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Christel Happach-Kasan: Landesregierung hält Empfehlung für freiwillige BSE-Tests nicht aufrecht
FDP Landtagsfraktion Schleswig-HolsteinPresseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Christel Happach-Kasan, MdL Stellvertretende Vorsitzende Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Nr. 345/2002 Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Joachim Behm , MdL Kiel, Mittwoch, 27. November 2002 Dr. Heiner Garg, MdLAgrarpolitik/BSE Günther Hildebrand, MdLChristel Happach-Kasan: Landesregierung hält www.fdp-sh.de Empfehlung für freiwillige BSE-Tests nicht aufrecht Anlässlich des 2. BSE-Jahrestages sagte die agrarpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Christel Happach-Kasan:“Zwei Jahre nach dem ersten in Schleswig-Holstein aufgedeckten BSE-Fall ist noch immer nicht aufgeklärt, woran die Rinder sich infiziert haben. Die Zahl der BSE-Fälle ist in Schleswig-Holstein gegenüber dem vergangenen Jahr leicht gestiegen, die Inzidenz für BSE bezogen auf die Zahl der Milchkühe ist in Schleswig-Holstein am höchsten (74,5 BSE-Fälle pro 1 Mio. Kühe). Dagegen ist in den süddeutschen Ländern in 2002 die Zahl der BSE-Fälle gegenüber der im vergangenen Jahr gesunken.Auch der Landesregierung ist diese relative Häufung der BSE-Feststellungen im Lande ausweislich ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage zur Entwicklung der BSE-Fallzahlen in Schleswig-Holstein (Drs. 15/2270) bekannt. Leider zieht sie daraus nur sehr zögerlich die erforderlichen Konsequenzen. Die angekündigte Fallkontrollstudie zum Zusammenhang zwischen Fütterungspraktiken und dem Auftreten von BSE ist ein richtiger Schritt – nur sie kommt sehr spät.Die Landesregierung ignoriert, dass die vorgelegten BSE-Fallzahlen zumindest ein Indiz dafür sind, dass in Norddeutschland vermehrt Futtermittel, möglicherweise Milchaustauscher, verfüttert wurden, die infektiöse Prionen enthielten. Die staatlichen Futtermittelkontrollen haben versagt.”“Die freiwilligen BSE-Tests bei Rindern jünger als 24 Monate sind kein Gewinn an Sicherheit, wie die Ministerin glauben machen will, aber sehr wohl ein Kostenfaktor für die Betriebe,” kritisierte Christel Happach-Kasan. „Bei 900 000 bundesweit durchgeführten BSE-Tests bei Rindern jünger als zwei Jahre waren alle Ergebnisse negativ, bei 5,3 Mio Tests insgesamt waren von 226 Tieren mit BSE nur zwei jünger als drei Jahre,” führte Happach-Kasan aus. Sie wies darauf hin, dass vor diesem Hintergrund die Landesregierung ihre bisherige Empfehlung, auch Tiere jünger als 2 Monate testen zu lassen, anders als die Presseerklärung vermuten lässt, zu Recht nicht aufrecht erhalten hat (vgl. Antwort auf die Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage). Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: fraktion@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 15/2270 15. Wahlperiode 02-11-21Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan (FDP)undAntwort der Landesregierung - Ministerin für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und TourismusEntwicklung der BSE-Fallzahlen in Schleswig-HolsteinVorbemerkung der Fragestellerin:In der Liste der bestätigten BSE-Fälle des Bundesministeriums für Verbraucher-schutz wird aufgeführt, dass in Schleswig-Holstein in diesem Jahr bisher 14 BSE-Fälle gegenüber 12 im Jahr 2001, in Niedersachsen 21 gegenüber 17 BSE-Fällen in 2001 gezählt wurden, während in Bayern im diesem Jahr 25 BSE-Fälle gegenüber 59 in 2001 aufgetreten sind.Ich frage die