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Caroline Schwarz: Kulturwirtschaft steckt noch in den Kinderschuhen
Nr. 331/04 18. Juni 2004 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.deKulturpolitik TOP 26 Caroline Schwarz: Kulturwirtschaft steckt noch in den KinderschuhenErst einmal möchte ich mich für den Bericht zur Entwicklung und zum Stand der Kulturwirtschaft in Schleswig-Holstein sehr herzlich bedanken.Ich hätte mir den Bericht zwar etwas umfangreicher und aussagekräftiger gewünscht, insbesondere auch angesichts der zur Verfügung stehenden Zeit, die seit der Antragsstellung im März letzten Jahres vergangen ist, aber er ist immerhin ein Anfang. Und deshalb möchte ich auch gleich vorschlagen, dass wir ihn den „1. Kulturwirtschaftsbericht für Schleswig-Holstein“ nennen, denn dass weitere folgen müssen, halte ich für zwingend notwendig.Im Frühjahr letzten Jahres, als ich für die CDU-Fraktion an dieser Stelle begründete, warum Schleswig-Holstein einen Kulturwirtschaftsbericht braucht, begann ich meine Rede mit der Feststellung, dass die Kulturwirtschaft in Schleswig-Holstein ein Schattendasein führt.Nach intensiver Lektüre des vorliegenden Berichts stelle ich nun fest, dass sie nicht nur ein Schattendasein in unserem Lande führt, sondern dass sie bei uns vor allem noch in den Kinderschuhen steckt, und zwar in Kinderschuhen kleinster Größe!Das wird auch – etwas versteckt und verschämt – im Bericht zugegeben, mit Äußerungen wie z.B. ganz am Anfang: „Immer mehr setzt sich die Überzeugung durch, dass die Kulturwirtschaft eine Zukunftsbranche ist und im Europa des 21. Jahrhunderts ein maßgebliches Potential im internationalen Wettbewerb darstellen wird .... Auch in Deutschland beginnt man, sich dieses Potentials zu vergewissern ... In Schleswig-Holstein jedoch wären Potentiale erst noch zu entwickeln“.Das ist schade, denn wenn das stimmt, was ich ebenfalls in meiner damaligen Rede sagte und dem auch im Bericht nicht widersprochen wird, ganz im Gegenteil, nämlich: „Kultur schafft Arbeit und Umsatz“, wenn das also stimmt, dann müssen wir nun langsam in die Puschen kommen, um Arbeit und Umsatz in diesem zukunftsrelevanten Bereich zu schaffen! In Sachen Arbeit und Umsatz hat sich nämlich im Berichtszeitraum 1998 bis 2002 kaum etwas getan. Die Anzahl der in der Kulturwirtschaft Beschäftigten hat sich zwar leicht nach oben bewegt, der Umsatz aber stagniert. Woran liegt das? Sicherlich an der eben zitierten Feststellung: „In Schleswig-Holstein ... wären Potentiale erst noch zu entwickeln“.Andere Länder wie Bayern, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben uns gezeigt, wie man das macht, besonders im Kulturtourismus! Wir müssen uns gerade auf diesem Gebiet beeilen, denn der Kuchen ist schon ziemlich verteilt, und wenn wir hier nicht wirklich sofort große Anstrengungen machen, dann kommen wir zu spät und werden bestraft, bestraft dadurch, dass die 4,9 Mio. kulturreisenden Deutschen, von denen der Bericht spricht, die professionell aufgemachten Kulturangebote anderer Bundesländer bevorzugen und Schleswig-Holstein weiter in seinem Dornröschenschlaf dahindämmert.Gott sei Dank gibt es ja im Handlungsfeld „Kultur und Tourismus“ schon erste Aktivitäten, die in die richtige Richtung gehen. Da allerdings von „Meilensteinen“ zu sprechen, die die Landesregierung hier gesetzt haben will, wie es auf Seite 4 steht, halte ich dann doch für ziemlich übertrieben. Wenn es so wäre, warum hinkt Schleswig-Holstein dann so hinter Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern hinterher? Die Vergleichszahlen stehen ja im Bericht.Die Einsicht, dass „im Wettbewerb der touristischen Angebote dem Kulturtourismus eine zunehmend stärkere Bedeutung zukommt“, ist vorhanden, genau so wie die Tatsache, dass „Schleswig-Holstein bislang kein typisches Kulturreiseland ist, das die Gäste bevorzugt wegen distinktiver Kulturangebote besuchen“. Dabei haben wir genug von „distinktiven Kulturangeboten“, die wir alle – hoffentlich! – kennen und die ich jetzt nicht im Einzelnen aufführen muss.Daher ist es ein hoffnungsvoller Ansatz, dass zusammen mit der Tourismusagentur und dem Landeskulturverband die „Kulturtouristische Marketinginitiative“ ins Leben