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07.05.03 , 10:23 Uhr
SPD

Lothar Hay zu TOP 13a - Diätenstrukturreform

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus • Postfach 7121 • 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/07 • Fax: 0431/988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de


Kiel, 07.05.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 13 a – Diätenstrukturreform


Lothar Hay:

Die Strukturreform bleibt in den wesentlichen Punkten richtig
Die Fraktionen von SPD und CDU sind am Montag zu dem Schluss gekommen, die angestrebte Diätenstrukturreform nicht weiter zu verfolgen. Die anhaltende öffentliche Kritik und Diskussion hat gezeigt, dass es nicht gelungen ist, deutlich zu machen, dass es uns um eine Diätenstrukturreform mit vielen Bestandteilen ging und nicht um eine bloße Diätenerhöhung.

Viele Menschen haben mit Empörung und Wut reagiert, weil sie allein reflexar- tig auf den Begriff Diätenerhöhung und 45 Prozent angesprungen sind. Die meisten übrigen Punkte spielten dann schon keine Rolle mehr. Wir haben ver- sucht, durch Gespräche innerhalb und außerhalb der eigenen Partei Aufklä- rungsarbeit zu leisten. Dies hat angesichts der aufgeheizten Stimmung nicht geholfen. Wir haben offensichtlich zu spät wahrgenommen, dass sehr viele Menschen angesichts hoher Arbeitslosigkeit, zahlreicher Kürzungen auf Bun- des- und Landesebene und einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Gesamtlage nicht bereit waren, auch nur im Ansatz eine Erhöhung der Grunddiät, wie sie von der Benda-Kommission vorgeschlagen worden ist, zu akzeptieren. Da spielte es dann auch keine Rolle mehr, dass viele Abgeordnete durch die Struk- turreform nur einen geringeren Zuwachs gehabt hätten. - 2-



Die emotionale Stimmung und die Wucht der Reaktion haben wir falsch einge- schätzt. Nach diesen Erfahrungen käme heute sicher niemand mehr auf die I- dee, diesen Weg zu gehen. Eine erneute Debatte im Herbst, mit dem Ziel der Umsetzung zu Beginn der neuen Legislaturperiode, würde eine erneute Pro- testwelle auslösen, da bin ich mir sicher. Wer eine Umsetzung zu 2005 ernst- haft ins Spiel bringt, der muss dies wissen.

Erlauben Sie mir aber auch den Hinweis, dass einige Kolleginnen und Kollegen einschließlich ihrer Familien einem Druck ausgesetzt waren, der einem Spießrutenlauf durchaus ähnlich war.

Ausgangspunkt der Diätenstrukturreform war ein Verfassungsgerichtsurteil und nicht der Wunsch der Abgeordneten nach einer Diätenerhöhung. Wir haben die Vorgaben des Verfassungsgerichts ernst genommen und wollten sie nach Vor- lage des Gutachtens der Benda-Kommission als erstes Bundesland umsetzen. Wir wollten Vorreiter sein. Dies sah auch die Kommission so. Wir wollten eine völlige Systemumstellung bei der Alterssicherung, und wir wollten die Diäten auf eine Summe erhöhen, die die Kommission für angemessen hielt.

Die Frage der Angemessenheit wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Es muss doch das Ziel sein, dass im Parlament ein Querschnitt der Bevölkerung vertre- ten ist. Dies ist aber nur möglich, wenn die Höhe der Entschädigung nicht vielen die Mitarbeit aus Einkommensgründen als unakzeptabel erscheinen lässt. Und ich denke dabei nicht an hochbezahlte Spitzenmanager.

Ich bin mir schon der Tatsache bewusst, dass der Verkäuferin bei Karstadt al- lein die vorgesehene Erhöhung - verglichen mit ihrem Monatseinkommen - als unglaublich erscheinen muss, während ihr Abteilungsleiter für das heutige Ein- - 3-



kommen eines Abgeordneten kaum ins Parlament wechseln würde. Ein Lan- deshausjournalist wahrscheinlich auch nicht?

Unsere Argumentation wird auch dadurch nicht erleichtert, dass zahlreiche Me- dien die Debatte ebenfalls nur auf einen Punkt reduziert haben und vielleicht nicht gerade traurig waren, wenn es dabei blieb.

Natürlich gab es Punkte im Konzept, über die man kritisch diskutieren konnte, ja musste, aber letztlich läuft es doch auf die Frage hinaus: Was ist uns die De- mokratie, was ist uns das Parlament, was sind uns die Menschen, die dort ar- beiten, wert. Diese Frage stellt sich bei jeder Diätenerhöhung und noch mehr bei einer umfassenden Diätenstrukturreform.

„Die Abgeordneten vertreten das ganze Volk. Bei der Ausübung ihres Amtes sind sie nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden.“, so heißt es in Artikel 11 unserer Landesverfassung. Viele der Kol- leginnen und Kollegen aus meiner Fraktion hat es schon sehr getroffen, dass Kreisvorsitzende meiner Partei recht unverhohlen damit gedroht haben, diejeni- gen nicht wieder aufzustellen, die weiterhin an der Einführung der Diätenstruk- turreform zum 1. Juni dieses Jahres festhalten. Ich persönlich führe diese Reak- tion auf die aufgeladene Stimmung innerhalb meiner Partei, zahlreiche ange- drohte und vollzogene Austritte und einen immensen Druck von innen und au- ßen zurück. Aber eines ist für mich klar: Hier ist eine Grenze überschritten wor- den, die ich als Abgeordneter und als Fraktionsvorsitzender nicht akzeptieren kann. Wir haben an dieser Stelle dringenden innerparteilichen Diskussionsbe- darf. Wer Abgeordnete will, die selbstbewusst ihre Position vertreten, der darf keine Existenzängste erzeugen. - 4-



Der Auftrag zur Reform bleibt erhalten. Wir bleiben dabei, dass die Strukturre- form in den wesentlichen Punkten richtig ist. Doch wir werden dieses konkrete Vorhaben in dieser Legislaturperiode nicht mehr verfolgen.

Die SPD-Fraktion wird in den nächsten Monaten offensiv das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern über die durch die Vorschläge zur Strukturreform auf- geworfenen Fragen führen. Wir werden uns nicht wegducken.

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