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17.12.04 , 15:46 Uhr
SSW

Der Vorschlag für eine neue EU-Dienstleistungsrichtlinie bedroht regionale Arbeitsplätze

Presseinformation
Kiel, den 17.12.2004 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 35 Ablehnung der EU-Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt Drs. 15/3844


Der Vorschlag für eine Richtlinie der EU über die Dienstleistungen im Binnenmarkt zeigt wieder einmal, wie sehr europäische Regelungen unser Leben verändern könn- ten. Wird die Richtlinie, so wie sie derzeit vorliegt, beschlossen, wird dies schwerwie- gende Folgen für unsere kleineren und mittleren Unternehmen, die im Dienstleistungs- sektor tätig sind, haben und auch viele Arbeitsplätze in Gefahr bringen für die mit diesen verbundenen Unternehmen. Diese Richtlinie fällt aber nicht vom Himmel oder ist fremdbestimmt, sondern sie scheint der politische Wille der EU-Kommission und von einigen nationalen Regierungen zu sein, über die Anfang 2005 sowohl das EU- Parlament zu beraten als auch die Konferenz der Wirtschaftsminister zu entscheiden hat. Während sich in Dänemark, den Niederlanden oder auch anderen EU-Ländern schon Widerstand regt, sagt der Bundeskanzler, er wolle noch kritisch überlegen und sein Wirtschaftsminister preist die Richtlinie als Schritt zu einer liberalen Wirtschafts- ordnung innerhalb der EU, die den Wettbewerb stärke.

Worum geht es bei dieser Richtlinie? Einerseits geht es um viele Einzelpunkte, die jeder für sich die wirtschaftliche Entwicklung unserer Unternehmen beeinträchtigen kann. Hierzu hat der Bundesrat aber auch schon eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Anderseits spielen aber vor allem zwei Punkte eine wichtige Rolle. Am 2

bedenklichsten ist die beabsichtigte Einführung des so genannten „Herkunftslandprin- zips“ bei Dienstleistungen im Ausland. Das heißt, dass ausländische Arbeitnehmer, die hier bei uns im Baugewerbe, in der Gesundheitsversorgung oder auch zum Beispiel in den sozialen Diensten für ihre ausländischen Firmen Aufträge ausführen, nach den Bedingungen ihres Heimatlandes tätig werden dürfen. Es gelten somit die Tarifbedin- gungen und die Arbeitsbedingungen des jeweiligen Heimatlandes des Arbeitnehmers und nicht die, die hierzulande üblich sind. Und weiter soll dieses durch die Behörden des Herkunftslandes kontrolliert werden. Im Klartext bedeutet dies, dass auf hiesigen Baustellen die Tarife und Bedingungen aus Polen oder Tschechien oder ab 2007 möglicherweise aus Rumänien gelten sollen. Unter diesen Bedingungen hat ein hiesi- ger Arbeitnehmer dann keine Chance mehr und ein Unternehmen kann sich dann oft nur noch retten, in dem es seinen Sitz ins Ausland verlegt und dann seine Beschäftig- ten zu den dortigen Bedingungen anstellt. Uns droht somit ein gigantischer Sozialab- bau, anstatt den Menschen in den neuen EU-Ländern die Chance zu geben, unsere Standards irgendwann erreichen zu können.

Wir haben diese Thematik schon einmal diskutiert, als wir seinerzeit das Tariftreuege- setz beraten haben. Damals bekamen wir sowohl von den Handwerksverbänden, anderen Branchenverbänden und auch den Gewerkschaften Unterstützung für unser Tariftreuegesetz. Genau die gleichen Gruppen unterstützen uns nun wieder. Es ist also keine Frage der Ideologie oder der Seite auf der man steht, ob man diese Richtlinie ablehnt, sondern nur die des gesunden Menschenverstandes.

Der zweite große Knackpunkt ist die Tatsache, dass die Richtlinie vorschreibt, dass alle rechtlichen Regelungen, die in den einzelnen Nationalstaaten erlassen werden, unter dem Vorbehalt der Genehmigung der EU stehen sollen. Sollte dies so beschlos- sen werden, würde sich ein Bürokratismus in der Rechtssetzung zwischen Ländern, Bund und EU ergeben, der ungeahnte Ausmaße erreichen würde. Außerdem stellt sich dann irgendwann auch die Frage, was man mit Bundesländern und Nationalstaaten noch will, wenn die letztendliche Entscheidungskompetenz ohnehin nur noch bei der EU liegt. Mit einer solchen Regelung würde man das bewährte Prinzip aufgeben, nur die Rahmenbedingungen auf EU-Ebene vorzugeben und tiefere Regelungen den einzelnen Staaten zu überlassen. Wir wollen aber bei dem bisherigen bewährten Prin- zip bleiben. 3



Auch wir wollen Wettbewerb innerhalb der EU. Wir wollen aber dass der Wettbewerb auf gleicher Augenhöhe unter den jeweils national gültigen Bedingungen stattfindet. Lohndumping und Sozialabbau lehnen wir ab. Die Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes macht nur Sinn, wenn man versucht, gemeinsam ein höheres Niveau zu erreichen. Wir brauchen ein soziales Europa. Nur dann kann man die Menschen für die Europäische Idee begeistern. Der IG-Bau Chef Wiesehügel hat die EU- Dienstleistungsrichtlinie wie folgt charakterisiert: Der Ansatz der Richtlinie führe nicht zu besseren, sondern zu schlechteren Verhältnissen. Deshalb ist sie im Kern antieuro- päisch und führt zu mehr Europafeindlichkeit. Und genau das können wir uns nicht leisten.

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