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27.05.05 , 12:03 Uhr
SPD

Anette Langner zu TOP 23: Ein sinnvolles Maß an Regulierung schützt vor Diskriminierung

Sozialdemokratischer Informationsbrief

Kiel, 27.05.2005 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 23 – Antidiskriminierungsgesetz

Anette Langner:
Ein sinnvolles Maß an Regulierung schützt vor Diskriminierung

Auf Grundlage des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft hat die EU mehrere Richtlinien zur Antidiskriminierung erlassen. Die Bundesrepublik Deutschland muss insgesamt vier EU-Richtlinien in nationales Recht umsetzen, die sich mit der Ver- wirklichung des Gleichstellungsgrundsatzes befassen.

Wir alle kennen Fälle vielfältiger Diskriminierungen, die in unserer Gesellschaft immer noch an der Tagesordnung sind: Besonders betroffen machen die Beispiele behinderter Menschen, die auf Grund ihrer Behinderungen an dem Besuch eines Restaurants, Schwimmbades oder anderer öffentlicher Einrichtungen gehindert werden, weil ihr Anblick angeblich andere Gäste stört. Diese Menschen brauchen unsere uneingeschränkte Unter- stützung, um ihnen eine barrierefreie Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Le- ben zu ermöglichen. Und Barrierefreiheit bedeutet hier nicht Rampen und Fahrstühle, son- dern bedeutet, Barrieren in gesetzlichen Rahmenbedingungen und vor allem in den Köp- fen und dem Handeln von Mitmenschen abzubauen.

Auf einen weiteren Aspekt von Diskriminierung will ich hinweisen, der in den letzten Jahren wesentlich zugenommen hat, nämlich die Diskriminierung von älteren Menschen am Ar- beitmarkt. So sehr die sogenannte silver-age-Generation als zahlungskräftige Zielgruppe in der Werbung für Waren und Dienstleistungen und vor allem im Tourismus in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt ist, erleben wir, dass Menschen auf Grund ihres Alters zu- Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



nehmend vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden. Hier bedarf es nicht nur eines Bewusst- seinswandels, indem wir die Lebens- und Berufserfahrung von älteren Menschen wieder als wertvolle Qualifikation einschätzen, sondern hier bedarf es auch gesetzlicher Regelun- gen.

Diese Beispiele machen deutlich, dass es keine Alternative zu einem Antidiskriminierungs- gesetz gibt, das auch diese Diskriminierungstatbestände berücksichtigt.

Für das Arbeitsrecht schreibt die EU vor, alle Merkmale, die eine Diskriminierung auslösen können, in den gesetzlichen Antidiskriminierungsschutz einzubeziehen, nämlich Diskrimi- nierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religi- on oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrich- tung. Wir befinden uns hier in der 1 : 1 Umsetzung des europäischen Rechts. Für das Pri- vatrecht – und hier besteht Regelungsbedarf – beziehen sich die EU-Vorgaben nur auf die ethnische Herkunft oder das Geschlecht.

Ich bin mit meiner Fraktion der Auffassung, dass in unserer Gesellschaft ein umfassender Antidiskriminierungsschutz notwendig ist, der sich in allen Rechtsbereichen auf möglichst alle Diskriminierungstatbestände bezieht, denn es gibt kein Argument, warum wir Men- schen vor Diskriminierungen in einem Rechtsbereich schützen sollten und in einem ande- ren nicht.

Die vielfach befürchtete und kritisierte Überregulierung und Bürokratisierung findet durch eine Ausweitung in der Regelungsbreite nicht statt, sofern sie sich nicht auf die Eingriffsin- tensität und somit auf die Schärfe des Gesetzes bezieht. Ein sinnvolles Maß an Regulie- rung dient dem Schutz der Betroffenen und schärft das Bewusstsein für den Gleichstel- lungsgrundsatz. -3-



Das Antidiskriminierungsgesetz ist ein wichtiger Bestandteil, soziale Standards in einer von Freizügigkeit geprägten Europäischen Union zu entwickeln und zu sichern – soziale Stan- dards, die von allen gesellschaftlichen Gruppen, auch von Unternehmern, gefordert wer- den. Sozialer Friede und sozialer Zusammenhalt sind wichtige Standortfaktoren, die auch in schwierigen Zeiten nicht zur Disposition stehen können.

Aus anderen EU-Staaten, die schon längere Zeit umfassende Antidiskriminierungsrege- lungen haben, sind negative Effekte auf den Beschäftigungsmarkt nicht bekannt. Eine Lähmung der Wirtschaft hat weder in Großbritannien, noch in Schweden oder den Nieder- landen stattgefunden. Im Gegenteil: In Zeiten zunehmender Standortkonkurrenz erlangen auch weiche Standortfaktoren immer mehr Bedeutung. Diskriminierungen in der Arbeits- welt und im gesellschaftlichen Miteinander schaden dem Ansehen des Standorts. Drei Ts entscheiden über den wirtschaftlichen Erfolg eines Standortes: Talente, Technologie und nicht zuletzt Toleranz.

Mit dem Antidiskriminierungsgesetz wollen wir in Deutschland eine – in anderen Länder schon lange selbstverständliche – Antidiskriminierungskultur auf den Weg bringen, in der sich Staat und Gesellschaft verantwortlich zeigen, dass es nicht zu Diskriminierungen kommt. Damit stärken wir ein Europa, in dem Freizügigkeit nicht Benachteiligung, sondern Vielfalt, Chancengleichheit und Toleranz bedeutet. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.

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