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Detlef Matthiessen zur Entkpopplung in der Landwirtschaft
Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 32 – Entkopplung von Prämien in der Landwirt- Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel schaft Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt der agrarpolitische Sprecher Telefax: 0431/988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Detlef Matthiessen: Internet: www.gruene-landtag-sh.de Nr. 303.03 / 13.11.2003Entkopplung: Chance für mehr MarktAgrarpolitik kostet viel Geld. In Schleswig-Holstein werden jährlich zirka 300 Mio. Euro Agrargelder ausgezahlt. Diese tragen mehr als zur Hälfte zum landwirtschaftlichen Ein- kommen bei. Nahezu die Hälfte des EU-Haushaltes dient der Finanzierung der Gemein- samen Agrarpolitik (GAP). Mit dem Beitritt weiterer EU Mitgliedstaaten sind auch diese finanziell einzubeziehen.Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Agrarausschuss haben noch gut die intensiven Diskussionen um die sogenannte Agenda 2000 in Erinnerung, die in der letzten Legisla- turperiode zu führen waren. Also die Förderperiode 2000 bis 2006. Der in der Mitte solch einer Periode liegende Midterm Review hat vor dem Hintergrund der geänderten Rah- menbedingungen nicht nur zu einer üblichen Anpassung und Nachsteuerung der Förder- instrumente geführt, sondern zu einer vollkommenen Umkrempelung der bisherigen Grundsätze. Dahinter stand einerseits die EU Erweiterung und andererseits die Anpas- sung an die Bedingungen des Welthandels infolge der WTO-Verhandlungen. Mit der Ei- nigung auf neue gemeinsame Leitlinien des Rates ist als wesentliches Element die Ent- koppelung entschieden worden, das heißt die Abkehr von der bisherigen produktionsbe- zogenen Förderung der Landwirtschaft.Neben dem Ausbau der Modulation, der Reduzierung der Intervention, der Stärkung der Zweiten Säule der Agrarpolitik, ist unter den neuen Maßnahmen vor allem die sogenann- te Cross Compliance zu nennen. Wer in Zukunft Agrarförderung erhalten will, muss die Einhaltung von Vorschriften in der Betriebsführung gewährleisten.Von ursprünglich 38 Vorschriften sind jetzt immer noch 18 übergeblieben, deren Erfül- lung kontrolliert werden muss. Dieses ist auch administrativ zu gewährleisten. Daher muss in Zukunft die Verwaltung der Agrarförderung so schlank wie irgend möglich durchgeführt werden, damit wir nicht in einer Agrarbürokratie ersticken. Nun zum Thema Entkoppelung: Der Bauernverband möchte das Betriebsmodell einführen. Das bedeutet, dass die bisherigen Prämien dem Einzelbetrieb zugerechnet werden, auf die Betriebs- fläche verteilt wird und so unverändert bis zum Jahr 2012, am liebsten noch länger, ausgezahlt wird.Das bedeutet, dass die enormen Unterschiede zwischen prämienbegünstigten und prämienbe- nachteiligten Betrieben für die Ewigkeit festgeschrieben werden, obwohl die der bisherigen Prä- mienauszahlung zugrundeliegende Produktion entkoppelt wird. Diese Unterschiede liegen zwi- schen unter 100 Euro Jahresprämie pro Hektar und über 1000 Euro.Das ist zutiefst ungerecht. Der Bauernverband nimmt damit nicht die Interessen aller seiner Mit- glieder wahr, sondern vertritt nur die Interessen einer bestimmten Klientel nämlich die der bisher schon prämienbegünstigten Betriebe.Wir Grüne wollen das Regionalmodell, also gleiche Prämie für alle Bauern und Bäuerinnen. Das wären in Schleswig-Holstein zirka 380 Euro pro Hektar und Jahr. Das ist gerecht und klar. Das bedeutet gleichzeitig eine tendenzielle Stärkung von Grünlandstandorten und von extensiveren Formen der Landbewirtschaftung.Wir wollen erfolgreiches Wirtschaften in der Landwirtschaft, besseren Tierschutz, Verbesserung der Ökologie und unserer Kulturlandschaft, Arbeit im ländlichen Raum und natürlich ganz wichtig: Eine Spitzenqualität der Lebensmittel. Darauf wird unsere Agrarpolitik ausgerichtet.Die Entkoppelung wird den unmittelbaren Durchgriff der abnehmenden Hand auf die öffentlichen Transferleistungen an die Landwirtschaft wesentlich erschweren. Bisher mit den direkten pro- duktbezogenen Prämien wurde die Prämie jeweils unmittelbar in den Abnahmepreis eingerech- net. Preissenkung zugunsten der Abnehmer und zuungunsten der Landwirtschaft war die Folge.Jetzt unter dem Schirm der Entkoppelung können und sollten wir den Kampf um gerechte Preise für gute landwirtschaftliche Produkte wieder aufnehmen. Qualität hat ihren Preis, Lebensmittel dürfen nicht verschleudert werden. Die Entkoppelung ist eine neue Chance für mehr Markt und Preise, die die Wahrheit sagen.Der Übergang zu einem Regionalmodell Schleswig-Holstein muss in Zwischenschritten realisiert werden, um Härten des Systemwechsels abzufedern. In einem Kombimodell werden bisherige prämienstarke Betriebe für eine Übergangsfrist in Stufen an das Ziel eines einheitlichen Regio- nalmodells herangeführt. Umgekehrt werden bisher schlechter gestellte Betriebe aus dem Keller nach oben an die Einheitsprämie herangeführt. Da ist viel Feinschliff erforderlich. Brüche sollten vermieden werden, weil hinter den Zahlen auch immer Betriebe und Menschen stehen.Ich schlage vor, das bei sehr prämienstarken Betrieben die Besserstellung gedeckelt wird auf ei- nen Sockel von z.B. 30.000 Euro und dass zur Aufrechterhaltung dieser Besserstellung die bis- herige Beschäftigungsintensität nachzuweisen ist. Wir wollen Arbeit finanzieren und nicht das Gegenteil. Die unternehmerische Freiheit bleibt durch die Entkoppelung unberührt.Langfristiges Ziel bleibt eine Landwirtschaft, die ohne öffentliche Transferleistungen in freier Marktwirtschaft funktioniert. ***