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11.10.02 , 13:06 Uhr
FDP

Christel Happach-Kasan: Mit dem Beharren auf fundamentalistischen Standpunkten ist niemand geholfen

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 301/2002 Vorsitzender Dr. Christel Happach-Kasan, MdL Stellvertretende Vorsitzende Kiel, Freitag, 11. Oktober 2002 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Joachim Behm , MdL Es gilt das gesprochene Wort! Dr. Heiner Garg, MdL Günther Hildebrand, MdL Christel Happach-Kasan: Mit dem Beharren auf fundamentalistischen Standpunkten ist niemand



www.fdp-sh.de geholfen In ihrem Debattenbeitrag zu TOP 23 (Forschung mit adulten Stammzellen) sagte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Christel Happach-Kasan:
„Der Bericht der Landesregierung über die in Schleswig-Holstein betriebene Forschung mit adulten menschlichen Stammzellen ist nicht sehr umfangreich. In seiner Botschaft empfinde ich ihn zwiespältig.
Wir erfahren, dass an den Universitäten in Kiel und Lübeck sowie am Forschungszentrum in Borstel Forschungen an adulten Stammzellen durchgeführt werden. Bei der Behandlung bösartiger Blutkrankheiten und maligner Lymphome werden bereits adulte Stammzellen in der Therapie verwandt.
Als weitere Perspektiven dieser Forschung werden genannt: die Behandlung von Diabetes und neurologischen Erkrankungen, die Züchtung von Knorpel und die Regeneration von Herzgewebe durch Stammzelltransplantationen.
Das Gesetz zum Import von Stammzellen, das der Bundestag im letzten Jahr beschlossen hat, geht von der Vorstellung aus, dass die Forschung auf menschliche adulte Stammzellen sowie Stammzellen tierischer Herkunft konzentriert werden sollte.
Daher ist von besonderem Interesse, ob durch die Beschränkung der Forschung auf adulte Stammzellen gleichzeitig auch eine Beschränkungen in den Therapiemöglichkeiten eintritt. Es besteht die Hoffnung, dass adulte Stammzellen dieselben Chancen bieten wie embryonale Stammzellen und so die von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen kritisierte Verwendung embryonaler Stammzellen vermieden werden kann.
Daher wird die Pressemitteilung amerikanischer Forscher herausgestellt, die adulte Stammzellen im Knochenmark mit großem Entwicklungspotential entdeckt haben wollen. Unerwähnt bleibt, dass diese Ergebnisse noch nicht veröffentlicht sind und niemand die Versuche nachvollzogen hat. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ Die enttäuschenden Ergebnisse britischer Forscher bei ihrer Arbeit an adulten Blutstammzellen bleiben unerwähnt. Die Zellen zeigten ein großes Entwicklungspotential bei Versuchen in der Petrischale, im Körper jedoch entwickelten sich aus den Blutstammzellen ausschließlich Blutzellen.
Der Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass adulte Stammzellen nicht das gleiche Einsatzspektrum bei der Entwicklung von Therapiemöglichkeiten bei bis jetzt nicht heilbaren Krankheiten haben wie embryonale Stammzellen. Eine Entwicklung von Therapien z. B. für angeborene und erworbene Stoffwechselkrankheiten, degenerative Nerven- und Muskelkrankheiten ist nur bei Verwendung von embryonalen Stammzellen möglich.
Die Hoffnung, dass auch bei einer Beschränkung der Forschung auf die adulten Stammzellen dieselben Chancen auf Therapien bestünden wie bei der Forschung mit embryonalen Stammzellen hat sich bisher nicht erfüllt.
Ministerin Erdsiek-Rave hatte im vergangenen Jahr in ihrem bemerkenswerten Redebeitrag zum Thema Stammzellforschung gesagt, sie sei zutiefst davon überzeugt, dass das Gewinnen von Erkenntnissen sich nicht verbieten ließe.
In anderen Ländern der EU wird die bei uns vorherrschende Haltung nicht geteilt. Es ist möglich, dass durch die embryonale Stammzellforschung Gewebetherapien für Krankheiten wie Alzheimer, Multiple Sklerose oder Parkinson entwickelt werden. Wir alle kennen diese Krankheiten. Viele von uns haben Verwandte und Freunde, die an ihnen leiden.
Wir müssen darauf vorbereitet sein, kranken Menschen zu sagen, warum bestimmte Therapien ihnen in Deutschland nicht zur Verfügung stehen. Diese Menschen werden sich, wenn sie es sich leisten können, Hilfe im Ausland suchen. Es ist bereits erkennbar, das Paare, die ein hohes Risiko für die Weitergabe einer genetischen Krankheit tragen, Kontakt zu den Zentren für Präimplantationsdiagnostik in Belgien und den Niederlanden aufnehmen.
Es ist auch deutlich, dass Menschen, die einer Hochrisikogruppe angehören über die PID anders denken als andere. In einer vom Bundesforschungsministerium geförderten Studie lehnten 11% der Menschen in der Hochrisikogruppe die PID ab, aber 27% der Kontrollgruppe. In beiden Gruppen befürworteten die befragten Paare die PID.
Die ethischen Bedenken gegen die Verwendung von embryonalen Stammzellen zur Verwendung in der Forschung sind schwerwiegend. Die Ängste in der Bevölkerung dürfen nicht einfach weggewischt werden, die Hoffnungen von kranken Menschen, durch neue Therapien Hilfe zu erhalten, aber auch nicht. Mit dem Beharren auf fundamentalistischen Standpunkten ist niemand geholfen.
Deutschland blockiert zur Zeit zusammen mit Italien und drei weiteren Staaten die Freigabe eines EU-Forschungsbudgets in Höhe von 17,5 Milliarden Euro für das 6. Forschungsrahmenprogramm. Hintergrund dieser Blockade sind die unterschiedlichen Vorstellungen der EU-Länder zur embryonalen Stammzellforschung.
Ich zitiere zum Abschluss aus der Rede von Ministerin Erdsiek-Rave: „Die medizinische Forschung in Schleswig-Holstein befindet sich auf hohem Niveau, auch und gerade im Bereich der Humangenomforschung und in der Gentechnologie. Gerade die öffentliche Förderung von Forschung auf diesem Gebiet ermöglicht erst Transparenz und eröffnet Gestaltungsmöglich- keiten, wie sie uns als Zuschauer von ausländischen Entwicklungen nämlich verwehrt würden. Eine Selbstbescheidung Schleswig-Holsteins auf bloße Lizenzfertigung oder Anwender- lösungen würde im Zeitalter von Binnenmarkt und Internet nur dazu führen, dass wir das importieren, was bei uns verboten, aber in unseren Nachbarländern erlaubt ist. Ich finde, auch das wäre eine moralisch fragwürdige Praxis. Wir würden Wissenschaftler verlieren, die ihre gesellschaftliche Verantwortung in Deutschland wahrnehmen wollen, die hier Forschung betreiben wollen, und zwar unter verlässlichen Rahmenbedingungen.“

Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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