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27.05.04 , 17:40 Uhr
SPD

Klaus-Dieter Müller zu TOP 38 In regionalen Zentren für einzelne Branchen Potenzial bündeln

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 27.05.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 38 – Wirtschaftsbericht 2004

Klaus-Dieter Müller:

In regionalen Zentren für einzelne Branchen Potenzial bündeln

Wirtschaftsminister Dr. Bernd Rohwer hat einen beeindruckenden und sehr umfassen- den Bericht vorgelegt. Er macht deutlich, dass Schleswig-Holstein in vielen Bereichen richtig aufgestellt ist und sehr erfreuliche Erfolge zu verzeichnen hat, verschweigt aber nicht, wo unsere Schwächen liegen und was es zu tun gilt, um hier gegenzusteuern.

Der Bericht macht auch deutlich, dass wirtschaftliche Erfolge sehr viel mit Mobilität zu tun haben und zukünftig noch mehr zu tun haben werden. Es gilt, neue strategische Kooperationen einzugehen und unser Land als Standort für viele neue Partner, die auf der Suche sind, zu empfehlen. Gerade deshalb gilt es, unsere Schleswig- Holsteinischen Spezifika zu kultivieren und unsere unbestritten bestehenden Stärken weiter zu entwickeln.

Ich werde an dieser Stelle darauf verzichten, die Daten des Berichts im Einzelnen vor- zutragen. Dies hat Minister Rohwer bereits getan und es wird im Rahmen unserer Be- handlung im Wirtschaftsausschuss noch ausreichend Gelegenheit geben, auf Details aus dem Bericht einzugehen. Stattdessen möchte ich die mittel- und langfristigen Per- spektiven, die der Bericht aufzeigt, aufgreifen.

In den letzten eineinhalb Jahrzehnten hat sich Schleswig-Holstein von einem agrarisch geprägten Land zu einem modernen, von Dienstleistungsstrukturen geprägten entwi- Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-



ckelt. Die Landwirtschaft prägt gerade jetzt im Mai mit den blühenden Rapsfeldern zwar optisch das Bild unseres Landes, aber in Bezug auf die Bruttowertschöpfung spielt sie mit gut 2% nur noch eine geringe Rolle, wenn auch noch wesentlich mehr als im Bundesdurchschnitt (1%).

Schleswig-Holstein hatte in besonderem Maße die Folgen politischer und wirtschaftli- cher Entscheidungen zu bewältigen. Dies betrifft beispielsweise die Reduzierungen bei der Bundeswehr, bedingt durch die internationale Sicherheitspolitik oder die Struktur- veränderungen in der Werftindustrie, bedingt durch den ruinösen Wettbewerb mit der Konkurrenz aus Fernost.

Wir sollten unser besonderes Augenmerk darauf richten, wie Schleswig-Holstein es bisher geschafft hat, Alternativen zu entwickeln und sich als moderner Standort zu präsentieren. Unsere Stärken liegen in vielen Bereichen. Mit Medizintechnik, Touris- mus und maritimer Wirtschaft, mit Windenergie und Mikrosystemtechnik konnte sich Schleswig-Holstein in den letzen Jahren profilieren. Genau bei diesen Stärken sollten wir ansetzen, wenn es darum geht, die Wirtschaft weiterzuentwickeln und die Ansied- lung neuer Betriebe zu fördern.

Unsere eigenen Erfahrungen, und auch die Erfahrungen aus anderen Bundesländern und Staaten zeigen, dass Regionen, die für einzelne Branchen und Technologiefelder Vorteile von Clusterbildungen aufweisen, schneller wachsen. Die von Wirtschaftsminis- ter Dr. Rohwer vorgestellten Cluster-Modelle wollen wir umsetzen. Das ist richtige Wirtschaftspolitik, gerade in Zeiten knapper Ressourcen.

Wir wollen gezielt Schwerpunkte in einzelnen Regionen setzen und damit über das ganze Land verteilt Zentren schaffen, in denen die Wege kurz sind, in denen das Wis- sen gebündelt wird und die das Potenzial haben, die gesamte Region effizient zu ent- wickeln. Diese Cluster werden es uns leichter machen, auf Innovationsbedarf zu rea- -3-



gieren und die wissenschaftlichen Einrichtungen gezielt in die marktgerechte Qualifi- zierung einzubinden. Dafür bringen unsere Regionen bereits einiges mit.

In der Gesundheit, Medizintechnik und Biotechnik beispielsweise hat sich die Region um Lübeck besonders stark entwickelt. Sie soll auch weiterhin den Schwerpunkt in diesem Bereich bilden – mit gezielter Förderung in jeder Hinsicht und mit Ausstrahlung ins ganze Land. Die Region um Kiel ist besonders stark im Bereich der Maritimen Wirt- schaft, die Region Nordfriesland führt auf dem Windenergiesektor – um nur einige he- rauszugreifen.

Wenn es uns gelingt, unsere vorhandenen Förderinstrumente zu bündeln, auf die Re- gionen und ihre Schwerpunkte zu konzentrieren, die relevanten Strukturen einzubin- den und gezielt weitere zu schaffen, werden wir erhebliche Erfolge verzeichnen kön- nen.