Landesregierung:1. Wie ist nach Einschätzung der Landesregierung der Anstieg der BSE-Fälle in Norddeutschland in 2002 gegenüber 2001 und insbesondere die unterschiedliche Entwicklung der Fallzahlen in Nord- und Süddeutschland zu erklären? Antwort: Die relative Häufigkeit der BSE-Feststellung in Deutschland (Inzidenz) weist zum Beispiel für Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz eine moderate Zunahme aus. Demgegenüber sank bisher gegenüber dem Jahr 2001 im laufenden Jahr die Inzidenz in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Die vorliegenden Daten zur Dynamik der BSE-Feststellungen erlauben für Norddeutschland – auch nach Auffassung der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere (BFAV) – gegenwärtig keine Rückschlüsse auf das Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode Drucks. 15/2270 Vorliegen regionaler Trends. Dagegen besteht derzeit in einer Region in Bayern eine geographisch assoziierte Häufung. Hier wurde aus unbekanntem Grunde im Jahre 2001 häufiger BSE festgestellt, als dies bisher im Jahre 2002 der Fall war. Entsprechend ist im Nord-Süd-Vergleich im Jahre 2002 die anteilige Anzahl von BSE-Feststellungen in Norddeutschland gegenüber 2001 höher.2. In welchen Kreisen in Schleswig-Holstein sind die bisher registrierten 27 BSE-Fälle (Stand 7. 11. 2002) aufgetreten (Anzahl pro Kreis), welche Rassen waren betroffen? Antwort: In den nachfolgend aufgeführten Kreisen sind die insgesamt 27 registrierten BSE- Fälle aufgetreten: Kreis Dithmarschen 8 Kreis Rendsburg-Eckernförde 6 Kreis Stormarn 2 Kreis Nordfriesland 3 Kreis Schleswig-Flensburg 6 Kreis Steinburg 1 Kreis Herzogtum Lauenburg 1 Es waren folgende Rassen betroffen: Rotbunte, Schwarzbunte, Angler sowie Kreuzungen aus Fleisch- und Milchrindern.3. Die Mehrzahl der in Schleswig-Holstein festgestellten BSE-Fälle waren Tiere, die nach dem Verbot der Verfütterung von Tiermehl an Wiederkäuer geboren wurden. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung inzwischen über die Infizierung der Tiere durch mit infiziertem Tiermehl kontaminiertes Futter bzw. durch infiziertes Milchaustauschfutter? Antwort: Konkrete Erkenntnisse zur Bedeutung kontaminierter Futtermittel für das BSE- Geschehen in Schleswig-Holstein liegen noch nicht vor. Unter Beteiligung der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Ludwig-Maximilians-Universität München bereitet die BFAV zurzeit für die Länder Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein eine gemeinsame Fallkontrollstudie vor. Durch den gezielten Vergleich fütterungsrelevanter Parameter in BSE-negativen Rinderhaltungen mit den Daten aus Betrieben mit BSE-Feststellungen in diesen Ländern soll ermittelt werde, ob und wie besondere Fütterungspraktiken in der Vergangenheit mit dem Auftreten der BSE korrelieren. Daneben beabsichtigt die BFAV eine anonymisierte Umfrageuntersuchung in rinderhaltenden Betrieben zu BSE-Parametern.4. In welchem Umfang wurde in Schleswig-Holstein die von der Landesregierung empfohlene freiwillige Durchführung von BSE-Tests bei Rindern jünger als zwei Jahre durchgeführt? Wie viele Tests sind in Schleswig-Holstein in 2001 und bisher in 2002 durchgeführt worden und mit welchem Ergebnis? Antwort: Im Jahr 2001 wurden in Schleswig-Holstein 64.158 geschlachtete Rinder freiwillig auf BSE untersucht. Das entspricht einem Untersuchungsumfang von 39,18 % aller geschlachteten Rinder bis 24 Monate. Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode Drucks. 