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27.01.05 , 18:00 Uhr
SPD

Klaus-Peter Puls zu TOP 14: Verfassungsrang für Minderheiten

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 27.01.2005 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 14 – Gesetz zur Änderung der Verfassung

Klaus-Peter Puls:

Verfassungsrang für Minderheiten!

Ziel des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfs der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es, bestimmte schützenswerte Gruppen in unserer Gesellschaft ausdrücklich unter den Schutz unserer Landesverfassung zu stellen und endlich auch für Schleswig-Holstein ein Landesverfassungsgericht einzurichten:

Schleswig-Holstein ist das einzige Bundesland, dessen Verfassungsrechtsstreitigkei- ten nicht im Lande selbst, sondern beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ver- handelt und entschieden werden. Von einem Landesverfassungsgericht könnten schleswig-holsteinische Verfassungsfragen ortsnäher, sachnäher und zeitnäher geklärt und beantwortet werden.

In der Anhörung zu unserem Gesetzentwurf ist dieses Begehren von fachkundiger Sei- te, insbesondere der Christian-Albrechts-Universität und der Neuen Richtervereini- gung, „nachhaltig“ unterstützt worden. Für Professor Albert von Mutius – ich zitiere – „lässt es die erhebliche Überbelastung des Bundesverfassungsgerichtes (sogar) nach- gerade als abwegig erscheinen, dieses (Gericht) nach wie vor als einziges Bundesland im Wege der Organleihe … in Anspruch zu nehmen“. Die NRV entkräftet die vom Schleswig-Holsteinischen Richterverband und vom Landesrechnungshof ins Feld ge- führten vornehmlich finanziellen Bedenken, wie wir finden überzeugend: Auch wir sind
Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-



der Meinung, dass die relativ geringen Kosten von jährlich lediglich etwa 50.000 Euro angesichts der generell „demokratie- und rechtsstaatsfördernden Wirkungen“ einer landeseigenen Verfassungsgerichtsbarkeit nicht überbewertet werden dürfen.

Die Aufnahme weiterer Staatsziele zum Schutz bestimmter gesellschaftlicher Gruppen ist von allen an der Fachausschuss-Anhörung beteiligten Institutionen und Vereinigun- gen begrüßt worden. Ich will im Einzelnen kurz darauf eingehen:

1. Der Schutz und die Förderung der Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit hätte als Staatsziel schon längst in die Landesverfassung gehört: Die Minderhei- tenbeauftragte der Ministerpräsidentin hat uns zutreffend darauf hingewiesen, dass es in Erfüllung des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationa- ler Minderheiten aus dem Jahre 1995 so gar rechtlich geboten ist, dass die Minder- heit der deutschen Sinti und Roma den gleichen verfassungsrechtlichen Status er- hält, den heute schon die nationale dänische Minderheit und die friesische Volks- gruppe haben. Für uns wäre das auch ein Beitrag gegen Ausgrenzung und für In- tegration. Die Forderung ist in der Anhörung nicht nur vom Verband deutscher Sinti und Roma selbst, sondern auch vom Sydslesvigsk Forening und vom Friesenrat unterstützt worden.

2. Die Anhörung hat uns auch bestärkt, bei unserer Forderung zu bleiben, ein allge- meines Diskriminierungsverbot in der Landesverfassung zu verankern. Das dies- bezüglich von uns vorgesehene Staatsziel zum „Schutz sozialer Minderheiten“ wird insbesondere von der LAG der freien Wohlfahrtsverbände Schleswig-Holstein und vom Landesverband der Lebenshilfe begrüßt: Wir wollen alle drei Säulen unserer Staatsgewalt verfassungsrechtlich verpflichten, Sorge dafür zu tragen, dass nie- mand wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörig- keit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen , weltanschauli- chen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Iden- -3-



tität bevorzugt oder benachteiligt wird. Und wir wollen, darüber hinaus Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftige Menschen unter den besonderen Schutz der Landesverfassung stellen: • Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen hat in der Anhörung die besondere Schutzwürdigkeit der Menschen mit Behinderung nachdrücklich unterstrichen. • Und hinsichtlich der pflegebedürftigen Menschen hat schon die starke Beteili- gung der Bevölkerung an der „Volksinitiative für eine menschenwürdige Pflege“ im Jahr 2001 uns deutlich gemacht, dass es eines stärkeren Schutzes durch den Staat bedarf. AWO und Sozialverband haben damals für die von ihnen or- ganisierte Volksinitiative über 50.000 Unterschriften als Unterstützung erhalten.

Auch in der aktuellen Anhörung zu unserem Gesetzentwurf wird eine Staatszielbe- stimmung zum Schutz der Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen insbe- sondere von AWO und Sozialverband wieder nachdrücklich eingefordert.

Und auch der Opposition wird nicht entgangen sein, dass beide Verbände noch ges- tern öffentlich an die Abgeordneten aller Fraktionen des Landtages appelliert haben, der von uns beantragten Verfassungsergänzung zuzustimmen. Wollen Sie sich wirk- lich erst durch eine erneute Volksinitiative und einen mit Sicherheit daran anschließen- den erfolgreichen Volksentscheid dazu zwingen lassen, die Pflege als gesamtgesell- schaftliche Aufgabe und für uns alle verbindliches Staatsziel zu respektieren?

3. Auch den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendlichen wollen wir in die Landesverfassung aufnehmen.

Diese Forderung wird insbesondere vom Landesjugendring unterstützt, und der Deutsche Kinderschutzbund weist zu Recht darauf hin, dass es hierfür schon seit 1992 so gar eine völkerrechtliche Verpflichtung gibt: Die Grundsätze der damals -4-



von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Konvention der Vereinten Nationen über den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendlichen haben sich bis heute nicht in der schleswig-holsteinischen Landesverfassung nieder ge- schlagen. Auch dazu ist heute die Gelegenheit gegeben.

Die FDP-Fraktion hat sich in den Beratungen allen unseren Vorschlägen angeschlos- sen. Mit der FDP-Fraktion haben wir zusätzlich für den Tierschutz eine Formulierung erarbeitet. Weil wir für jede Verfassungsänderung aber eine Zweidrittel-Mehrheit des Parlaments benötigen, hoffen wir, dass im Interesse der zuvor genannten gesellschaft- lichen Gruppen auch die CDU-Fraktion unserem Antrag zustimmt. Das wäre für die Öf- fentlichkeit, die uns häufig nur streitend erlebt, ein – wie ich finde – auch in Wahl- kampfzeiten durchaus angemessenes partei- und gesellschaftspolitisches Signal.

Ich beantrage namentliche Abstimmung.

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