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23.01.03 , 14:29 Uhr
SPD

Günter Neugebauer zu TOP 17a: Solidität vor Schnelligkeit - neuer CDU-Antrag muss sorgfältig geprüft werden

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 23.01.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 17a – Dringlichkeitsantrag der CDU zum Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsaus- schuss

Günter Neugebauer:

Solidität vor Schnelligkeit – neuer CDU-Antrag muss sorgfältig ge- prüft werden
Wir beraten den heutigen Antrag der CDU-Fraktion zum Einsetzungsantrag des Zwei- ten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nur aus einem einzigen Grund. Weil die Opposition schludrig gearbeitet hat. Alles andere sind Nebelkerzen, die ge- worfen werden, um von diesem Versagen abzulenken!

Ich will noch einmal deutlich skizzieren, in welcher Situation wir uns befinden: Schles- wig-Holstein ist ein Land mit einer liberalen und modernen Verfassung. Die Rechte des Landtages werden in dieser Verfassung gründlicher und ausdrücklicher beschrieben als in den Verfassungen manch anderer Bundesländer. Zu diesen Rechten gehört auch das Recht des Landtages, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen und „Tatbestände im öffentlichen Interesse“ aufzuklären. Die Einsetzung eines solchen Ausschusses kann die Opposition sogar gegen den Willen der Regierungsfraktionen durchsetzen.

Dieses Minderheitenprivileg soll der Opposition ein „scharfes Schwert“ gegenüber der von der Mehrheit getragenen Landesregierung verleihen und ihr helfen, ihre parlamen- tarische Oppositionsrolle wahrzunehmen. Dies soll es – so heißt es im Kommentar zur Landesverfassung – Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



„... der Opposition erleichtern, ihren verfassungsmäßigen Aufgaben nachzu- kommen.“

Sie, meine Damen und Herren Kollegen von der CDU-Fraktion, sind diesen verfas- sungsmäßigen Aufgaben in keiner Weise nachgekommen. Denn die Formulierung un- bestimmter Untersuchungsaufträge ist mit Sicherheit keine „verfassungsmäßige Auf- gabe“ der Opposition!

Ihr heutiger Antrag beweist, dass Sie das jetzt endlich auch so sehen. Noch bei der Einsetzung des Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 29. April 2002 versprach der Oppositionsführer Kayenburg diesem Parlament: „Schnelligkeit und Sorgfalt stehen für uns bei jeder Aufklärung ganz oben.“ Schnell sind Sie wohl gewesen, wenn es um Unterstellungen und haltlose Verdächti- gungen gegen die Ministerpräsidentin, den Finanzminister und andere ging. Nur an Sorgfalt ließen Sie es vermissen.

Mit einem zu unbestimmten Antrag hat der Landtag auf Ihren Antrag hin den Untersu- chungsausschuss eingesetzt. Für die SPD-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Lo- thar Hay in der Plenardebatte deutlich auf die verfassungsrechtlichen Bedenken an der Unbestimmtheit dieses Antrages hingewiesen. Diese Bedenken werden vom Wissen- schaftlichen Dienst des Landtages geteilt.

Wir haben uns der Einsetzung aber nicht verschlossen, weil wir die Minderheitenrechte unserer Verfassung zugunsten der Opposition achten. Aber: Wer Rechte hat, hat auch Pflichten. Nämlich die Pflicht, einen rechtmäßigen und bestimmten Antrag vorzulegen, auf dessen Grundlage der Untersuchungsausschuss arbeiten kann.

Dies haben Sie nicht getan, und deshalb beraten wir heute Ihren sogenannten „Ergän- zungs- und Konkretisierungsantrag“. Denn wenn Sie von der Rechtmäßigkeit ihres Auftrages und dann logischerweise davon überzeugt wären, dass die Landesregierung -3-



Ihnen rechtswidrig Auskunft verweigert, dann würden Sie den Klageweg beschreiten! Dann bräuchten wir heute nicht über diesen Antrag zu beraten.

Den Gang zum Gericht scheuen Sie jedoch wie der Teufel das Weihwasser. Denn Sie befürchten zu Recht, dass das Gericht der Regierung und den Regierungsfraktionen Recht geben wird. Diese absehbare Blamage wollen Sie sich ersparen.

