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12.12.02 , 12:24 Uhr
SPD

Wilhelm Malerius zu TOP 3: Neues Instrument für Schiffssicherheit, aber offene Fragen

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 12.12.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 3 – Vereinbarung über die Errichtung eines Havariekommandos

Wilhelm Malerius

Neues Instrument für Schiffsicherheit, aber offene Fragen

Spätestens die Havarie und der darauffolgende Untergang des Uralt-Öltankers „Pres- tige“ vor drei Wochen hat uns deutlich vor Augen geführt, wie nah wir selbst an einer solchen Katastrophe waren. Auf dem Weg von Russland in die Nordsee passierte der Tanker nur wenige Tage vor seinem Untergang mit einer Ladung von 50.000 t giftigem Schweröl das Seegebiet zwischen Fehmarn, Kieler Bucht und den dänischen Inseln Seeland und Langeland.

Wäre das altersschwache Schiff infolge eines Maschinenschadens oder eines anderen Vorfalles manövrierunfähig auf die deutsche Küste zugetrieben, hätten wir sehr schnell beweisen müssen, was wir aus dem Untergang der „Pallas“ im Jahr 1998 gelernt ha- ben. Daran ändert auch das vor wenigen Tagen verhängte Einfahrverbot für Einhüllen- tanker in EU-Häfen nichts, da Russland nicht Mitglied der Europäischen Union ist und die Durchfahrt solcher Schiffe durch internationale Wasserstraßen nicht unterbunden werden kann.

Durch die dem Landtag nun vorliegende „Vereinbarung über die Errichtung des Hava- riekommandos“ haben die norddeutschen Küstenländer und der Bund ein neues In- strument zur Überwachung der Schiffsicherheit und Bekämpfung von komplexen Schadensereignissen auf See geschaffen mit dem, wie es in der Begründung heißt, ein einheitliches und koordiniertes Vorgehen aller Einsatzkräfte ermöglicht werden soll. Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Diese Regelung soll demnach klar bestimmen, wer im Ernstfall was zu sagen und zu tun hat. Soweit die Theorie.

In der Praxis wird diese gesetzgeberische Aufgabe durch die Klippe des verfassungs- rechtlichen Verbotes der Mischverwaltung erschwert, die klare Aufgaben- und Zustän- digkeitstrennung zwischen dem Bund und den Ländern erfordert. Diese zu umschiffen ist nur dadurch gelungen, dass das Gesetz einige Unwägbarkeiten enthält, deren deut- lichere Regelung aus unserer Sicht wünschenswert gewesen wäre, jedoch verfas- sungsrechtliche Probleme aufgeworfen und letztlich zeitaufwendige Nachverhandlun- gen mit den anderen Vertragspartnern erforderlich gemacht hätte. Z. B. hinsichtlich des Status des Havariekommandos innerhalb der Verwaltung des Bundes stellen sich noch einige Fragen.

In der uns vorliegenden Vereinbarung wird die Frage, wer letztlich für die Feststellung einer komplexen Schadenslage zuständig und verantwortlich ist, nicht geregelt. Ich schildere Ihnen ein Beispiel. Ein 200.000 tdw Bulkcarrier verlässt die Elbmündung, und die Maschine setzt aus; es passiert ein sogenannter „Black out“. Zuerst wird der Back- bordanker fallengelassen. Dieser hält nicht. Es wird der Steuerbordanker fallengelas- sen. Dieser hält auch nicht. Das Schiff treibt auf Helgoland zu. Wer ordert den notwen- digen Schlepper? Wird die notwendige Entscheidung schnell getroffen oder strandet das Schiff vor Helgoland, und dann wird entschieden? Glücklicherweise konnte die Maschine rechtzeitig repariert werden.

Dieser Fall ist Wirklichkeit. Ist dieser vorliegende Fall eine komplexe Schadenslage? Dies ist insoweit von großer Bedeutung, als von der Leitung des Havariekommandos und von einem Bundesland diese Frage durchaus unterschiedlich beurteilt werden könnte und die Feststellung der komplexen Schadenslage das Selbsteintrittsrecht des Leiters des Havariekommandos mit umfassender Auftragsbefugnis gegenüber den Landesbehörden auslöst. -3-



Ausgenommen von der Bündelung von Zuständigkeits- und Auftragsbefugnissen des Havariekommandos sind auch die Zuständigkeiten der Kommunen. Dies kann im Ernstfall bedeuten, dass die Leitung des Havariekommandos beim Zugriff auf Kräfte der Feuerwehr vom guten Willen eines Bürgermeisters abhängig ist. Hier wird es dar- auf ankommen, dass im Einsatzfall alle Kräfte den Willen zur Kooperation haben und Zuständigkeit und Autorität der Leitung des Havariekommandos von allen anerkannt wird.

In verbindlicher Form könnte dies durch Vereinbarungen des Havariekommandos mit den vorhandenen Brandschutzstrukturen über deren Einbindung erfolgen, wie es auch die Grobeckerkommission in ihrem Abschlussbericht empfohlen hat. Der aus unserer Sicht wichtigste Vorschlag der Kommission, die Bildung des Havariekommandos, wur- de jedoch umgesetzt, und wir hoffen, dass diese Einrichtung anerkannt und akzeptiert wird und somit für alle eine gedeihliche Kooperation aufgebaut wird, denn Seelenver- käufer wie die „Prestige“ fahren täglich durch unsere Gewässer.

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