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13.12.02 , 13:08 Uhr
SSW

SPD und CDU sollen aus dem Diäten- und Wahlkreis-Alptraum aufwachen

Südschleswigscher Wählerverband Schleswig-Holsteinischer Landtag im Schleswig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 D - 24105 Kiel Tel. (0431) 988 13 80 Fax (0431) 988 13 82
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Kiel, den 13.12.2002 Anke Spoorendonk Es gilt das gesprochene Wort

„Bis heute können SPD und CDU sich kaum darauf verständigen, dass ein Schimmel weiß ist, ohne in Grabenkämpfe zu verfallen. Umso tragischer ist es, dass es offen- sichtlich nicht schwer gefallen ist, in der Diäten- und Wahlkreisfrage Einigkeit zu erzielen.“
„Ich kann gut verstehen, wenn einige Abgeordnete von SPD und CDU in den letzten Ta- gen schlecht schlafen. Ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen der großen Fraktio- nen aus diesem Diäten- und Wahlkreis-Alptraum aufwachen, bevor es zu spät ist.“

TOP 7 Änderung des Abgeordnetengesetzes (Drs. 15/2304) TOP 11 Änderung des Landeswahlgesetzes (Drs. 15/55)

Wer das Privileg hat, sein Gehalt mit sich selbst verhandeln zu müssen, hat es gut. Das wird
uns jedenfalls immer wieder gern vorgehalten. Die Medienberichterstattungen der vergange-
nen Wochen und die vielen persönlichen Reaktionen haben uns aber allen verdeutlicht: Es
kann auch ein Alptraum sein, als Abgeordnete die eigenen Bezüge auszuhandeln.

Niemand wird ernsthaft behaupten können, dass die Schleswig-Holsteinischen Landtage die-
ses Recht bisher missbraucht haben. Wir leben nicht in einer Bananenrepublik, in der Parla-
mentarier sich am Mandat persönlich bereichert haben. Im Gegenteil: Der Schleswig-Holstei-
nische Landtag liegt im Vergleich der Bundesländer am unteren Ende, wenn es um die Höhe
der Entschädigung geht. Die Diäten der Abgeordneten übersteigen nicht den Verdienst eines
Studienrats. Eine solche Bezahlung ist sicherlich nicht zuviel verlangt, wenn man die Arbeits-
bedingungen und die Arbeitszeiten eines durchschnittlichen Abgeordneten kennt.

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Ein zentraler Bestandteil dieses verantwortungsvollen Umgangs mit den Diäten ist es bislang
gewesen, dass wir die Anpassung der Bezüge fraktionsübergreifend und in großer Einigkeit
beschlossen haben. Sicherlich hat der Abgeordnete, der als selbständiger Anwalt tätig war,
andere Gehaltsvorstellungen als die Abgeordnete, die vorher Sozialhilfe bezog. Die unter-
schiedlichen Vorstellungen mündeten aber bis heute immer in einen Kompromiss, der von ei-
ner breiten Mehrheit getragen wurde. Das haben SPD und CDU in den letzten Wochen mit
einer umwerfenden Gründlichkeit geändert. Immerhin liegt schon ein parlamentarisches Ver-
fahren vor – mit Anträgen und einer ersten Lesung. Aber das soll nun alles wieder Makulatur
sein. Der Antrag von Bündnis90/Die Grünen, FDP und SSW stellt den Versuch dar, die Ge-
schichte der ausgewogenen, einvernehmlichen Diätenreformen doch noch fortzuschreiben.

Mittlerweile haben alle Fraktionen immerhin erkannt: Eine Erhöhung der Diäten um 5,7 % ist
vielleicht ökonomisch angemessen, wenn man die allgemeine Preis- und Lohnentwicklung für
2001 und 2002 betrachtet. Politisch vermittelbar ist eine solche Erhöhung in der aktuellen Si-
tuation aber nicht. Die Parlamente in Bund und Ländern werden ihre Haushalte für 2003 nur
dadurch über die Runden retten können, dass sie sich auf eine Störung des gesamtwirtschaftli-
chen Gleichgewichts berufen. In dieser Lage kann man niemandem erzählen, dass der Land-
tag jetzt die Entwicklung der letzten Jahre auf einen Schlag nachholen möchte.

Andererseits haben Abgeordnete wie alle anderen Menschen Anspruch auf eine Lohnentwick-
lung, die sich an den steigenden Preisen orientiert. Was wir für die Arbeitnehmer einfordern,
können wir auch für uns selbst beanspruchen. Abgeordnete haben auch soziale Rechte. Sie
müssen nur besonders sensibel und verantwortungsbewusst damit umgehen, weil sie selbst die
Spielregeln bestimmen. Wir brauchen also einen Kompromiss. Drei von fünf Parteien in die-
sem Haus haben sich darauf geeinigt, dass dieser eine Erhöhung um 2,2 % zum 1.01.2003
sein sollte. Damit würde nur die Entwicklung für 2002 nachgeholt. Der Verzicht auf die An-
passung der Diäten für 2001 soll unserer Solidarbeitrag in der aktuellen Situation sein.