Die Strukturen in Schleswig-Holstein haben sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen positiv entwickelt. Unsere Exportquote steigt erheblich. Sie steigt wesentlich stärker als im Bundesdurchschnitt, das weist darauf hin, dass wir diese strukturelle Schwäche, die wir bisher gegenüber anderen Bundesländern hatten, allmählich aus- gleichen. In diesem Bereich können wir noch viel ausbauen, hier bieten die Kooperati- onen mit anderen Ostseeanrainern gute Chancen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nochmals darauf hinweisen, dass ich es für ausgesprochen sinnvoll erachte, auch die außenwirtschaftlichen Aktivitäten zu bün- deln. Und da muss aus meiner Sicht Polen Vorrang haben – 40 Mio. Menschen, mehr als alle anderen Anrainer zusammen verzeichnen können. Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass Großbritannien immer noch der größte Handelspartner Schleswig- Holsteins ist. -4-



Mehr Mobilität unserer mittelständischen Wirtschaft ist dringend vonnöten. Die erweite- re Union ist mit Chancen auf neuen Märkten für alle verbunden. Voraussetzung aber ist Mobilität aller. Darum wünsche ich mir mehr Mittel, um unseren Betrieben besseren Zugang zu Messen und Präsentationen auf ausländischen Märkten zu ermöglichen.

Wir haben im Bundesvergleich besonders viele kleine und mittlere Unternehmen mit unter 50 Beschäftigten, in ihnen ist die Hälfte aller Schleswig-Holsteinischen Erwerbs- tätigen beschäftigt. Das hat Vorteile, aber natürlich auch Nachteile. Wir haben nur we- nige Zulieferbetriebe für die Industrie und damit leider auch vergleichsweise geringe internationale Zugänge. Die kleinen und mittleren Unternehmen sind die herausragen- de Zielgruppe unserer Wirtschaftsförderung. Die Stärkung unserer Wirtschaftsförde- rungsgesellschaft, der WSH, durch die Einbindung der Technologiekompetenz der TTZ und die Neuausrichtung der Investitionsbank sind wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mittelstandspolitik. Sie sind eine herausragende Zielgruppe unserer Wirtschaftsförderung. Der Mittelstand braucht vor allem Finanzmittel, die auf dem Fi- nanzstandort Deutschland fehlen. Da kann und wird die neue Investitionsbank wichtige Kompensation leisten.

Wir haben weit überdurchschnittlich viele Gründerinnen und Gründer in Schleswig- Holstein. Sie dabei zu unterstützen, sich am Markt zu etablieren, wird weiterhin eine der Herausforderungen unserer Wirtschaftspolitik sein. Unsere Selbständigenquote ist schon jetzt Spitze. Die vorbildliche Politik von Investitionsbank, Bürgschaftsbank und mittelständischer Beteiligungsgesellschaft tragen hier seit Jahren Früchte. Vor allem die Pflicht zur Beratung von Existenzgründern hat vielen neuen Selbständigen gehol- fen zu überleben.

Unsere Betriebe bilden aus. Als einziges Bundesland konnten wir uns 2003 über eine Zunahme bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen freuen. Das macht deutlich, dass die Betriebe in Schleswig-Holstein genau wissen, dass Ausbildung eine Investition in die eigene Zukunft ist. Es zeigt auch, dass Unternehmen in unserem -5-



Land ihren Anteil an der gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber jungen Leuten kennen und wahrnehmen. Wir brauchen keine Ausbildungsplatzabgabe in Schleswig- Holstein, wir schaffen es durch gemeinsame Anstrengungen von Politik und Wirtschaft. Hier hat Bernd Rohwer vorbildliche Arbeit geleistet.

Beim Tourismus stehen wir nach unserem Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern mit den Übernachtungen an zweiter Stelle – und bei uns bleiben die Gäste am längsten. Seit es uns gelungen ist, die Vermarktungsstrukturen beim Tourismus auf neue Beine zu stellen – die Tourismusagentur Schleswig-Holstein ist eine Erfolgsgeschichte –, geht es wieder aufwärts.

Wenn wir unsere Stärken und Schwächen bilanzieren, ergibt sich ein positives Bild – und auch eines, das zeigt, wo wir mit weiteren Veränderungen ansetzen müssen. Wir sind weit von den europäischen Zentren entfernt – das ist nicht zu ändern und wir wol- len es auch nicht anders haben. Aber gerade deshalb müssen wir die noch bestehen- den Defizite in der überregionalen Verkehrsanbindung überwinden.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass gerade für Länder mit geogra- fischen Nachteilen wie Schleswig-Holstein eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur lebenswichtig ist. Ich möchte Wirtschaftsminister Prof. Dr. Rohwer ausdrücklich für seinen erheblichen Einsatz in der Frage des Bundesverkehrswegeplans danken. Auch wenn leider die zeitlichen Perspektiven bei vielen Projekten unklar bleiben – alle wich- tigen Verkehrsvorhaben sind im Plan enthalten. Da galt es viele Widerstände anderer Bundesländer, aber auch aus dem eigenen weiteren Umfeld zu überwinden. Das ist sein Verdienst, dafür gilt ihm unser ausdrücklicher Dank.

Und wir Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sind - modern (überdurchschnittliche Internet-Nutzung, besonders bei Frauen), - zukunftsorientiert, -6-



- zufrieden (zweithöchste Zufriedenheit mit dem Wohnort bundesweit, hohe Le- bensqualität), - und risikofreudig (von 1991 bis 2003 Zunahme um 43% bei Existengründungen, Bund: nahe Null).

Bei solchen Voraussetzungen werden wir auch zukünftig erfolgreich sein!

Ich freue mich darauf, den Wirtschaftsbericht von Minister Dr. Rohwer mit Ihnen inten- siv im Wirtschaftsausschuss zu diskutieren.

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