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Energiebericht: CDU als energiepolitische Geisterfahrer
Presseinformation Kiel, den 18.06.2004 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 28 Energiebericht 2004Drs. 15/3493Seit dem letzten Energiebericht der Landesregierung von 1999 kann man feststellen, dasssich im Energiebereich etwas Grundlegendes geändert hat - wir haben den Atomausstiegin Deutschland beschlossen. Und die Landesregierung macht im Bericht nicht ganz ohneStolz darauf aufmerksam, dass sie zwei Jahre nach der Reaktorkatastrophe vonTschernobyl als eine der Ersten auch den Ausstieg aus der Kernenergie gefordert undbetrieben hat. Daher halte ich es auch für legitim, wenn ich jetzt nicht ganz ohne Stolzbehaupten kann, dass sich der SSW bereits Ende der 50'er Jahre gegen die Nutzung derAtomenergie gewandt hat.Nun aber zum Bericht. Die Landesregierung hat mit ihrem Energiebericht einumfassendes Werk und eine beachtenswerte Bilanz über den Status des Energiesektors inEuropa, Deutschland und Schleswig-Holstein vorgelegt. Dafür möchte ich den Mitar-beitern des Ministeriums danken. Sie haben mit diesem Bericht ein umfangreichesNachschlagewerk für alle erarbeitet. 2Der Bericht macht deutlich, wie sehr die schleswig-holsteinische Energiepolitik von EU-und Bundes-Rahmengesetzgebungen mitbestimmt oder beeinflusst wird. Dies erstrecktsich über EU-Richtlinien zur Erneuerbaren Energie, zum Emmissionshandel, derLiberalisierung des Strommarktes bis hin zu den Rahmenbedingungen des Bundes, wiezum Beispiel dem Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz oder den atomrechtlichenVorschriften. Eine der wohl wichtigsten energierechtlichen Rahmenbedingungen ist dasErneuerbare-Energien-Gesetz. Im April 2000 ist es in Kraft getreten und hat das bis dahingeltende Stromeinspeisungsgesetz abgelöst. Und ich teile die Auffassung derLandesregierung, dass gerade das EEG der entscheidende Motor zur Steigerung desAnteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist.Damit hat das EEG auch maßgeblichen Anteil an der Erfolgsgeschichte der Windenergie inSchleswig-Holstein. Und es hat dazu beigetragen, dass bereits 2002 rund 25% des inSchleswig-Holstein verbrauchten Stroms aus der Windenergie gewonnen werdenkonnten.Nebenbei bemerkt ist dies auch einer vorausschauenden Landesplanung zu verdanken.Denn im Zeitraum 1996 bis 1998 wurde rund 1% der Landesfläche als Eignungsfläche fürWindenergie ausgewiesen. Wäre nach dem Vorbild des Kreises Nordfriesland von Seiten der Landesplanung hier nicht vorausschauend geplant worden, hätte es mit Sicherheiteinen Wildwuchs gegeben, wie wir ihn an einigen Stellen im Land haben. Erst dieplanerische Grundlage hat ermöglicht, dass die Anzahl der Windkraftanlagen von 1990 bis2003 von 100 Anlagen kontinuierlich auf 2.547 Anlagen steigen konnte, ohne dass dies zuwirklich nennenswerten Konflikten geführt hätte.Dass die Windenergie gerade für Schleswig-Holstein eine wirtschaftliche Erfolgs-geschichte ist, muss man eigentlich nicht wiederholen. Aber es gibt ja auch diejenigenunter uns, die nichts dazu gelernt haben und der Atompolitik immer noch das Wort redenund die Chancen der erneuerbaren Energien völlig ignorieren. Dem Bericht ist zuentnehmen, dass es im Jahr 2000 bundesweit etwa 33.000 Beschäftigte in der 3Windstrombranche gab - der Bundesverband für Windenergie nennt hier sogar 45.000Beschäftigte. Es gibt allein 4.000 Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein, die direkt undindirekt in der Windbranche tätig sind. Und die Steigerung der Anzahl der Windkraft-anlagen belegt, dass wir es hier mit einem wachsenden Wirtschaftszweig zu tun haben.Es gibt in Schleswig-Holstein - überwiegend an der Westküste - etwa 100 Firmen, die inder Windenergiebranche tätig sind. Wir haben in Husum zwei große WKA-Hersteller undeinen in Lübeck. Dass diese Firmen sich strategisch an Standorte an den Küsten orientierthaben, liegt unter anderem daran, dass gerade die Offshore-Windenergie einEnergiemarkt der Zukunft ist. Für Schleswig-Holstein bedeutet das, dass wir direkt vorunserer Haustür Märkte mit einem enormen Potential haben. Wir dürfen jedoch nicht dieHände nicht in den Schoss legen, es muss alles dafür getan werden, dass die hieransässigen Firmen die notwendige Unterstützung bekommen, um im Bereich derOffshore-Technik konkurrenzfähig zu bleiben. In diesem Zusammenhang wünsche ich mirauch, dass unser Bundesumweltminister endlich deutlich sagt, in welche Richtung es mitder Offshore-Windkraft