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29.04.04 , 15:03 Uhr
CDU

Jost de Jager: Unser Ziel heißt Eigenverantwortung der Hochschulen stärken

Nr. 225/04 29. April 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Hochschulpolitik TOP 13 Jost de Jager: Unser Ziel heißt Eigenverantwortung der Hochschulen stärken Wir werden in den kommenden Wochen die Novellierung des Landeshochschulgesetzes beraten. Dann wird sich zeigen, ob die hochschulpolitischen Diskussionen der vergangenen Wochen über Elitehochschulen und Elitenbildung, über Innovationsoffensiven und über Zukunftsfähigkeit bzw. Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hochschulen im internationalen Vergleich bei dieser Landesregierung hier in Schleswig-Holstein zu einem Lerneffekt geführt haben oder nicht. An dieser HSG-Novelle wird sich zeigen, ob die plötzliche Hinwendung von SPD und ihres Bundeskanzlers zu den Hochschulen nur PR-Wert hatte oder auch Substanz. Jetzt kommt die Hochschulpolitik von den lichten Höhen der Talk-Shows zurück auf den Boden der Gesetzgebung.
Wie ist die Ausgangslage? Der Stifterverband der deutschen Wirtschaft hat schon vor zwei Jahren festgestellt, dass Schleswig-Holstein eines der restriktivsten und am stärksten verkrusteten Hochschulgesetze Deutschlands hat. Und auch die Kieler Nachrichten, die offenbar ein distanzierteres Verhältnis zu dem Stifterverband haben, schrieben in einem Kommentar am 15. April: „Wie auch immer man zu dem von führenden deutschen Unternehmen geförderten Verband stehen mag – dass im Norden Handlungsbedarf besteht, hat nicht zuletzt die Erichsen-Kommission der Landesregierung ins Stammbuch geschrieben. Die Diskussion, unter welchen gesetzlichen Rahmenbedingungen sich unsere Hochschulen im Wettbewerb stellen müssen, ist also überfällig.“
Die CDU-Fraktion bringt heute ihre eigene Hochschulgesetznovelle in den Landtag ein. Als Oppositionsfraktion hätten wir es uns leichter machen können. Wir hätten darauf warten können, bis die Landesregierung ein Gesetz einbringt, um dann hier und dort etwas kritisieren.
Wir wollen in diesem Land aber etwas gestalten. Deshalb legen wir Ihnen heute unser Paket vor, wie wir die Hochschulen in Schleswig-Holstein voranbringen wollen. Wir stellen uns der Debatte hier im Landtag und wir stellen uns der Anhörung. Unsere Vorstellungen zeigen eine Perspektive für dieses Land auf: - Wir wollen die Autonomie der Hochschulen stärken, und zwar echt stärken. Denn es ist unsere Überzeugung, dass die Hochschulen Luft zum Atmen brauchen, wenn sie sich wirklich entfalten sollen. - Wir wollen die Leitungsstrukturen stärken und in eine Balance mit der Selbstverwaltung bringen. - Und wir wollen, dass Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein mit einer landesweiten und mit einer norddeutschen Dimension betrieben wird, indem wir die Zusammenarbeit mit Hamburg in den Gesetzesrang heben.
Was hat die Landesregierung stattdessen vorgelegt? Aus der angekündigten großen Hochschulnovelle ist eine zweite kleine Gesetzesänderung geworden, die allen Mut vermissen lässt, bis auf den Mut zur Entmachtung der Gremien zu Lasten der Mitbestimmung auch der Studierenden. Ich verweise auf die Beschlüsse der Senate von CAU und FH Kiel. Der Referentenentwurf aus Ihrem Hause, Frau Erdsiek-Rave, ist schon am Ende, bevor er ins Parlament eingebracht worden ist. Ich bin gespannt, wie der Kabinettsentwurf aussehen wird.
Kernstück unserer HSG-Novelle ist die Stärkung der Autonomie und der Eigenverantwortung der Hochschulen. Wir wollen den Hochschulen die Option geben, ihre Professoren, und zwar alle Professoren inklusive der Lehrstuhlinhaber, selber zu berufen.
Derzeit ist das noch die Domäne des Bildungsministeriums. Davon will die Ministerin auch nicht lassen, denn der Referentenentwurf des Hauses sieht derzeit nur die Dienstherreneigenschaft für C 3-Professuren vor, nicht aber für die Ordinarien, die C 4-Professuren. Wieder einmal bleibt die Ministerin dabei auf halbem Wege stehen. Wo bleibt die argumentative Konsequenz: Warum C 3 aber nicht C 4? Oder geben Sie den Hochschulen die C 3-Professuren zum Spielen?
Nach 50 Jahren zum Teil sehr kleinteiliger staatlicher Regelungen der Hochschulen sind wir für das Prinzip Eigenverantwortung, denn das Prinzip Eigenverantwortung ist das Prinzip der Zukunft und das muss in allererster Linie für die Hochschulen gelten. Dazu gehört vor allem auch, dass sich die Hochschulen neben den Lehrenden auch ihre Lernenden selber aussuchen können. Aus dem Grunde wollen wir zugleich eine Neufassung des Hochschulzulassungsgesetzes in dem Rahmen, in dem es uns möglich ist. Auf Grund der Einschränkung des Hochschulrahmengesetzes können wir dies nur für die Studiengänge tun, die landesweit zulassungsbeschränkt sind. Für diese Studiengänge, wie etwa Biochemie, Jura oder Englisch sollen die Hochschulen künftig 90 % der Studienplätze nach einem eigenen Verfahren vergeben. Derzeit teilt es sich auf in 60 % Vergabe nach Zeugnisnote und 40 % Vergabe nach Wartezeit. Wir halten dieses Verfahren für zu starr und wollen es den Hochschulen selber in die Hände geben, nach welchen Kriterien sie ihre Studierenden aussuchen.
Eine Stärkung der Eigenverantwortung sieht unser Gesetzentwurf auch dadurch vor, dass wir den Hochschulen die Zuständigkeit für die Einteilung ihres Hochschuljahres übertragen wollen. Wie überreguliert der Hochschulbereich in Schleswig-Holstein ist, erkennt man daran, dass Hochschulen heute nicht mehr selber bestimmen dürfen, wann die Semesterferien beginnen.
Mit einer Experimentierklausel für die künftige Gremienstruktur der Hochschulen nehmen wir einen Vorschlag der CAU auf. Autonome Hochschulen brauchen klare Verantwortlichkeiten innerhalb der Hochschulen. Bei einer so weitgehenden Autonomie, wie wir sie vorschlagen, braucht die Politik innerhalb der Hochschulen Ansprechpartner, die auch in der Lage sind, ihre Verantwortung innerhalb der Hochschule wahrzunehmen. Aus diesem Grund wollen wir die Rektoren durch eine verlängerte Amtszeit, durch ein Vorschlagsrecht für die anderen Rektoratsmitglieder und die Einführung einer Richtlinienkompetenz stärken. Die Rektorate werden dadurch gestärkt, dass sie künftig das Berufungsrecht für Professoren erhalten. Das ist weniger als die Erichsen-Kommission vorgeschlagen hat, aber es ist das, was das Gleichgewicht in den Hochschulen ausmacht. Damit schaffen wir für die Rektoren und die Rektorate eine Basis, die es ihnen ermöglicht, Entscheidungen in der Hochschule tatsächlich umzusetzen. Ziel ist die Beschleunigung der Entscheidungsabläufe innerhalb der Hochschulen und eine Stärkung der Führungskompetenz des Rektorates. Nicht die Entmachtung akademischer Gremien.
Denn autonome Hochschulen brauchen auch innerhalb der Hochschule „checks and ballances“. Gerade starke Rektorate bedürfen innerhalb der Hochschule einer wirksamen Kontrolle. Deshalb muss man die Rektorate zwar stärken, aber die akademischen Gremien nicht gleich zur Bedeutungslosigkeit verkümmern lassen, so wie es die Landesregierung tut. Nach den Vorstellungen der Landesregierung sollen allein die Rektorate die Zielvereinbarungen mit dem Bildungsministerium abschließen dürfen. Eine Zustimmung der Senate ist nicht mehr erforderlich. Das halten wir für falsch. Der Abschluss von Zielvereinbarungen, der gerade nach der Politik der Landesregierung das zentrale Steuerungselement der Hochschulpolitik in Schleswig- Holstein werden soll, darf nicht reduziert werden auf ein Agreement zwischen Rektorat und Hochschulabteilung. Hier handelt es sich um grundsätzliche Angelegenheit nicht nur für die Hochschule, sondern auch für die Landshochschulpolitik. Eine Zustimmung der Mehrheit des Senates ist hierbei unerlässlich. Dem Entwurf der Landesregierung haftet zudem der Makel an, Zielvereinbarungen an der Hochschule vorbei abschließen zu wollen. Das machen wir nicht mit!
Checks und Ballances bedarf es auch in dem Verhältnis zwischen Hochschulen und Landespolitik. Die CDU steht für eine größtmögliche Eigenverantwortung der Hochschulen, was ihre eigenen Bereiche anbelangt und nicht bedeutet, dass es deshalb keine landesweite Hochschulpolitik mehr zu geben braucht. Bei aller Eigenverantwortung der Hochschulen gibt es immer noch eine Verantwortung des Landes. Wir wollen, dass diese Aufgabe in erheblichem Maße von einem neu zu bildenden Landeshochschulrat wahrgenommen wird. Dieser Landeshochschulrat wird den Hochschulen nicht übergestülpt, sondern er wird mit den Hochschulen zusammen besetzt und ist damit in gewisser Weise auch eine Fortsetzung der Autonomie in anderer Weise. Wir nehmen damit einen Vorschlag der Erichsen- Kommission auf, weil wir glauben, dass dieser Landeshochschulrat eine unabdingbare Funktion in der Entwicklung einer landesweiten Hochschulpolitik zu erfüllen hat.
Eine solche landesweite Hochschulpolitik wird es mit der Landesregierung aber zukünftig nicht mehr geben. Seit 1991 hat sie es nicht zustande gebracht, den im Hochschulgesetz vorgeschriebenen Landeshochschulplan fortzuschreiben. Mit der Folge, dass dieses landesweite Steuerungsinstrument jetzt ganz abgeschafft wird. So kann man seine Probleme natürlich ganz einfach lösen. Wir halten die Abschaffung des Landeshochschulplanes für falsch. Man darf Hochschulpolitik nicht reduzieren auf Zielvereinbarungen zwischen Hochschulen und Regierung, sozusagen auf die Beziehung von Finanzminister zu Hochschulstandort. Nach wie vor muss Hochschulpolitik landesweit gedacht werden, und zwar indem externer Sachverstand stärker einbezogen wird und die staatliche Regulierung reduziert wird. Die Politik in Hamburg ist uns dort in gewisser Weise ein Vorbild.
Eine landesweite Hochschulpolitik ist im Übrigen auch Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit der Hansestadt Hamburg im Hochschulbereich und das ist unser erklärtes Ziel. Zu glauben, dass die beiden kleinen Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein sich dauerhaft als jeweils eigenständige Wissenschaftsstandorte behaupten können, halte ich für eine Illusion. Sinnvoll ist es vielmehr, Ressourcen dort zu bündeln, wo sie bündelbar sind und sich gegenseitig über die Weiterentwicklung der jeweiligen Hochschulen abzustimmen.
Eine solche HSG-Novelle kann nur das novellieren was im Rahmen des Bundesrechts möglich ist. Das heißt, einige unserer Vorstellungen, wie etwa Studiengebühren oder die absolute Freiheit der Auswahl der Studierenden können wir in dieser Novelle nicht anpacken, weil es uns rahmenrechtlich nicht erlaubt ist. Im Rahmen dessen was uns erlaubt ist, wollen wir die Hochschulen in die Freiheit entlassen. Wenn eines in den Diskussionen der vergangenen Wochen deutlich geworden ist, dann das: Die Eigenverantwortung der Hochschulen ist die Voraussetzung für ihre nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit. Wir wollen, dass Schleswig-Holsteins Hochschulen wettbewerbsfähig sind. Das haben die Studierenden verdient, das haben die Lehrenden verdient und das hat das Land Schleswig-Holstein verdient und deshalb bringen wir heute unsere Novelle ein.

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