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23.09.04 , 17:11 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zum Strommarkt

Fraktion im Landtag PRESSEDIENST Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Es gilt das gesprochene Wort! Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel TOP 18 – Strommarkt braucht eindeutige Wettbewerbsregeln Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Telefax: 0431/988-1501 Dazu sagt der energiepolitische Sprecher Mobil: 0172/541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.gruene-landtag-sh.de Detlef Matthiessen: Nr. 326.04 / 23.09.2004

Energiepreise: Den Monopolisten geht’s an den Kragen
Endlich, muss man sagen, endlich wird in Deutschland der Energiemarkt reguliert. Damit wird endlich eine alte energiepolitische Forderung der Grünen umgesetzt in einer Zeit, in der die Presse überquillt von Meldungen über beabsichtigte Preiserhöhungen im Sektor Strom und im Sektor Gas, Preiserhöhungen von zehn Prozent und mehr. Es entsteht da- bei der Eindruck, als wolle die Energiewirtschaft ihre Monopolstellung vor der neuen Ge- setzgebung noch mal so richtig ausnutzen, um vollendete Tatsachen zu schaffen.
In dem Gesetzentwurf zum Energiewirtschaftsgesetz drückt sich der neue Geist schon ganz zu Anfang aus. Dort heißt es:
„Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.“
Verbraucherfreundlich, das ist ebenso neu wie notwendig.
Wenn ich von Monopolmissbrauch rede, ist das nicht Rhetorik sondern Tatsachenbe- schreibung. Die von der Kohlregierung bzw. dem damaligen FDP-Wirtschaftsminister Rexroth verantwortete Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) kam nur auf Druck der EU zustande und wurde so umgesetzt, dass das Gegenteil von mehr Markt, mehr Transparenz, mehr Verbraucherfreundlichkeit herauskam.
Hauptinstrument dabei war und ist noch immer der Missbrauch des natürlichen Mono- pols, nämlich der Höchstspannungs- und Verteilnetze. Das Zauberwort heißt „verhandel- ter Netzzugang“. Dabei wird der Zwerg zum Riesen geschickt mit der Bitte „mach mir doch etwas Platz“ und der Riese denkt selbstverständlich weiterhin „Selber essen macht fett.“
1/2 Die Liberalisierung des Strommarktes hat nicht zu freiem Wettbewerb geführt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir beobachten eine beispiellose Konzentration: Preussen Elektra und Bayernwerke sind zu e.on fusioniert. HEW, BEWAG und andere sind zu Vattenfall Europe fusioniert. Stadtwer- ke und Unternehmen aller Art der Ver- und Entsorgungswirtschaft werden systematisch von den alten großen Energieversorgern aufgekauft.
Die Gewinne steigen statt zu fallen. Dies entspricht nicht dem, was man in wettbewerblich orga- nisierten Märkten erwarten müsste. Die Gewinne in der Energiewirtschaft steigen zweistellig, RWE letztes Wirtschaftsjahr über 30 Prozent. Die Kriegskassen sind von diesen Gewinnen und den Atomrückstellungen knackvoll.
Die Preise sanken nur kurzzeitig auf der Erzeugerseite und steigen wieder bis zu den bereits er- wähnten Gelüsten, die Preise jetzt noch mal so richtig satt zu erhöhen. Vor dem Bundeskartell- amt sind Dutzende Verfahren anhängig. Das Ganze klebt der Volkswirtschaft wie Teer an den Schuhsohlen.
Das Interessante ist dabei auch, das dieses Ergebnis von der Partei zu verantworten ist, die nach eigner Einschätzung soviel von Marktwirtschaft versteht. Die FDP und ihr damaliger Wirtschafts- minister sind die Erfinder des verhandelten Netzzuganges, ein weltweit einmaliges und wie es aussieht auch letztmaliges Modell.
Hintergrund der Energiepolitik ist auch eine Verflechtung von Politik, Verwaltung und Wirtschaft wie in keinem anderen Sektor der Volkswirtschaft. Die Energiewirtschaft ist Auffangbecken für Bürgermeister, Landräte, Minister, Ministerpräsidenten, Staatssekretäre, EU-Kommissare vor al- lem der großen Volksparteien, gelegentliche FDP-Karrieren bestätigen mitunter die Regel.
Durch ständige Wiederholung von Unwahrheiten soll die Wirklichkeit zugekleistert werden. Das überhöhte Preisniveau in Deutschland hat aus der Sicht der miteinander verflochtenen Interes- senträger selbstverständlich nur mit Kraft-Wärme-Kopplung-Gesetz, Ökosteuer und Erneuerbare Energien Gesetz zu tun, aber doch nichts mit überhöhten Netznutzungsentgelten zu tun. Da kann unser Preisniveau noch so sehr über dem europäischen Vergleich liegen, da kann man noch so seriös die EEG-Kosten vorrechnen.
Der neue Gesetzentwurf der Bundesregierung ist wesentlich umfangreicher geworden. Es ist in seinen Regelungen präziser und zwingend. Lesen Sie nur einmal das Kapitel Entflechtung. Es wird nicht nur eine rechtliche Verflechtung gefordert, sondern auch eine operationelle Entflech- tung von Netzbetrieb, Erzeugung und Handel verlangt bis hin zu Regelung wie mit Informationen, also wirtschaftlich sensiblen Daten aus dem Netzbetrieb, umzugehen ist.
Wir, die Regierungskoalition in Schleswig-Holstein, streben eine Preiskontrolle ex ante an, also die Kostenanerkennung bzw. Preisgenehmigung im Vorhinein.
Es kommt wesentlich auch auf die eindeutige Definition des Netzzuganges und der Netznut- zungsentgeltbestimmungen an wie im Abschnitt 3 des Gesetzentwurfes geregelt. Der Netzzu- gang wird in einer Strom-Netzzugangsverordnung und einer Stromnetzentgeltverordnung gere- gelt. Entscheidend ist, dass Gewinne nicht mehr als Kosten ausgewiesen werden können und dürfen.
Wir brauchen die rationellste Form der Energieerzeugung und Verteilung um die ökologischste Form der Energiebereitstellung zu ermöglichen. Hohe Preise dürfen allenfalls der Abbildung bis- her nur unzulänglich erfasster externer Kosten – sprich Umwelt und Ressourcenverknappung – geschuldet sein, hohe Preise dürfen nicht länger Großkonzerne mästen.
Rot-Grün in Berlin ist auf dem richtigen Weg, aber das Bessere ist der Feind des Guten. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag. ***

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