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26.09.03 , 11:19 Uhr
FDP

Veronika Kolb: Konsquenzen aus dem Urteil des EuGH sind vielen no ch nicht bewusst

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Nr. 265/2003 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Freitag, 26. September 2003 Parlamentarischer Geschäftsführer Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Sperrfrist: Redebeginn Joachim Behm , MdL Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort! Veronika Kolb, MdL
Gesundheit/Arbeitszeit



www.fdp-sh.de Veronika Kolb: Konsquenzen aus dem Urteil des EuGH sind vielen noch nicht bewusst In ihrem Redebeitrag zu TOP 15 (EuGH-Urteil, Arbeitszeiten in Krankenhäusern) sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP- Landtagsfraktion, Veronika Kolb:
„Nach der Entscheidung des EuGH vom 9.9.2003 steht nun endgültig fest: Die Ausnahmevorschriften des deutschen Arbeitszeitgesetzes und der Tarifverträge widersprechen dem Gemeinschaftsrecht. Ich gebe Ihnen deshalb Recht, Herr Kalinka, dass die bisherige Regelung, Bereitschaftsdienst als Ruhezeit zu behandeln, so lange der Arbeitnehmer keine beruflichen Aufgaben wahrnimmt, nicht mehr gilt. Auf die Umsetzung des EuGH-Urteils durch die Bundesregierung zum 1.1.2004 dürfen wir aber gespannt sein. Ich habe den Eindruck, dass uns allen noch nicht ganz bewusst ist, welche Auswirkungen diese Änderungen auf die Praxis in den Krankenhäusern, Pflegediensten, Altenheimen, Rettungsdiensten und Feuerwehren hat.
Um nur drei Gesichtspunkte aufzuzeigen: 1. Den Einrichtungen selbst, insbesondere den Krankenhäusern, drohen bei gedeckeltem Budget hohe finanzielle Zusatzbelastungen und nicht zu bekommendes Personal. Um nur einmal klarzustellen, was dies für ein einzelnes Haus bedeutet: Allein das Westküstenklinikum Heide mit derzeit 596 Betten hat bereits jetzt einen zusätzlichen Bedarf von 30 Ärzten und damit Mehrkosten von rund 2 Mio. Euro pro Jahr errechnet. Dabei ist noch nicht einmal der Mehrbedarf für das zusätzliche Pflegepersonal berücksichtigt. Wie diese Auswirkungen landesweit kostenneutral umgesetzt werden sollen, konnte deshalb bisher weder der vorgelegte Bericht noch die Bundesgesundheitsministerin schlüssig erklären.


Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 2. Aber nicht nur den Ärzten, sondern natürlich auch dem übrigen Personal in den Krankenhäusern, Altenheimen, Rettungsdiensten usw., drohen durch die notwendige Änderung der Arbeitszeit finanzielle Nachteile.
Bisher haben die betroffenen Mediziner zumindest durch die steuerlich vorteilhaften Überstundenzuschläge aus den Bereitschaftsdiensten profitiert. Diese machen mittlerweile einen erheblichen Anteil ihres Einkommens aus, zumal der Bundesangestelltentarif (BAT) keine Leistungszulagen kennt. Aus diesem Grund sind in der Vergangenheit in vielen Krankenhäusern auch neue Arbeitszeitmodelle gescheitert, weil gerade hier kein Ausgleich für die Einkommensverluste gefunden worden ist. Ich appelliere deshalb hier an die Tarifparteien durch entsprechende Hausverträge neue Regelungen zu finden, um diesem Problem zu begegnen. Ein weiterer und sehr gewichtiger Grund, warum bisher Arbeitszeitmodelle gescheitert sind, ist, dass die Arbeit in Schichten mit unterschiedlicher Arbeitsbelastung und unattraktiven Arbeitszeiten organisiert werden muss. Was bedeutet dies für das Personal? Es wird ein 3-Schicht-Betrieb eingeführt, der im schlimmsten Fall so organisiert ist, dass sich für den Arbeitnehmer nach einer 8-stündigen Unterbrechung eine weitere 8-Stunden- Schicht anschließt.
3. Zum einen freue ich mich allerdings, dass aufgrund der Arbeitszeitänderung der Anspruch festgeschrieben werden soll, künftig Patienten nicht mehr von übermüdeten Medizinern behandeln zu lassen.
Zum anderen: Was bedeutet dies jedoch für den Patienten? Er muss damit rechnen, in einem 8-Stunden-Takt von 3 verschiedenen Ärzten und entsprechend unterschiedlichem Pflegepersonal behandelt zu werden. Selbst die intelligentesten Arbeitszeitmodelle können nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade im Bereich der Krankenhausversorgung mehr Ärzte benötigt werden. Nach den Berechnungen des Marburger Bundes würden mindestens 15.000 Ärzte mehr benötigt. Die haben wir nicht.
Viele Kliniken können freie Stellen gar nicht erst besetzten, selbst wenn sie wollten. Bereits heute sind rund 4.800 Arztstellen in den Krankenhäusern vakant und schieben die Klinikärzte bundesweit rund 50 Mio. Überstunden ohne Freizeitausgleich und Bezahlung vor sich her. Alltag ist, dass Headhunter in Polen Ärzte suchen, aber auch dort sind kaum noch welche auffindbar.
Ein Blick in die skandinavischen Länder zeigt, wie schnell es dann zu sozialen Ungerechtigkeiten, Versorgungsengpässen und Patientenwartelisten kommen kann, wenn zu wenig Ärzte einen Schichtbetrieb im Krankenhaus aufrecht erhalten sollen. Denn, wenn man der Kollegin Hinrichsen gemäß Protokoll vom 13.07.2001 glauben darf, haben die Mediziner nördlich der Grenze keine Probleme damit um Punkt 16:00 Uhr das Skalpell fallen zu lassen oder den Computertomographen auszuknipsen. Und sollten dennoch Überstunden verlangt werden, dann lässt man sich diese entsprechend vergolden.
So kann der vielgerühmte Wellness- und Gesundheitsstandort Schleswig- Holstein schnell in eine Schieflage kommen, wenn uns - bei gleichzeitigem Abbau der Medizinstudienplätze - das notwendige Personal für eine vernünftige stationäre Grundversorgung fehlt.“
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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