gehen soll.Aber nicht allein mit der Windkraft werden wir den Atomausstieg hinbekommen. Wichtig hierbei ist der Energiemix mit Vorrang für erneuerbare Energieträger. Dass dies keineSpinnerei ist, dürfte auch den letzten Zweiflern nach der großen internationalenRenewables-Konferenz in Bonn vor wenigen Wochen klar geworden sein. Diese Konferenzüber erneuerbare Energien stellt einen großen Erfolg dar, weil man es geschafft hat, dass150 Staaten eine Abschlusserklärung unterzeichnet haben, mit dem Ziel, 1 Mrd. Menschenbis 2015 mit Energie aus Wind, Wasser und Sonne zu versorgen. Alle sind sich im klarendarüber, dass dieser Art der Energiegewinnung die Zukunft gehört.Dann klingt es wie Hohn, wenn sich die Unionsbrüder Merz, Koch und Stoiber hinstellenund den Bau neuer Atommeiler für Deutschland fordern. Hier kann ich nur feststellen,dass es sich um energiepolitische Geisterfahrer handelt, die nichts verstanden haben. Sie 4ignorieren schlichtweg, dass die Bevölkerung diese Art von Energie nicht weiter wünscht.So hat eine aktuelle Umfrage von FORSA ergeben, dass sich 79% der Bürger gegen denBau neuer Atomkraftwerke ausgesprochen haben und 51% lehnen es ab, die bestehendenAtomkraftwerke länger zu nutzen als in der Atomausstiegsverein-barung vorgesehen.Dies sind klare Ansagen an die Politik und wenn sich eine Volkspartei wie die Union diesenForderungen verschließt, ist das ein Zeugnis von Arroganz und Ignoranz dem Bürgergegenüber. Aber der Kollege Kayenburg hat ja schon angekündigt, dass sich die Union inSchleswig-Holstein nun doch mehr als Umweltpartei profilieren möchte. Dies kann siesicherlich am besten, in dem sie sich von den Atom-Gesellen aus dem Süden der Republikscharf abgrenzt.Aber auch die Behauptungen der Union, die Wirtschaft leide unter dem EEG, weil derStrompreis gestiegen sei, ist völlig falsch. Die Auswirkungen des EEG werden bundesweitauf die Stromtarife gleichmäßig verteilt. Dadurch entstehen keine Sonderlasten fürstromintensive Unternehmen. Im Gegenteil, stromintensiven Unternehmen wird durcheine Härtefallklausel und Sonderverträgen die Möglichkeiten eingeräumt, den Strom ineinem Zeitraum von sechs Jahren etwa 18,7% günstiger zu beziehen. Von einerzusätzlichen Belastung der Wirtschaft durch das EEG kann also keine Rede sein.Ebenso ist es falsch zu behaupten, dass das EEG eine Subventionsmaßnahme fürWindstrom oder Strom anderer regenerativer Energieformen ist. Mit dieser Mär hat derEuropäische Gerichtshof bereits im März 2001 aufgeräumt, in dem er entschieden hat,dass die Vergütungsregelungen des EEG nicht den Tatbestand einer staatlichenSubvention erfüllen.Und wenn im Zusammenhang mit regenerativer Energieerzeugung von Subventionengesprochen wird, dann möge man doch bedenken, über wie viele Jahrzehnte dieAtomenergie gefördert wurde und immer noch gefördert wird und zu welchem Preis dieAtomenergie ihren radioaktiven Müll entsorgt. 5Also, wenn wir regenerativen Energieformen Anschubhilfen zukommen lassen, dann nur,damit diese auf dem Markt Tritt fassen können und sich behaupten können.Ich möchte noch einmal auf die erfolgreiche Renewables-Konferenz in Bonnzurückkommen. Ich möchte hier noch einmal auf die Dimensionen und Potentialeaufmerksam machen, die mit der Abschlusserklärung verbunden sind. Es ist unbestrittenein riesiger energiepolitischer und klimapolitischer Erfolg. Und dies ist die politischeBotschaft, die von der Konferenz ausgeht.Aber darüber hinaus, beinhaltet die Abschlusserklärung natürlich auch eine enormewirtschaftliche Komponente. Wenn es darum geht 1 Mrd. Menschen bis 2015 mit Stromaus Wind, Wasser und Sonne zu versorgen, dann ist dies eine Größenordnung, die kaumüberschaubar ist.Und dann ist es mir einfach unverständlich, wenn Herr Stoiber in diesen Tagen seinenneuen veralteten Forschungsreaktor als „Leuchtturm der Innovation“ und als eine „High-Tech-Jobmaschine“ bezeichnet. Das ist Blödsinn hoch drei. Atomenergie ist dieEnergieform der Vergangenheit.Die Zukunft gehört eindeutig den erneuerbaren Energieformen. Und daher ist es wichtig,dass wir als Land Schleswig-Holstein hier nicht den Anschluss verlieren. Der Bericht machthier deutlich, dass im Bereich Forschung Lehre bei erneuerbaren Energieformen bereitseiniges an unseren Universitäten, Fachhochschulen und anderen Einrichtungen läuft.Diese Entwicklung müssen wir weiter fördern. So erhalten wir den Vorsprung, den wirderzeit auf diesem Sektor haben und grenzen uns scharf gegenüber energiepolitischenEntwicklungsländern wie Bayern und Hessen ab.