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12.11.03 , 12:50 Uhr
CDU

Martin Kayenburg: Sparprogramm statt Gebührenerhöhung

Nr. 470/03 12. November 2003


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Medienpolitik TOP 14 Martin Kayenburg: Sparprogramm statt Gebührenerhöhung Der 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist bereits im Vorfeld unserer heutigen Plenartagung vielfältig kritisiert worden. Er weist erhebliche handwerkliche Fehler auf.
Im November liegt endlich der Gesetzentwurf des siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vor, mit dem wir uns schon im September befassen sollten (Dithmarscher Landeszeitung, 27. August 2003).
Leider können wir den Staatsvertrag nur noch abnicken, weil er bereits im August von den Ministerpräsidenten unterzeichnet wurde. Die Tatsache, dass das Parlament bei dem Zustandekommen des Staatsvertrages nicht beteiligt ist, ist schon aus grundsätzlichen Erwägungen zu kritisieren. Aber auch im Hinblick auf die Rundfunkgebühren-Diskussion halte ich dies für problematisch, denn schließlich sind es wir Politiker, die den „Schwarzen Peter“ „Gebührenerhöhung“ zugeschoben bekommen, obwohl die kostenwirksamen Beschlüsse von den Regierungen gefasst werden.
Nun soll dieser siebte Staatsvertrag vor allem den Funktionsauftrag der öffentlich- rechtlichen Rundfunkanstalten näher definieren und eine Garantie für Regionalfenster im Privat-Fernsehen regeln. Genauer, er verpflichtet die beiden größten bundesweiten Privatsender RTL und SAT1, Regionalfenster auszustrahlen.
Lassen Sie mich aber zunächst auf die Neuregelung des Funktionsauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingehen. Ich begrüße es, dass in § 11 ein erster Ansatz gemacht wurde, den Funktionsauftrag neu zu definieren. Doch bei genauerem Hinsehen muss man allerdings feststellen, dass die Definitionen zu unspezifisch sind und offenbar auf einen Vorschlag des öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückgehen, was die unspezifischen Formulierungen verständlich macht. – Wer sägt sich schon gerne selbst den Ast ab, auf dem er sitzt.
So heißt es in § 11Abs. 2 Satz 10, Drs. 15/2961: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat in seinen Angeboten und Programmen einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben.“
Was „wesentlich“ ist, wird hier aber nicht definiert. Jeder einzelne von uns wird andere Schwerpunkte finden, die er als „wesentlich“ definiert. Dementsprechend groß ist dann auch die Auswahl für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Und was sagt uns die Forderung eigentlich: „Sein Programm hat der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu dienen.“ (§ 11 Abs. 2 Satz 3)
Diese Nebeneinanderstellung der Programmforderungen kann höchstens durch ihre Reihenfolge eine Wertigkeit erahnen lassen. Ansonsten sind die Anforderungen gleichrangig und undifferenziert nebeneinander gestellt. Was kann nicht der Begriff „Unterhaltung“ beinhalten? Ich glaube, wir können uns auch vieles darunter vorstellen, was sicherlich nicht zum Hauptauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehört. Dazu sagt der Gesetzentwurf gar nichts.
Also gibt es für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch keine Einschränkungen gegenüber der bisherigen Praxis der immer weiteren Ausdehnung von seichten Unterhaltungssendungen mit wenig Informationswert. Schauen Sie sich doch nur einmal das Nachmittagsprogramm an! Interessant wäre es in diesem Kontext aufgrund der Diskussion um die Fußballrechte auch gewesen, ob Sport „Unterhaltung“, „Information“ oder „Bildung“ ist und welche Wertigkeit dem zuzuordnen ist.
Die Bestimmung schließlich: „Er hat Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten“ (§ 11 Abs. 2 Satz 4) lässt jeden Wunsch Tür und Tor offen.
