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15.12.04 , 16:58 Uhr
SPD

Peter Eichstädt zu TOP 36: Kein reines Verbot, sondern Spielraum für Schulen

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 15.12.2004 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 36 – Schleswig-Holsteinische Schulen als rauchfreie Zonen

Peter Eichstädt:

Kein reines Verbot, sondern Spielraum für Schulen

In der Sache – oder besser im Ziel – sind wir uns einig: Rauchen an der Schule soll möglichst nicht stattfinden. Unterschiede gibt es bei den Vorstellungen, wie wir dieses Ziel erreichen. Frau Kollegin Tengler hat ja nun hier ihren Antrag erläutert. Nett fand ich übrigens, dass Sie bis heute nicht selbst über Ihren erstaunlichen Begriff „Antirau- cherpräventionskampagne“ gestolpert sind. Diese doppelte Verneinung lässt nicht ge- rade vermuten, dass Sie den Antrag mit Ihren Bildungspolitikern diskutiert haben.

Wir begrüßen ausdrücklich den Normwandel, der in den letzten Jahrzehnten insbe- sondere gegenüber dem öffentlichen Konsum von Tabak stattgefunden hat. Es ist eine zentrale Aufgabe aller, die an der Erziehung junger Menschen beteiligt sind, sie davon zu überzeugen, dass Tabakkonsum für sie selbst und für andere Menschen schädlich ist. Über rechtliche Rahmensetzungen hinaus bleibt deshalb jede Schulkonferenz und jede Schulleitung aufgefordert, sich an der Prävention von Tabakkonsum zu beteiligen.

Die Schule als rauchfreie Zone muss das Leitbild sein. Die offene Frage ist, wie wir dahin kommen. Wir unterstützen und anerkennen es daher, dass viele Schulkonferen- zen im Rahmen ihrer Eigenverantwortung Richtlinien beschlossen und umgesetzt ha- ben, die diesem Ziel dienen.

Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



Gleichzeitig ist aber auch festzustellen: Nach zwölf Jahren haben die Anti-Raucher-Programme nicht den von uns erwünsch- ten Erfolg gebracht. Der Nikotinkonsum an Schulen ist gestiegen, das Alter der mit dem Rauchen beginnenden Kinder sinkt immer weiter, wir stehen bei einem durch- schnittlichen Eintrittsalter in die Sucht von 13,6 Jahren. Wir stellen einen signifikanten Unterschied bei der Rauchfrequenz zwischen den einzelnen Schularten fest – am Gymnasium wird später und weniger geraucht als an der Hauptschule. Der Anteil der rauchenden Mädchen steigt ebenfalls. Und es kann wohl als einigermaßen gesichert angesehen werden, dass eher diejenigen Schüler an den Cannabis-Konsum geraten, die vorher schon rauchen, als Nichtraucher.

Das heißt überhaupt nicht, dass die bisherigen Maßnahmen unsinnig waren. Nein, sie waren sinnvoll und richtig, und sie werden weitergeführt und weiterentwickelt. Aber der nicht in dem Umfang eingetretene Erfolg gibt Anlass zu einer Zäsur.

Unter Berücksichtigung der Position der Schulen und der Fachleute im Bereich der Suchtprävention sollte deshalb auch geprüft werden, ob ein größerer Erfolg bei der Eindämmung des Nikotinkonsums an Schulen durch ein völliges Rauchverbot an Schulen erzielt werden kann. Das wollen wir in der 16. Wahlperiode mit den Drogen- fachleuten und den Schulen diskutieren. Und wir sollten bis dahin sehr genau beo- bachten, was in den Ländern geschieht, die diesen Weg schon gehen. Dazu gehören Niedersachsen und Hamburg, Bayern, aber auch Berlin, dort übrigens mit starker Un- terstützung der Grünen, was zeigt, dass dies Thema für die parteipolitische Brille ei- gentlich gar nicht so gut taugt. -3-



Ich betone: Niemand bei uns will ein reines Verbot. Denn es gilt noch immer, dass stumpfe Verbote wenig geeignet sind, Pädagogik zu ersetzen. Erfolge, das wissen wir, werden dann eher erzielt, wenn alle, (Eltern, Lehrkräfte und Schüler) am Entschei- dungsfindungsprozess beteiligt sind. Aber es ist zu überlegen, ob die Schulen die indi- viduell entwickelten Programme und Bemühungen nicht besser und mit mehr Rücken- deckung durchführen können, wenn wir das Prinzip auf den Kopf stellen: Präventions- programme auf der Basis eines generellen und auch medizinisch begründeten Verbo- tes, das aber den Schulen individuell Spielraum gibt, damit umzugehen. So könnten per Erlass rauchfreie Schulen geschaffen, den Schulen jedoch die Regelungen von Ausnahmen eingeräumt werden.

Dieses Verfahren erscheint in der politischen und psychologischen Auswirkung besser, da es eine klare Willensbekundung der Regierung beinhaltet und die Nichtraucheriniti- ativen vor Ort unterstützt. Damit würde eine Paradigmenwechsel hin zum Nichtrau- cherschutz eingeleitet werden. Das Nichtrauchen würde im Sinne von vorbildlichem Handeln Orientierung für Jugendliche und Lehrkräfte sein, nicht das Rauchen.

Ein weiterer Beitrag liegt aber im außerschulischen Bereich. Ich halte es für durchaus zumutbar für die erwachsenen Raucher, zu einer Konzessionierung von Tabakverkauf zu kommen, die Zigarettenautomaten abzuschaffen, um die völlig problemlose Verfüg- barkeit von Tabakwaren einzuschränken. Und ich persönlich teile das Bedauern des Finanzministers auch nicht, wenn durch höhere Tabakpreise nicht die Steuereinnah- men steigen, sondern der Tabakkonsum zurückgeht. Auch die kaum beschränkte Werbung für Tabakprodukte, die besonders Jugendlichen vermittelt, man müsse beim Rauchen dabei sein, um im Leben dabei zu sein, ist kritisch zu hinterfragen.

Es gibt Diskussionsbedarf, da die bisherigen Maßnahmen, das Rauchen an den Schu- len deutlich einzuschränken, nicht den gewünschten Erfolg hatten. Dabei schließen wir ein generelles Verbot von Rauchen an Schulen nicht aus, wenn es durch geeignete -4-



Maßnahmen begleitet wird und den Schulen die Möglichkeit eröffnet, damit flexibel gestaltend umzugehen. Den Antrag werden wir in den Sozialausschuss und den Bildungsausschuss überwei- sen.

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