15/ 2270 Vom 01. Januar 2002 bis zum 30. September 2002 wurden in Schleswig-Holstein 59.933 geschlachtete Rinder freiwillig auf BSE untersucht. Das entspricht einem Untersuchungsumfang von 58,91 % aller geschlachteten Rinder bis 24 Monate. Alle freiwilligen BSE-Tests an geschlachteten Rindern bis 24 Monate hatten ein negatives Untersuchungsergebnis.5. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass angesichts von 900 000 bundesweit durchgeführten BSE-Tests bei Rindern jünger als zwei Jahre, die alle negativ waren, auf die Durchführung von BSE-Tests bei Rindern jünger als zwei Jahre verzichtet werden kann? Wenn nein, - warum nicht? - Hält die Landesregierung weiterhin ihre Empfehlung der Durchführung der Tests aufrecht und wenn ja mit welcher Begründung? Antwort: Im Rahmen betriebseigener Kontrollen der Schlachtbetriebe können geschlachtete Rinder bis 24 Monate freiwillig auf BSE untersucht werden. Die Entscheidung über die Durchführung dieser Untersuchungen liegt im Ermessen der Wirtschaftsbeteiligten. Sie alleine entscheiden über den Umfang der Untersuchungen, der Verbraucher entscheidet indirekt mit durch sein Kaufverhalten.6. Was ist mit den Bodenproben geschehen, die die Landesregierung beim Auftreten des ersten BSE-Falles in Schleswig-Holstein genommen hat und welche Konsequenzen wurden aus den Ergebnissen der Untersuchungen abgeleitet? Antwort: Der wissenschaftliche Beirat Bodenschutz, der vom Bundesumweltministerium mit Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes etabliert wurde, hatte in seinem Gutachten zu Fragen des vorsorgenden Bodenschutzes darauf aufmerksam gemacht, dass BSE-Erreger, die mit Wirtschaftsdüngern bzw. tierischen Exkrementen in den Boden gelangen können, dort möglicherweise überleben und sich anreichern können. Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung nach dem Auftreten des ersten BSE Falles in Schleswig-Holstein Boden- und Aufwuchsproben zur Beweissicherung entnommen. Anlässlich der internationalen Expertenanhörung am 18.12.2000 im Bundesumweltministerium (BMU) wurde der aktuelle Wissensstand über Vorkommen und Verhalten von Prionen im Boden diskutiert. Dabei wurde festgehalten, dass eine Übertragung über den Boden im Vergleich zu anderen Übertragungswegen als nachrangig zu bewerten ist, aber insgesamt nicht außer acht gelassen werden darf. Da eine Methodik zum Nachweis von Prionen im Boden nicht zur Verfügung stand, wurde vom BMU ein Forschungsvorhaben zur Entwicklung einer Nachweismethode initiiert. Das Umweltministerium hat dem BMU in diesem Zusammenhang angeboten, auf die in Schleswig-Holstein entnommenen und gelagerten Proben zurückzugreifen. Nach einem weiteren Expertengespräch stuft das Bundesumweltministerium das Risiko der Übertragung von Prionen mit Schreiben vom 20.03.2001 bzgl. der Aufnahme über die Pflanzenwurzeln als irrelevant ein. Auch wird die Möglichkeit einer Übertragung in Pflanze und Wasser über den Weg Klärschlamm / Boden als äußerst Schleswig-Holsteinischer Landtag - 15. Wahlperiode Druck. 15/2270gering eingestuft. Die Aufnahme über Pflanzenverschmutzungen und den Mitverzehr von kontaminierten Bodenpartikeln durch Weidevieh ist ohnehin irrelevant, da die Klärschlammausbringung auf Dauergrünland nicht gestattet ist.Aufgrund dieser Einschätzungen sieht die Landesregierung für diesen Übertragungsweg keinen Handlungsbedarf. Die entnommenen und in Kühlzellen des Landesamtes für Natur und Umwelt bzw. des Landeslabores in Neumünster gelagerten Proben werden jedoch noch weiterhin vorgehalten, damit der BMU diese für die Methodenentwicklung nutzen kann.