Ihr heute vorliegender Antrag verändert den bisherigen Untersuchungsauftrag – aus rechtlicher Sicht ist es vielleicht eine Ergänzung, vielleicht eine Konkretisierung und vielleicht sogar ein Antrag auf Einsetzung eines Dritten Parlamentarischen Untersu- chungsausschusses. Wir werden dies prüfen.

Ihr bisheriges Vorgehen lässt den Untersuchungsausschuss mit einem Scherbenhau- fen an Fragen und Problemen zurück. Wegen der Kürze nur drei Beispiele: - Wirkt sich die Rechtswidrigkeit eines Teil des Untersuchungsauftrages auf den ganzen Auftrag aus? Immerhin bezieht sich sowohl der als rechtswidrig einge- stufte „Pröhl“-Komplex wie auch der bisher unbeanstandete „SAP/debis“- Komplex auf den ehemaligen Finanzstaatssekretär Dr. Lohmann. Wäre auch dieser Teil des Untersuchungsauftrages rechtswidrig, dann muss der Zweite Parlamentarische Untersuchungsausschuss aufgelöst und ein Dritter Parlamen- tarischer Untersuchungsausschuss – diesmal unter Vorsitz des Ausschussmit- gliedes der FDP-Fraktion – eingesetzt werden.

- Inwieweit können die bisherigen Aussagen der Zeugen und Anhörungen der Betroffenen noch für den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses verwendet werden, wenn der Untersuchungsauftrag neu gefasst wird? Wird man jede an einen Zeugen gerichtete Frage auf die Vereinbarkeit mit dem „neuen“ Untersuchungsauftrag prüfen müssen? Das wäre bei mehreren hundert Seiten aus den Vernehmungsprotokollen eine Arbeit, die den Untersuchungs- ausschuss bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode beschäftigte. An eine zügige Aufklärung wäre nicht zu denken. -4-



- Inwieweit sind die Ausschussmitglieder zur Herausgabe der bisher zu ihren Händen übersandten Regierungsakten verpflichtet, wenn kein wirksamer Unter- suchungsauftrag bestanden hat? Die Frage im Spannungsfeld zwischen den Rechten des Parlaments und den Rechten der Regierung ist mit Sicherheit nicht einfach zu beantworten.

Unsere Juristen bedanken sich für eine Vielzahl neuer juristischer Fragen im Bereich des Untersuchungsausschussrechtes, die sie nun diskutieren können. Ich fürchte, das sind dann auch die einzigen, die sich bei Ihnen bedanken. Die Menschen in diesem Land haben nach neun Monaten Ausschussarbeit das Gefühl, dass die Opposition ei- ne drittklassige Unterhaltungsshow auf Kosten der Steuerzahler veranstaltet und die Abgeordneten des Landtages von der Bewältigung der wirklichen politischen Probleme abhält.

Aber: Wir wollen uns auch dem erneuten Versuch der Opposition, ihre Rechte wahr- zunehmen, nicht verschließen. Diesmal gilt aber, was schon mein Großvater mütterli- cherseits zu sagen pflegte: Solidität vor Schnelligkeit. Wir werden den vorliegenden Antrag zur weiteren Prüfung in den Innen- und Rechtsausschuss überweisen. Auf die Versicherungen der Opposition, es sei schon alles in Ordnung, können und dürfen wir uns nicht mehr verlassen!

In dieser Zeit haben Sie auch Gelegenheit, über einen Rat nachzudenken, den ich Ih- nen noch geben will: Beenden Sie zügig den Teil A. des „alten“ Untersuchungsauftra- ges, welche Form auch immer er in Ihrem neuen Antrag bekommt. Hier ist alles aufge- klärt! Außer Ihnen ist doch niemand mehr im Land an dem Komplex „Kieler Schloss / Pröhl“ interessiert. Alles, was wir noch nicht beraten haben, gehört in die Zuständigkeit derer, die dafür ausgebildet sind – nämlich der Justiz.

Hören Sie auf, Detektiv zu spielen und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Ziehen Sie insbesondere Ihren albernen Antrag auf Beiziehung von Todesermittlungsakten -5-



der Staatsanwaltschaft zurück. Pubertäres Detektivspielen – zumal am falschen Objekt – ist nicht Aufgabe von Landtagsabgeordneten! Die Menschen im Lande erwarten von uns, dass wir uns den eigentlichen Problemen und Aufgaben zuwenden!!

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