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Die großen Fraktionen wollen jetzt sogar gar keine Erhöhung mehr zum 1. Januar. Allerdings
soll es danach um so mehr geben. SPD und CDU wollen quasi Weihnachten für Abgeordnete
auf den 1. Juni 2003 verlegen. Das wäre jedenfalls die Folge, wenn die für 2005 geplante gro-
ße Diätenreform schon 2003, aber dafür nur in Teilen, durchgesetzt wird. Die Folge wäre –
darauf ist ja schon hingewiesen worden –, dass einige Abgeordnete im Extremfall zum 1. Juni
eine 40-prozentige Gehaltserhöhung erhalten. Wie man das den Leuten auf der Straße vermit-
teln will, bleibt mit unbegreifbar.

Wir meinen, dass die Frage einer grundlegenden Reform der Abgeordneten-Entschädigung
und die Frage der aktuellen Anpassung der Diäten gar nicht miteinander vermischt werden
dürfen. Bei der Diätenreform geht es um eine langfristige, strukturelle Verbesserung der Ab-
geordnetenentlohnung: es geht um die Abschaffung der Privilegien bei der Altersversorgung,
um Streichung die Privilegien durch Funktionszulagen usw. Wir hatten uns mit gutem Grund
in diesem Haus darauf geeinigt, diese Reform im Jahr 2005 durchzuführen. Dadurch würden
die Vor- und Nachteile gleichzeitig nach der nächsten Landtagswahl in Kraft treten. Und da-
durch würde auch der 15. Landtag nicht in Versuchung geraten, im eigenen Interesse zu ent-
scheiden. Von dieser einvernehmlich vereinbarten Vorgehensweise wird jetzt abgewichen.
Die großen Fraktionen nehmen in Kauf, dass die große Diätenreform, die ja wirklich eine
vernünftige Sache ist, völlig in Misskredit gerät. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der
SPD und der CDU, ich finde es zutiefst enttäuschend, dass sie jetzt derart auf dem gemeinsam
erarbeiteten Neubeginn in Sachen Diäten herumtrampeln.

Das gleiche gilt leider auch für den zweiten Punkt der heutigen Debatte: die Neueinteilung der
Wahlkreise. Eigentlich sollten Diäten genau so wenig mit Wahlkreisen zu tun haben wie
Mönche mit Freudenhäusern. Dass die beiden Themen hier trotzdem miteinander verkoppelt
werden ist deshalb ein echtes Armutszeugnis. Denn damit machen die beiden großen Fraktio-
nen überdeutlich, dass es ihnen mit den Wahlkreisen zuerst um eine Versorgungsfrage geht.



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Dabei gibt es reichlich objektive Gründe dafür, die Zahl der Wahlkreise deutlich zu reduzie- ren. Wir alle wollen verhindern, dass die Regelgröße von 75 Landtagsabgeordneten nicht nach jeder Wahl durch Überhang- und Ausgleichsmandate erheblich überschritten wird. Die einzige wirksame Methode zur Begrenzung der Mandate ist aber, dass man die heutige Zahl von 45 Wahlkreisen erheblich reduziert. Das Innenministerium hat uns in Modellrechnungen aufgezeigt, dass die optimale Lösung die Reduktion auf höchstens 38 Wahlkreise ist. Nur so lässt sich zuverlässig sicherstellen, dass der Landtag den Referenzwert von 75 Abgeordneten nicht wesentlich überschreitet. Wahlkreise werden aber in der Regel durch Abgeordnete der großen Parteien gewonnen. Deshalb haben CDU und SPD kein Interesse an einer deutlichen Reduzierung. Wenn die großen Fraktionen uns kleinen Parteien vorwerfen, wir würden in der Wahlkreisfrage unsere eigenen Interessen pflegen, dann unterschlagen sie die Modellrech- nung des Innenministeriums. Denn das Ziel der Reduzierung verfolgen sie ja angeblich auch.

Der größte Hammer ist aber die von ihnen gleichzeitige angestrebte Absenkung der Abgeord- netenzahl. Die von CDU/ SPD vorgeschlagene „65plus“-Regelung zur Parlamentsverkleine- rung kann nicht halten, was sie verspricht. Die Zahl würde nämlich automatisch überschritten, so bald mehr Parteien als CDU, SPD und SSW im Landtag vertreten sind. Das größte Prob- lem liegt aber woanders: Es ist wirklich nicht auszuhalten, dass CDU und SPD die Landes- verfassung ändern wollen, nur um ihre eigenen Interessen abzusichern. Sie haben sogar klammheimlich eine Verfassungsänderung in eigener Sache geplant, ohne dies überhaupt vorher mit den anderen Gruppen im Parlament zu besprechen. Der SSW mahnt in diesem Hause schon seit Jahrzehnten ein anderes Parlamentsverständnis an. Wir wollen, dass die Fraktionen zusammenarbeiten, um die großen Probleme des Landes zu lösen. Bis heute kön- nen SPD und CDU sich aber kaum darauf verständigen, dass ein Schimmel weiß ist, ohne in Grabenkämpfe zu verfallen. Umso tragischer ist es, dass es offensichtlich nicht schwer gefal- len ist, in der Wahlkreisfrage Einigkeit zu erzielen. Mit diesem beispiellosen Vorgang ent- würdigen sie die Landesverfassung und beschädigen das Ansehen des Parlaments. Ich kann gut verstehen, wenn einige Abgeordnete von SPD und CDU in den letzten Tagen schlecht schlafen. Ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen der großen Fraktionen aus diesem Diäten- und Wahlkreis-Alptraum aufwachen, bevor es zu spät ist.
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