Eine Definition des Begriffes „Kultur“ gibt es wiederum nicht - auch hier also eine große Spannbreite an Möglichkeiten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Die jetzt vorliegende unspezifische Form macht für die öffentlich-rechtlichen Sender fast alles möglich - wie bisher auch - und sie werden dies zu nutzen wissen. Weitere Finanzforderungen und ein finanzielles Ungleichgewicht zwischen öffentlich- rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern werden die Folge sein. Insofern wäre es wünschenswert, wenn diese unspezifischen Begriffe des § 11 baldmöglichst genau definiert würden. Das allerdings würde einen weiteren Rundfunkänderungsstaatsvertrag nach sich ziehen!
Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist nicht nur in seinen Begriffen ungenau, er hat sich auch nicht mit einer wünschenswerten Einschränkung von Werbung und vor allem der Umgehung von Webezeiteinschränkungen durch das neudeutsche „Sponsoring“ auseinandergesetzt.
Im Gegenteil hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk jetzt auch noch einen weiteren Finanzierungsweg gefunden, das Mitmachfernsehen. Die Privaten beschränken sich dabei weitgehend auf 0180-Nummern. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk schlägt aber kräftig mit den teureren 0190-Nummern zu.
Aber lassen Sie mich noch einen anderen Gedanken aufgreifen: Die Garantie für Regionalfenster im Privat-Fernsehen ist zu begrüßen, denn wir haben uns ja im 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag dafür und für eine größere Programmvielfalt eingesetzt.
Man muss den Verfassern des Gesetzentwurfes allerdings den Vorwurf machen, dass sie die technischen Möglichkeiten von DVB-T nicht hinreichend beachtet haben. Denn mit der geplanten Einführung von DVB-T, die bei uns im Norden ja ab Herbst 2004 erfolgen soll, ist dies für die Privaten kaum noch finanzierbar. Die Einführung von DVB-T am 8. November 2004 bedeutet für RTL und SAT1 den technischen Zusammenschluss der Sendegebiete Hamburg und Schleswig-Holstein. Das ist dann auch das Aus für getrennte Regionalfenster. Das heißt, es wird nur ein einziges Gemeinschaftsprogramm für Hamburg und Lübeck entsprechend der Insellösung unausweichlich folgen.
Wir müssen also aufpassen, dass wir zukünftig nicht nur noch ein reines „Metropolprogramm Hamburg“ haben, wenn die Fensterprogramme von RTL und SAT1 zusammengelegt werden. - Hier muss dafür gesorgt werden, Frau Simonis, dass Schleswig-Holstein überhaupt noch stattfindet! – Das heißt im Klartext: Die Bemühungen, eine Garantie für Regionalfenster im Privat-Fernsehen, im 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu verankern, werden durch die Entwicklungen von DVB-T ad absurdum geführt.
Doch weitere Änderungen stehen an: Demnächst werden wir noch die Änderung des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages diskutieren. Das wird viele Bürger momentan sicherlich mehr berühren, als das, was wir heute zum 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrag debattieren. Denn ob es nun zu einer Erhöhung der Rundfunkgebühren Anfang 2005 um 1,07 Euro auf 17,22 Euro monatlich kommt, wie es die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfohlen hat oder nicht, wird die Bürger im Zusammenhang mit Einsparungen, Nullrunden, Renten- und Gesundheitsreform mehr interessieren als die Festlegung von Rahmenbedingungen.
Wir sollten uns wirklich fragen, ob wir den Bürgern eine Gebührenerhöhung zumuten können. Wenn sich der Bürger und öffentliche Haushalte einschränken müssen, wenn Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich, wenn faktische Rentenkürzungen vorgenommen werden, ob dann nicht auch für öffentliche Rundfunkanstalten eine Nullrunde angemessen ist. Die öffentlich-rechtlichen Sender müssen zuerst ein Sparprogramm umsetzen, einen mittelfristigen Business-Plan erstellen und Sparpotentiale identifizieren, bevor weitere Erhöhungen zugestanden werden. Ich halte es politisch für ein falsches Zeichen, in Zeiten, in denen es dem Bürger finanziell schlecht geht, auch noch die Gebühren zu erhöhen.
Mit diesem Problem sollten wir uns bald auseinandersetzen.

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