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Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus: Antisemitismus und Rassismus politisch bekämpfen
15/2005 Kiel, 27. Januar 2005 Sperrfrist: 27. Jan., 18:30 Uhr, Redebeginn Es gilt das gesprochene WortZum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus: Antisemitismus und Rassismus politisch bekämpfenKiel (SHL) – Vor 250 Gästen, die zu einer Lesung der israelischen Auto- rin Lea Fleischmann aus Anlass des Gedenktages für die Opfer des Na- tionalsozialismus ins Landeshaus gekommen waren, sagte Landtags- präsident Heinz-Werner Arens heute unter anderem:„Der vor neun Jahren eingeführte Gedenktag für die Opfer des Nationalsozia- lismus ist heute in vielen Städten und Gemeinden in unserem Land Anlass, sich der Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Nazi-Zeit zu erin- nern. Erstmals wird der Opfer nicht nur regional und national gedacht, sondern auch bei den Vereinten Nationen hat eine Gedenkfeier stattgefunden. Mit wachsendem zeitlichem Abstand zu den barbarischen Verbrechen wird es of- fenbar etwas leichter, sich mit der Erinnerung daran auch der Verantwortung zu stellen. Es ist zweifellos eine Aufgabe der Völkergemeinschaft insgesamt, dass solche Verbrechen sich niemals wiederholen dürfen.Kann man heute von Normalisierung sprechen? Ich glaube, das ist noch immer verfrüht. Die letzte Umfrage des Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer aus dem Dezember gibt keinen Anlass zur Beruhigung. Antisemitismus und Ras- sismus finden hierzulande immer wieder einen guten Nährboden. Schwierige Umbruchsituationen auf dem Arbeitsmarkt und im Sozialwesen werden von Rechtsextremen ausgenutzt, um Stimmung gegen Minderheiten und Ausländer zu machen. Wir erleben das gerade im Landtagswahlkampf mit der NPD. Allzu leicht kann in Krisenzeiten an die historisch tradierten Vorurteilsmuster ange- knüpft werden.Eines ist gewiss: Normalisierung gibt es nur in dem Maße, in dem wir alle dazu beitragen. Das heißt auch, dass es gelingen muss, rechtsextreme Parteien und ihr Gedankengut auszugrenzen und an den Rand der politischen Arena zu drängen. In den Parlamenten haben sie nichts zu suchen. 2Dem Autor Richard Herzinger ist eindeutig zuzustimmen, wenn er betont: ‚Der Kampf gegen Antisemitismus ist keine Spezialaufgabe für Juden. Antisemitis- mus bedroht die gesamte demokratische Zivilisation im Kern.’Gerade in Schleswig-Holstein tut sich in letzter Zeit Entscheidendes, damit die – inzwischen über 2.000 – Menschen jüdischen Glaubens wieder ihren fes- ten Platz in der Gesellschaft und Kultur unseres Landes haben. Der neue Staatsvertrag mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden und der Jü- dischen Gemeinschaft wurde gerade in dieser Woche unterschrieben. Damit ist die Etablierung jüdischen Lebens in unserem Lande ein gutes Stück vorange- kommen. Das Beispiel der Gemeinde in Bad Segeberg zeigt, dass man Integ- rationsprobleme, die völlig normal sind, mit persönlichem Engagement meis- tern kann. Integration ist ja keine einseitige Angelegenheit derjenigen, die in- tegriert werden wollen und sollen. Auch wir müssen einen Schritt auf die Men- schen zugehen und ihre Integrationsbemühungen unterstützen. Bad Segeberg zeigt, dass es geht!Wir werden uns heute auch mit unserem Verhältnis zu Israel befassen. Die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel bestehen seit Mai 1965, also nun fast 40 Jahre. Das ist aber nur die förmliche Ebene zwi- schen beiden Staaten. Es besagt noch nicht viel über das Israel-Bild der Deut- schen und umgekehrt. Botschafter Shimon Stein hat sich kürzlich skeptisch über den Grad der Normalisierung der deutsch-israelischen Beziehungen ge- äußert. Ich gebe ihm Recht, wenn er betont, dass der zivilisatorische Bruch der Schoa Teil der Identität unserer beiden Länder sei.Stein beklagt auch Defizite bei der Darstellung Israels in der deutschen Öffent- lichkeit. Wir wollen heute Abend ein Stück dazu beitragen, dieses Defizit zu verringern.Schließen möchte ich mit den Worten Thomas Manns, die er am 10. Mai 1945 über die BBC an die deutschen Hörer richtete: ‚Möge die Niederholung der Parteifahne, die aller Welt ein Ekel und Schrecken war, auch die innere Absa- ge bedeuten an den Größenwahn, die Überheblichkeit über andere Völker, den provinziellen und weltfremden Dünkel, dessen krassester, unleidlichster Aus- druck der Nationalsozialismus war.’“