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25.09.03 , 17:43 Uhr
B 90/Grüne

Irene Fröhlich zum zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetz

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 34 – Antidiskriminierungsgesetz Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt die innenpolitische Sprecherin Telefax: 0431/988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Irene Fröhlich: Internet: www.gruene-landtag-sh.de

Nr. 257.03 / 25.09.2003

Wir wollen ein gutes, ein umfassendes und ein gerechtes Antidiskriminierungsgesetz
Wir Grüne treten für ein zivilrechtliches Antidiskriminierungsgesetz ein, das die Probleme umfassend, aber auch mit Augenmaß angeht. In einem weltoffenen und modernen Land sollte auch gesetzlich klargestellt sein, dass niemand aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Identität, des Al- ters oder einer Behinderung im Wirtschaftsleben diskriminiert werden darf.
Es geht dabei um den diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlich angebotenen Waren, Dienstleistungen und Immobilien. Wenn Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft auf dem Wohnungsmarkt benachteiligt werden, wenn ein homosexuelles Paar in der Gast- stätte nicht bedient wird, wenn Behinderte im Ferienhotel abgewiesen werden, weil be- fürchtet wird, ihr Anblick könne andere Gäste stören, dann werden elementare Rechte auf gesellschaftliche Teilhabe beschnitten.
Ebenso werden Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert, wenn sie sich nicht offen dazu bekennen - wie der regierende Bürgermeister von Berlin dies getan hat - sondern im politischen Raum die Vermutung einer homosexuellen Orientierung zu einem Erpressungspotenzial missbraucht werden kann. Dies haben wir ja gerade kürz- lich in Hamburg erleben können.
Ich mach keinen Hehl daraus, dass ich Herrn Wowereit mit seinem mutigen „coming-out“ für politisch klug halte. Aber niemand darf in eine Diskriminierungslage geraten oder ma- növriert werden, wenn er - aus welchen Grünen auch immer - einen solchen Schritt nicht oder noch nicht wagen möchte. Darum wollen wir ein Gesetz, das gesellschaftliche Verantwortung und Achtung der Privatautonomie produktiv zusammenführt.
Wir wenden uns gegen Verzerrungen in der öffentlichen Debatte. Niemand beabsichtigt beispielsweise, dem Vermieter einer Einliegerwohnung vorzuschreiben, mit welcher Per- son er einen Vertrag schließen soll. Verträge, die ein persönliches Nähe- oder Vertrau- ensverhältnis bedingen, sind anders zu behandeln als Verträge im Massengeschäft. E- benso werden bestimmte Bereiche aus rein sachlichen Gründen unberührt bleiben. Das Gesetz bedeutet nicht Privilegien für einzelne Gruppen, sondern schlicht einen Anspruch auf diskriminierungsfreie Behandlung in der Öffentlichkeit.
Die grüne Bundestagsfraktion hat Ende Mai ein öffentliches Hearing durchgeführt, an dem zahlreiche Expertinnen und Experten aus der Antidiskriminierungsarbeit teilgenom- men haben. Dadurch ist ein weiterer Beitrag zur Versachlichung der Diskussion geleistet worden.
Viele Länder in Europa haben bereits erfolgreiche Antidiskriminierungsgesetze einge- führt, die auch das Zivilrecht einschließen. In aller Regel wurde dabei ein umfassender Ansatz verwirklicht. Um neue Ausgrenzungen zu vermeiden, hat man alle relevanten Diskriminierungsgründe einbezogen. Das möchten wir auch in der Bundesrepublik Deutschland erreichen. Bleiben Gruppen, die nach aller Erfahrung häufig von Diskrimi- nierung bedroht sind, wie z.B. behinderte oder Menschen jüdischen Glaubens aus einem Antidiskriminierungsgesetz ausgeklammert, würde das so mancher geradezu als Frei- brief verstehen.
Wir wollen also die Landesregierung ermuntern, in ihren Gesprächen mit der Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass solche Ausklammerungen, auch und gerade im Hinblick auf die sexuelle Orientierung nicht stattfinden. Ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz ist dagegen ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal: Für Geschlechtergerechtigkeit sowie gegen die Herabwürdigung und Ausgrenzung von Men- schen, weil sie anders sind.
Wir wollen ein gutes, ein umfassendes und ein gerechtes Antidiskriminierungsgesetz – dies hat unbedingten Vorrang vor Schnelligkeit. Für den Bereich der arbeitsrechtlichen Umsetzung liegt meins Wissens bereits ein Dispens der EU vor. Ich bin optimistisch, dass auch für die anderen Bereiche ein Verlängerung der Umsetzungsfrist aus guten Gründen gewährt werden wird. Denn weder die Auskopplung eines einzelnen Bereiches aufgrund des Zeitdruckes noch ein halbe Lösung der Antidiskriminierungsfrage kann der grundlegenden zivilrechtlichen Problematik gerecht werden.

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