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Jürgen Weber zu TOP 3: Studiengebühren lösen nicht das Problem der Langzeitstudenten
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 08.05.2003 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 3 – Entwurf eines Gesetzes über StudiengebührenJürgen Weber:Studiengebühren lösen nicht das Problem der LangzeitstudentenWir diskutieren heute zum wiederholten Mal einen FDP-Gesetzentwurf über die Ein- führung von Studiengebühren für sogenannte Langzeitstudierende. Dass wir nach der Debatte im Bildungsausschuss und dessen negativem Votum heute erneut über die- ses Thema debattieren, hat wohl seine Ursache in der Empfe hlung der Erichsen- Kommission, Studien- und Verwaltungsgebühren an den Hochschulen einzuführen.Bei genauem Hinsehen sind die Vorschläge der Kommission und der Antrag der FDP nicht deckungsgleich. Denn die Kommission schlägt öffentliche Darlehen für die Stu- dierenden vor, um die Gebühren sozialverträglich zu gestalten. Ich habe bei der Aus- sprache über den Kommissionsbericht in der letzten Plenartagung bereits gesagt, dass dies eine der wenigen Anregungen im Kommissionsbericht ist, der wir grundsätzlich in dieser Legislaturperiode nicht folgen wollen.Studiengebühren sind nicht geeignet, das Studium attraktiver zu machen. Zu den Stu- diengebühren für Langzeitstudierende haben wir im Ausschuss eine schriftliche Anhö- rung durchgeführt, deren Ergebnis sehr eindeutig war. Mit zwei Ausnahmen gab es ein klares Nein von ASten, Rektoraten und Verbänden. Es gibt keinen Grund, dieses Vo- tum zu übergehen.In der Diskussion wird vielfach auf andere Staaten verwiesen, die traditionell Studien- gebühren erheben; es wird dabei aber oft übersehen, dass es in diesen Ländern sehr Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/13 07 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-viel umfassendere Programme zur Finanzierung des Studiums und der damit verbun- denen Lebenshaltungskosten gibt.Es gehört zu den Verdiensten der rot-grünen Bundesregierung, das BAföG deutlich verbessert zu haben. Das Inkrafttreten der BAföG-Reform am 01.04.2001 ließ die Zahl der Geförderten innerhalb eines Jahres um 14 % ansteigen. Dennoch werden wir es auch in absehbarer Zeit nicht leisten können, den Lebensunterhalt der Studierenden abhängig vom Einkommen der Eltern oder gar unabhängig auf eine so gesicherte Ba- sis zu stellen, dass studienabhängige Kosten wie Fachliteratur, Laborbedarf etc. und Lebenshaltungskosten so aufgefangen werden, dass kein Studierender mehr gezwun- gen ist, studienbegleitend erwerbstätig zu sein.Denn hier sind wir beim Kernfehler derer, die Studiengebühren von der Überschreitung der Regelstudienzeit plus einigen Kulanzsemestern abhängig machen wollen: Der Zwang zur Erwerbstätigkeit, aber auch andere Lebensumstände zwingen viele junge Menschen heute, das Studium intensiv und zielgerichtet, aber eben nur in Teilzeit zu betreiben. Diese Teilzeitstudierenden sind keine – wie man früher sagte – „Bummel- studenten“, die man mit Studiengebühren zu bestrafen hätte. Der Gesetzentwurf der FDP ist nicht geeignet, das Problem der Länge der Studiendauer zu lösen, weil er die Studienbedingungen ausblendet. Und er löst das Finanzproblem der Hochschulen nicht, da er höchstens Exmatrikulationen fördert.Und schlussendlich verweise ich auf das in diesen Tagen vorgelegte Gutachten der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler Nagel und Jaich für die Max-Träger-Stiftung, die nachgewiesen haben, dass die Einführung von Studiengebühren in Ländern wie Österreich und Großbritannien zu einem starken Rückgang der Anfängerzahlen ge- führt haben. In Österreich zum Beispiel ist die Anfängerzahl seit 2001 um 15 % gesun- ken. Eine solche Entwicklung wäre für Deutschland absolut fatal. Denn bereits im Zu- sammenhang mit der Auswertung der PISA-Studie ist darauf verwiesen worden, dass wir nicht etwa eine „Überproduktion“ an Akademikern haben, sondern dass im interna- -3-tionalen Vergleich viel zu wenige Schulabsolventen ein Hochschulstudium aufnehmen und abschließen.Wir werden daher den Gesetzentwurf der FDP erneut ablehnen.