Über diesen Bericht werden wir im Ausschuss zu diskutieren haben.

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