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04.04.03 , 16:23 Uhr
CDU

Ursula Sassen:Frauen- und Mädchenhandel - ein globales Problem

Nr. 164/03 04. April 2003


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PARLAMENTARISCHER GESCHÄFTSFÜHRER Heinz Maurus Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de



Justizpolitik TOP 39 Ursula Sassen: Frauen- und Mädchenhandel – ein globales Problem Zum 2. Mal beschäftigt sich der Schleswig-Holsteinische Landtag in dieser Wahlperiode auf Initiative der CDU mit der Thematik des Frauenhandels.
Wo auch immer ich drüber spreche, taucht die Frage auf: „Gibt es das bei uns?“
Ja, auch in Schleswig-Holstein gibt es Fälle von Frauenhandel und damit einhergehender Zwangsprostitution und anderer Delikte mit zunehmender Tendenz. Die Beratungsstelle „contra“ hat mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag geleistet, dieses Problem in die Öffentlichkeit zu rücken und wirksame Maßnahmen und Strategien zur Unterstützung der Betroffenen zu entwickeln.
Die Landesregierung war Mitveranstalterin der Fachtagung zur Bekämpfung des Frauen- und Mädchenhandels am 05. September 2001. Sie hat im Jahr 2002 48,4 % der Förderung für die Beratungsstelle „contra“ übernommen (den Hauptanteil von 51,6 % trägt das Nordelbische Frauenwerk). „contra“ hat einen Abschlussbericht nach Ablauf der Modellphase (März 1999 bis Dezember 2001) vorgelegt, so dass man eigentlich davon ausgehen konnte, dass die Landesregierung über die Arbeit von „contra“ hinreichend informiert ist und in regelmäßigem Kontakt steht. Dennoch wurde meine diesbezügliche Kleine Anfrage vom 22.07.2002 so unzureichend beantwortet, dass der Facharbeitskreis „Frauenhandel“, bestehend aus Mitgliedern verschiedener Beratungsstellen und der Kriminalpolizei, am 21.12.02 eine 5-seitige Stellungnahme hierzu abgegeben hat, um auf die mangelhafte Beantwortung der Kleinen Anfrage und die offensichtlich nicht mit „contra“ abgestimmten Daten hinzuweisen.
Hatte die Landesregierung in der Antwort auf meine Kleine Anfrage noch die Ansicht vertreten, dass ausreichende personelle Kapazitäten bei „contra“ für die Bewältigung der Anforderungen vorhanden sind, muss sie jetzt zugeben, dass längerfristig begleiteten Frauen im vergangen Jahr nur alle drei bis vier Wochen ein Gesprächstermin angeboten werden konnte, wodurch wertvolle Zeit verloren ging. 42 Erstberatungen mussten sogar aus Kapazitätsgründen abgesagt werden. So geht es nicht!
Das Geschäft mit den Frauen boomt. Etwa 250 € - wenn überhaupt – verdient eine Prostituierte aus Osteuropa durchschnittlich pro Monat in Deutschland. Das ist zwar ein Hungerlohn, erscheint den Mädchen zunächst einmal aber als eine große Summe. Den Löwenanteil ihres Verdienstes ziehen die Zuhälter ein, die nach Schätzung des BKA jährlich 8,5 Mio. € an die Schleuser zahlen.
All diese Fakten haben mich dazu bewogen, erneut einen Bericht der Landesregierung gemeinsam mit den Kolleginnen der anderen Fraktionen zu fordern.
Ich bin froh, dass „contra“ nach der 3-jährigen ungewissen Modellphase nun mit Hilfe des Nordelbischen Frauenwerkes seine Arbeit als Fachberatungs- und Koordinierungsstelle für Betroffene von Frauenhandel fortführen kann.
Es darf nicht geschehen, dass die Förderung der Landesregierung von der jeweiligen Haushaltslage abhängig gemacht wird. Eine solche Zitterpartie ist angesichts dieses globalen Problems, das nur durch eine europaweite Zusammenarbeit und Aufklärungskampagnen in den Herkunftsländern gelöst werden kann, nicht zu verantworten.
Wir begrüßen, dass die Landesregierung mit uns der Auffassung ist, „contra“ zukünftig institutionell zu fördern, um Kontinuität bei der Bewältigung der ständig wachsenden Aufgaben zu gewährleisten. Da aber schon jetzt die personellen Kapazitäten nicht ausreichen und weitere kostenträchtige Maßnahmen für eine erfolgreiche Arbeit erforderlich sind, stellt sich die Frage, wie die finanziellen Mittel aufgebracht werden sollen.
Heißt das Zauberwort etwa „freiwilliges bürgerschaftliches Engagement“? Sieht die Landesregierung darin einen Weg, die finanzielle Förderung zurückschrauben zu können? Ich vermisse Ausführungen darüber, wie „contra“ dazu steht. Mit der Förderung von Fortbildungsmaßnahmen allein ist es nicht getan. Hier verlässt sich die Landesregierung zu sehr auf die Kreativität und Belastbarkeit der zwei „hauptamtlich“ tätigen Sozialpädagoginnen, wohl wissend, dass diese nur mit 75 % der regulären Arbeitszeit tätig sind. Wie sollen diese, da bereits Erstberatungen ausfallen mussten, auch noch die Zeit finden, bürgerschaftlich Engagierte anzuwerben, die sie bei der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, der Akquisition von Spenden und der längerfristigen Betreuung entlasten?
In diesem Zusammenhang muss erneut über die Verwendung der gerichtlich für verfallen erklärten Gelder nachgedacht werden.
Im ersten Halbjahr 2002 sind – sicher nicht zuletzt durch die Verstärkung der Ermittler – Vermögenswerte in Höhe von 185.588 Euro zugunsten des Landes und 2.774.369 Euro zu Gunsten Geschädigter vereinnahmt worden. Die Zahlen für das zweite Halbjahr 2002 liegen noch nicht vor. Ich kann nicht nachvollziehen, dass aus diesem Titel keine Gelder an „contra“ fließen können. Im vorliegenden Bericht der Landesregierung heißt es: „Wie in anderen Bundesländern, fließen die für verfallen erklärte Gelder in den Haushalt ein. Eine Abkehr vom Haushaltsgrundsatz, wonach alle Einnahmen als Deckungsmittel für alle Ausgaben dienen sollen (Gesamtdeckungsprinzip), ist haushaltsrechtlich höchst problematisch.“ So einfach können Sie unseren Antrag vom 18.10.2001 nicht vom Tischen fegen!
Der Bericht der Landesregierung gibt zwar Aufschluss über die Ermittlungszuständigkeit im Einzelfall, lässt aber die Frage offen, ob die personelle Ausstattung der zuständigen Behörden ausreichend ist, um optimale Ermittlungsergebnisse erzielen zu können.
Bei entsprechend mehr Personal bei der Polizei und noch intensiverer Kooperation mit der Staatsanwaltschaft ließe sich die Abschöpfung von Verbrechensgewinnen sicher noch verstärken und auch der Frauen-/Menschenhandel wirkungsvoller bekämpfen.
Veränderte ausländerrechtliche Rahmenbedingungen könnten sich in Einzelfällen positiv auswirken, tragen aber nicht wirklich zur Bekämpfung des Frauen- und Mädchenhandels an der Wurzel des Übels bei.
Der Bericht lässt viele Fragen offen und wirft neue auf. Wir werden das Thema weiter begleiten.

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