Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

20.06.02 , 10:24 Uhr
SPD

Jürgen Weber zu TOP 39: Unsere Messlatte sind internationale Standards - nicht Bayern

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 20.06.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 39 – Konsequenzen aus den Ergebnissen der PISA-Studie

Jürgen Weber zu TOP 39: Konsequenzen aus PISA

Unsere Messlatte sind internationale Standards – nicht Bayern
Nach der Veröffentlichung der PISA-Studie haben wir Sozialdemokraten drei Dinge stets unterstrichen: 1. Die Ergebnisse müssen sorgfältig ausgewertet und bewertet werden. Es wird keine Schnellschüsse als Reaktion geben. 2. Im Mittelpunkt muss eine ehrliche Defizit-Analyse stehen. Eine einfache Über- nahme gewachsener Strukturen anderer Länder ist weder sinnvoll noch möglich und 3. Diskussionen über grundsätzliche Veränderungen unseres Schulsystems brau- chen mehr Zeit, als wir für die Einleitung kurzfristiger Maßnahmen haben.

Wir legen dem Landtag heute nach intensiver Diskussion ein erstes Maßnahmenpaket vor. Dabei ziehen wir Konsequenzen aus der PISA-Studie in den Feldern, die sowohl zu den offensichtlich wirksamen Systemfaktoren gehören und die als Aufgabenfelder weitgehend unbestritten sind. Dazu zählen - die quantitative und qualitative Ausstattung der Primarstufe, also der Grund- schule, - die bessere Verknüpfung mit dem vorschulischen Bereich, - der Bereich von Ganztagsangeboten und Ganztagsschulen - und die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund. Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Unsere wichtigsten Vorschläge sind: 1. Wir wollen eine stärkere Konzentration der Anstrengungen auf die Grundschule. Dabei wollen wir den Einstieg in verlässliche Schulzeiten mit Beginn des Schul- jahres 2003/2004. Wir wissen, dass das ein finanziell ehrgeiziges Vorhaben ist, das uns eine weitere Konzentration der Kräfte abverlangt. Es ist aber aus päda- gogischen und aus familienpolitischen Gründen eine Herausforderung, die wir angehen müssen. 2. Wir wollen eine bessere Verzahnung mit den vorschulischen Aufgaben. Und wir streben an, früher als bisher alle Kinder auch auf ihre Sprachkompetenz hin zu untersuchen. 3. Wir müssen konkrete Schritte einleiten, um die Defizite bei den schulischen Bil- dungschancen für Kinder ohne hinreichende Deutschkenntnisse bei der Ein- schulung abzubauen. Auch und gerade hier hat PISA uns den Spiegel vorgehal- ten. 4. Wir wollen den Ausbau von Ganztagsangeboten. Dies braucht eigentlich keine besondere Begründung, weil die Einsicht, hier etwas tun zu müssen, ja nicht erst durch PISA gekommen ist.

Wenn wir diese ehrgeizigen Schritte gehen wollen, wissen wir, dass das auch zusätzli- che Mittel erfordert. Natürlich erwarten wir dafür die angekündigte Unterstützung des Bundes, natürlich müssen Projekte aus unterschiedlichen Finanztöpfen wie die Betreu- te Grundschule in die neuen Maßnahmen integriert werden. Selbstverständlich werden Schulentwicklungsplanung und organisatorische Maßnahmen helfen müssen. Aber klar ist auch: Ohne zusätzliche Landesmittel geht es nicht. Daher sind wir Sozialdemo- kraten bereit, die bisher schon hohe Priorität der Bildungs-, vor allem der Schulpolitik weiter zu erhöhen und dieses auch bei den Haushaltsberatungen deutlich werden zu lassen. -3-



Nicht das Blaue vom Himmel zu versprechen, sondern seriöse und machbare Verbes- serungen und Reformen einzuleiten, das ist und bleibt unsere Politik, und das wird uns weiterhin von der Opposition im Hause unterscheiden.

Wie zu befürchten war, bleibt auch PISA nicht von den Wahlkampfstrategen verschont. Welche Kapriolen der Bundestagswahlkampf schlägt, zeigen uns die CDU-regierten Länder mit ihren öffentlichen Überlegungen, die Initiative der Bundesregierung für 10.000 zusätzliche Ganztagsschulen zu torpedieren. Sicher kann man über Details diskutieren; das wollen wir auch. Aber dass ein Quantensprung für ein Mehr an bil- dungs- und familiengerechter Schule aus wahltaktischem Kalkül heraus verhindert werden soll, ist ein Armutszeugnis für die politische Kultur in unserem Staat.

Ich will hier auf die Kaffeesatzleserei um PISA-E nicht weiter eingehen. Wir werden uns vorurteilsfrei die Ergebnisse und Analysen im Detail ansehen und auswerten. Und falls sich unabweisbare Korrekturen an einzelnen bildungspolitischen Maßnahmen daraus ergeben, dann werden wir das undogmatisch angehen. Sowenig wie wir mor- gen die finnische Schule einführen, so wenig werden wir die Schule irgendeines Bun- deslandes kopieren.

Oder will jemand Berliner Verhältnisse mit der Rekordzahl von fast 14 Prozent Schul- abgängern ohne Abschluss? Will etwa jemand saarländische Verhältnisse mit den äl- testen Lehrerkollegien der Republik? Will etwa jemand bayerische Verhältnisse mit dem deutschen und westeuropäischen Minusrekord von weniger als 20% Abiturienten pro Jahrgang? Will jemand sächsische Verhältnisse mit dem Niedrigstbetrag von 3.900 € pro Schüler? Oder will jemand nordrhein-westfälische Verhältnisse mit der niedrigs- ten Pflichtstundenzahl für Schüler?

Unsere auseinandergedrifteten Schulsysteme in Deutschland haben sehr differenziert zu betrachtende Stärken und Schwächen. Einfach abschreiben ist nicht nur in der Schule verboten, es ist auch für die Politik ein Armutszeugnis. Unsere Messlatte sind -4-



internationale Standards, die auch das soziale Umfeld von Schule und eine gleicher- maßen schüler- und leistungsgerechte Lernkultur berücksichtigen.

Wir sind überzeugt davon, das unser heutiger Antrag ein wichtiger praktischer Schritt ist und bitten um Zustimmung in der Sache.

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen