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27.05.04 , 11:21 Uhr
FDP

Christel Aschmoneit-Lücke: "Die Mär vom atomaren Endlager"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 190/2004 Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Donnerstag, 27. Mai 2004 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Christel Aschmoneit-Lücke, MdL Joachim Behm , MdL Es gilt das gesprochene Wort! Günther Hildebrand, MdL Veronika Kolb, MdL Energiepolitik/Kernenergie/Endlager
Christel Aschmoneit-Lücke: „Die Mär vom atomaren



www.fdp-sh.de Endlager“ In ihrem Beitrag zu TOP 12 (Endlager für Atommüll) sagte die energiepolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Christel Aschmoneit-Lücke:
„Die Kernkraft birgt zwei große Probleme: Erstens das Risiko unkontrollierter radioaktiver Strahlung und zweitens die unbeantwortete Frage ‚Wohin mit dem atomaren Müll?’
Das erste Problem haben wir in deutschen Kernkraftwerken sehr gut im Griff. Das zweite Problem hat noch niemand gelöst. Diese Bundesregierung wird es auch nicht schaffen.
Denn die hierfür entscheidenden Mitglieder der Bundesregierung sind gegen den einzigen Standort, von dem wir bereits wissen, dass er die bisherigen Kriterien für ein mögliches Endlager für atomaren Müll wahrscheinlich erfüllt: Gorleben. • Das eine hierfür entscheidende Mitglied der Bundesregierung ist Jürgen Trittin aus Niedersachsen, Bundesminister für Reaktorsicherheit. Er hat einen großen Teil seiner politischen Laufbahn mit dem Kampf gegen die Kernkraft und besonders gegen ein Endlager in Gorleben verbracht. Solange er am Hebel sitzt, passiert in Gorleben gar nichts—völlig unabhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen. • Das zweite, noch entscheidendere Mitglied der Bundesregierung kommt auch aus Niedersachsen und will in seinem Bundesland auch kein atomares Endlager. Schließlich hat der Bundeskanzler es schon als niedersächsischer Ministerpräsident abgelehnt.
Deshalb ist auch niemand in der Bundesregierung dagegen, dass in Gorleben bis auf weiteres nicht geforscht wird. So einfach kann Politik sein.



Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Weil die Bundesregierung aber nicht den berechtigten Eindruck verstärken möchte, sie täte nichts, griff sie auf ein bewährtes Mittel zurück: Wenn Du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis. Der hat den Auftrag, Deutschland in den nächsten Jahrzehnten nach möglichen Endlagern abzusuchen—mindestens so lange, bis Schröder und Trittin auf keinen Fall mehr verantwortlich gemacht werden, wenn das Endlager doch in Gorleben gebaut werden sollte.
So drückt man sich vor unangenehmen politischen Entscheidungen—und das beherrscht diese Bundesregierung schließlich meisterlich.
Sie sehen, beim Thema Endlager spielt die Frage der Endlagerung nicht die Hauptrolle. Politisch am wichtigsten ist es, keine unangenehmen Entscheidungen über kerntechnische Anlagen treffen zu müssen: Denn die Genehmigung solcher Anlagen ist das sicherste Mittel, bei der nächsten Wahl Stimmen zu verlieren— noch vor Subventionskürzungen oder Kürzungen im Sozialbudget.
Deshalb managt unser politisches System die Frage des Endlagers nach dem Prinzip Management by Pingpong: Das Problem wird so lange hin und her gespielt, bis es sich von selbst löst oder bis man nicht mehr an der Regierung ist.
So einfach kann Politik sein. Wäre es anders, gäbe es wahrscheinlich längst ein Endlager—wenigstens ein vorläufiges.
Beim atomaren Müll hat das System Ping-Pong nur einen Nachteil: Das Problem löst sich nicht von alleine—jedenfalls nicht in den nächsten paar zehntausend Legislaturperioden.
Unabhängig davon, ob man die Kernkraft für eine saubere, beherrschbare Energietechnik mit großen Vorteilen bezüglich der Vermeidung von Treibhausgasen hält oder ob man die Kernenergie für die gefährlichste Technik hält, die die Menschheit bis jetzt erfunden hat— am Problem des Endlagers kommt keiner vorbei. Und bis jetzt hat es auch niemand gelöst.
So forscht man in den USA zum Beispiel an einer Symbolsprache, die Archäologen in 250.000 Jahren vermutlich noch entziffern werden können—denn auch dann sollte niemand ein atomares Endlager einfach öffnen: Es wird immer noch lebensgefährlich sein. Einige Philosophen sind der Meinung, die einzige Chance, das Wissen um die Orte und die Gefährlichkeit der Endlager über lange Zeiten zu gewährleisten, sei ein Priesterorden—denn religiöse Organisationen haben in der bisherigen Kulturgeschichte der Menschheit die längste Lebensdauer. Diese Kulturgeschichte ist übrigens erst zehntausend Jahre alt, und wir brauchen nach derzeitigem Wissensstand ein Konzept für die nächsten paar hunderttausend Jahre.
Selbstverständlich kann niemand ausschließen, dass in den nächsten hundert Jahren ein einfaches und sicheres Verfahren für den Umgang mit atomarem Müll gefunden wird. Aber darauf zu hoffen, ist keine überlegene Strategie. Der ältere Moltke wusste für solche strategischen Probleme einen besseren Rat: Von den realistischen Möglichkeiten wähle die nachteiligste und bereite Dich darauf vor. Neu-deutsch heißt das worst-case Szenario.
Bezüglich des atomaren Endlagers ist das worst-case Szenario, dass den Wissenschaftlern nicht besseres einfällt, als den Müll einzuschweißen, tief zu vergraben, die Tür zuzumauern und Warnhinweise an die Tür zu nageln.
Wie viel näher bringt uns die Antwort der Landesregierung der Lösung des Problems? Gar nicht. War es denn zu erwarten? Nein.
Dafür gibt es drei Gründe: Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 • Erstens die Fragen. Zum Beispiel ‚Kennt die Landesregierung die einschlägigen Berichte—und wenn ja, was steht da drin?’ Eine Regierung, die sich diese Kenntnis nicht spätestens nach Eingang der Großen Anfrage aneignete, wäre mit dem Klammerbeutel gepudert. Und dankbarere Fragen als die Aufforderung, offizielle Berichte nachzuerzählen, kann eine Regierung noch nicht einmal von der eigenen Mehrheit verlangen—wenn sie dann auch noch von der Opposition kommen ... • Der zweite Grund, warum die Antwort der Landesregierung uns der Lösung des Problems nicht weiterbringt, ist die Zuständigkeit. Die Landesregierung ist für die Suche und die Entscheidung über ein Endlager nicht zuständig. Sie wird daher den Teufel tun, sich auf irgendetwas festzulegen, was ihr nachteilig ausgelegt werden könnte. Besonders, weil die zuständige Bundesregierung das Problem in eine jahrzehntelange politische Warteschleife geschoben hat. • Und daraus ergibt sich der dritte Grund: Es gibt keinen dringenden politischen Handlungsdruck für die Landesregierung. Die Entscheidung über ein Endlager ist in den nächsten zehn Jahren nicht zu erwarten, warum sollte sich die Landesregierung diesen Klotz zehn Monate vor einer schwierigen Landtagswahl ans Bein zu binden? Da hängt doch schon der Klotz der höchsten Arbeitslosigkeit seit 1952!
Nicht, dass ich das alles begrüßen würde. Aber ich würde auch keinen Landtagswahlkampf mit der Forderung bestreiten wollen, im eigenen Land ein atomares Endlager aufbauen zu wollen.
Und während meiner Zeit als Politikerin ist mir bis jetzt auch nur ein Fall begegnet, wo sich jemand vorstellen konnte, Atommüll möglicherweise in Schleswig-Holstein endgültig zu lagern—unter dem Wattenmehr sollte er verbuddelt werden.
Als Landesregierung würde ich mir diesen Vorschlag eines politischen Konkurrenten sehnlichst als Wahlkampfthema wünschen. Spieltheoretisch betrachtet müssten die politischen Konkurrenten der Landesregierung genau dieses Thema also tunlichst vermeiden—ob Große Anfragen dazu der richtige Weg sind, dessen bin ich mir nicht sicher.
Sei es wie es sei: Ich habe selbstverständlich auch keine Lösung für die Frage des atomaren Endlagers. Ich halte es allerdings für falsch, dass die Bundesregierung die Forschung in Gorleben eingestellt hat. Denn wenn Gorleben sich nicht als endgültiges Lager eignen sollte, so deuten die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse doch darauf hin, dass Gorleben sich als Zwischenlager für mehrere Jahrzehnte eignet—und auf jeden Fall besser als die Standort-Zwischenlager an den Kernkraftwerken. Angesichts der zu erwartenden Mindestlagerzeit des Mülls sind ein paar Jahrzehnte selbstverständlich nicht viel—aber es ist viel Zeit, um bessere Plätze und/oder technische Verfahren zu suchen und zu finden.
Vielleicht täuschen wir uns mit dem Begriff ‚Endlager’ alle selbst: Denn damit suggerieren wir uns und den Menschen, wir wollten und könnten eine unterirdische Deponie für atomaren Müll bauen, die mehrere hunderttausend Jahre dicht hält.
Das ist wahrscheinlich eine abwegige Vorstellung. Ich glaube, es ist viel wahrscheinlicher, dass es für die restliche Lagerzeit des atomaren Mülls niemals ein Endlager, sondern immer nur Zwischenlager geben wird.
Vielleicht würde diese Einsicht es ja auch uns Politikerinnen und Politikern einfacher machen, dieses Thema nicht immer nur in die nächste Legislatur zu verschieben, sondern verantwortungsvoller damit umzugehen.
Aber selbst dann werden die Niedersachsen Schröder und Trittin während ihrer Regierungszeit keine atomare Müllhalde in Niedersachsen beschließen.“
Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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