gerufen wurde, um Schleswig-Holstein professionell als Kulturreiseland zu vermarkten. Dazu gehört auch und ganz besonders, dass neue Märkte erschlossen werden! Die Ministerpräsidentin reist doch genug in der Welt herum: Verkaufen Sie Schleswig-Holstein dort, wo Sie hinreisen, auch als Kulturreiseland! Z.B. China ist ein riesengroßer Zukunftsmarkt gerade für Kulturreisen! In diese Richtung zu arbeiten, ist übrigens leider nicht meine Idee, sondern der Vorschlag kommt vom Landeskulturverband.Leider wurde diese eben erwähnte „Kulturtouristische Marketinginitiative“ erst im letzten Jahr geboren, als im August das Kabinett auf Schloss Gottorf tagte und die „Kulturtouristischen Leitlinien“ verabschiedete.Spät, aber hoffentlich nicht zu spät ist man regierungsseitig zur Einsicht gekommen, dass es gilt, „dieses zur Zeit noch geringe touristische Potential ... deutlich zu stärken“. Zu dieser Einsicht sind die neuen Bundesländer Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern – wie gesagt – schon sehr viel früher gekommen!Aber große Chancen liegen auch in anderen Segmenten der Kulturwirtschaft, die schon jetzt gut dastehen und weiterhin gefördert und unterstützt zu werden verdienen. Ich möchte hier nur exemplarisch den Buch- und Literaturmarkt nennen, der für mehr Menschen Arbeit bringt als der klassische Wirtschaftsbereich der Werftindustrie. Diese Aussage im Bericht war für mich neu und außerordentlich erfreulich. Oder der Musikmarkt, mit dessen Wirtschaftskraft Schleswig-Holstein immerhin – nach den starken Musik- und Medienregionen Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg – an achter Stelle im Ländervergleich liegt. Neugierig gemacht hat mich die Schlussfolgerung im Bericht, zu der man nach einem Vergleich der Anzahl der Komponisten und Komponistinnen in unserem Land mit ihrem erzielten Umsatz kam: Es müssen in Schleswig-Holstein ein paar „Hit“-Produzenten leben, die offensichtlich sehr gut verdienen! Wo sind die?Im Bericht wird an verschiedenen Stellen mit unterschiedlichen Formulierungen auf eins ganz deutlich hingewiesen – und ich verstehe diese Hinweise fast als mahnenden Zeigefinger:Die Förderung der öffentlichen Hand ist für die Kulturwirtschaft überlebensnotwendig! Sie darf sich aus der Kulturförderung nicht immer mehr zurückziehen!So steht auf Seite 6: „Ohne die traditionell von den öffentlichen Händen finanzierte kulturelle Grundversorgung und die damit verbundene kulturelle Infrastruktur kann eine private Kulturwirtschaft nicht entstehen, denn unternehmerisches Handeln in der Kulturwirtschaft setzt eine kulturelle Sozialisation voraus, um sich auf den entsprechenden Märkten zu behaupten. Die kulturwirtschaftlichen Märkte wiederum sind ihrerseits abhängig von einer kulturellen Infrastruktur.“ Solche oder ähnliche deutlichen Hinweise finden sich an mehreren Stellen im Bericht wieder, zu Recht! Gerade in Zeiten leerer öffentlicher Kassen sollte die Erkenntnis für uns von großer Bedeutung sein, dass schon geringe Investitionen an der richtigen Stelle große wirtschaftliche Effekte erzielen können.Die Schlussfolgerung, die wir daraus ziehen müssen, ist: Ohne öffentliche Förderung keine lebendige, erfolgreiche Kulturwirtschaft, keine Arbeitsplätze und kein Umsatz in dieser zukunftsorientierten Branche! Das sollten wir bei allem, was wir im Bereich Kultur beschließen oder auch nicht beschließen, immer bedenken. Was hätte ein „Haus der Geschichte“ für Impulse in die Kulturwirtschaft hineingeben können! Wie wird Lübeck, wenn denn die Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas von Erfolg gekrönt sein wird, wirtschaftlich profitieren!Bislang hat Kultur in der öffentlichen Wahrnehmung als Wirtschaftsfaktor kaum stattgefunden, höchstens als weicher Standortfaktor, mit dem man bestenfalls zusätzlich werben kann.Dass Kulturwirtschaft aber mehr ist, sehr viel mehr, dass Kultur einen Motor für Wachstum und Beschäftigung darstellt, neben seiner Bedeutung im internationalen Standortwettbewerb der Städte und Regionen, und dass daher die öffentliche Förderung notwendiger ist denn je, das zeigt der vorliegende Bericht eindeutig auf. Ich beantrage die Überweisung in den Bildungsausschuss, mitberatend in den Wirtschaftsausschuss.