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Dr. Henning Höppner zu TOP 7: Schulwahlfreiheit wirft viele Fragen auf
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 23.01.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 7 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des SchulgesetzesDr. Henning Höppner:Schulwahlfreiheit wirft viele Fragen aufBislang ist es das Privileg der Eltern von zukünftigen Gymnasiasten und Gesamtschü- lern, sich die Schule nach eigener Wahl auszusuchen, sofern nicht aus besonderen Gründen Einzugsbereiche für wenige Gymnasien bestimmt sind.Andere Bundesländer kennen neben der Schulwahlfreiheit bei Gymnasien und Ge- samtschulen auch die bei Realschulen, z. B. Baden-Württemberg. Und seit vielen Jah- ren gibt es für die Eltern in der Landeshauptstadt Kiel die freie Schulwahl bei den wei- terführenden Schulen, sofern auch dort die Aufnahmekapazitäten es zulassen, die im übrigen dazu geführt hat, dass in Kiel ein gutes Dutzend Hauptschulstandorte ge- schlossen werden mussten. Insoweit kann man den Zielsetzungen Ihres Antrages zur Änderung des Schulgesetzes durchaus folgen.Wir alle wollen leistungsbewusste Schulen mit eigenständigen Profilen. Auch die Schulträger und die kommunalen Landesverbände wollen nach meiner Einschätzung wettbewerbsfähige Schulen. Indes stehen dem einige Problemfelder gegenüber, die nach unserer Auffassung zum gegenwärtigen Zeitpunkt einer raschen Umsetzung ei- ner solchen Gesetzesänderung im Wege stehen. Ich will das gleich begründen.Einem Aspekt Ihres Änderungsvorschlages aber werden wir aus grundsätzlichen Er- wägungen heraus nicht zustimmen können: der Aufhebung der Schuleinzugsbereiche Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-für die Grundschulen. Hier gilt nach wie vor unser Grundsatz, dass kurze Beine kurze Schulwege haben sollen, auch in einer Großstadt. Grundschulen sind ein Stück Standortqualität der Gemeinden im ländlichen Raum, das wir nicht opfern wollen.Überlegen Sie sich, lieber Kollege Dr. Klug, was in Ihrer Heimatstadt Kiel passieren würde, wenn es eine freie Wahl bei den Grundschulen gäbe. Die Grundschule am Gö- teborgring oder die Grundschulen in der Iltisstraße oder in der Stoschstraße würden noch stärker zu den Grundschulen der ausländischen Kinder. Was dabei herauskäme, wäre eine noch stärkere soziale Differenzierung von Grundschule zu Grundschule. Wir kennen derart negative Entwicklungen zum Beispiel in den Städten Großbritanniens.Die Diskussion um die Aufhebung der Schuleinzugsbereiche, meine Damen und Her- ren, kann nicht ohne die Beteiligung der kommunalen Schulträger und auch nicht ohne deren Einverständnis geführt werden. Das ist der erste und wohl auch entscheidende Punkte, den es abzuarbeiten gilt.Zweitens: Wir brauchen angesichts der bevorstehenden sinkenden Schülerzahlen wiederum eine konsequente Schulentwicklungsplanung, und zwar auch auf überge- ordneter Ebene der Kreise unseres Landes. Ohne dieses Instrument kann über eine Veränderung von Einzugsbereichen oder deren Aufhebung nicht befunden werden.Drittens: Die Schülerbeförderungskosten in den Kreisen werden nach den gesetzlichen Regelungen zu einem Drittel vom Schulträger und zu zwei Dritteln von den Kreisen ge- tragen. Die Kostenschraube hat sich, seitdem es die gesetzliche Regelung der Schü- lerbeförderung gibt, nur nach oben entwickelt. Eine Aufhebung von Schuleinzugsbe- reichen durch Wahlfreiheit kann nach unserer Auffassung nur im Zusammenhang der Überarbeitung der Finanzierungsgrundsätze der Schülerbeförderung erfolgen.Und viertens, meine Damen und Herren, sind bei einer Schulwahlfreiheit die Fragen der Pflichtträgerschaft von Schulen und des Schullastenausgleiches zu klären. Bislang -3-gibt es bei Errichtung und Unterhaltung von Schulen Regelungen der pflichtigen Trä- gerschaft, wonach die Gemeinden die Träger der Grund-, Haupt- und Förderschulen, die zentralen Orte die Träger der Realschulen, Gesamtschulen und Gymnasien, wenn nicht aus der jüngeren Geschichte heraus die Kreise die Träger von Gymnasien sind.Unser Schullastenausgleich ist so organisiert, dass die Wohnsitzgemeinde immer für ihre Schülerinnen und Schüler an den Schulträger zahlt, dessen Schule diese besu- chen. Bei Schulwahlfreiheit kann eine Situation eintreten, durch die eine Gemeinde auf der einen Seite verpflichtet ist, eine eigene Grund oder Hauptschule vorzuhalten, aber bei einer Wahlfreiheit der Eltern zur Zahlung von Schulkostenbeiträgen an einen ande- ren Schulträger verpflichtet wird und damit doppelt belastet wäre. Die Situation würde sich an vielen Realschulstandorten unseres Landes nicht anders darstellen.Im übrigen darf ich darauf hinweisen, dass es nach den Regelungen des Paragrafen 44 unseres Schulgesetzes durchaus die Möglichkeit gibt, Anträge zu stellen im Hin- blick auf die persönliche Verbesserung der Schulverhältnisse und dass es selbstver- ständlich auch eine freie Wahlmöglichkeit gibt zum Besuch einer Schule aller Schular- ten, die ein besonderes Angebot vorhalten.Auch wenn wir im Grundsatz die Zielsetzung Ihres Antrages, die Profilbildung von Schulen durch Wettbewerb, befürworten können, so können wir derzeit einer grund- sätzlichen Aufhebung von Schuleinzugsbereichen so nicht zustimmen.Ich bitte, den Antrag in den Bildungsausschuss federführend und hinsichtlich des As- pektes des Finanzausgleiches in den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.