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16.06.05 , 12:21 Uhr
FDP

Heiner Garg: Nicht der Mensch hat sich seinem Umfeld anzupassen - sondern das Umfeld an den Menschen.

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Nr. 136/2005 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Kiel, Donnerstag, 16. Juni 2005 Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Sperrfrist: Redebeginn
Es gilt das gesprochene Wort!



www.fdp-sh.de Soziales/Menschen mit Behinderungen/Landesbeauftragter
Heiner Garg: Nicht der Mensch hat sich seinem Umfeld anzupassen – sondern das Umfeld an den Menschen. In seinem Redebeitrag zu TOP 22 (Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung über die Situation der behinderten Menschen) sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Dr. Heiner Garg:
„Es wird zwar bereits der zweite Bericht vorgelegt, dennoch ist es das erste mal, dass der Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen in Schleswig-Holstein im Plenum debattiert wird. Und das ist auch notwendig.
Der Bericht macht deutlich, dass es in vielen Bereichen in unserem Land einer weiteren Verbesserung der Situation der Menschen mit Behinderungen bedarf.
Oft sind es nur Kleinigkeiten, die fehlen, damit Menschen mit Handicap sich genauso bewegen können, wie andere. Wir müssen uns deshalb daran gewöhnen, dass es Menschen gibt, die aufgrund ihres Handicaps dazu gezwungen sind, ihren Alltag anders zu organisieren als wir.
Der Leitfaden allen Handelns muss doch lauten: Nicht der Mensch hat sich seinem Umfeld anzupassen – sondern das Umfeld an den Menschen.
Wir müssen begreifen, dass Menschen mit einem Handicap mehr können, als wir wahrnehmen. Und dann müssen wir sie in die Lage versetzen, dass sie ihre Fähigkeiten entfalten können – und sei es nur, damit sie selbstbestimmt leben können.
Der vorliegende Bericht ist mehr als ein paar Anregungen an Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit um die Situation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Er ist ein klarer Auftrag an die Politik zu Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 handeln. Das ist nicht nur wichtig, sondern auch richtig.
Dafür Ihnen, lieber Ulrich Hase, und Ihrem Team herzlichen Dank!
Zwei Themen des Berichtes machen deutlich, dass auch zwei Jahre nach Inkrafttreten des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes in der praktischen Umsetzung vor Ort Menschen mit Behinderungen nicht immer die notwendige Sensibilität für ihre Bedürfnisse entgegengebracht wird:
Dabei handelt es sich zum einen um die Barrierefreiheit und zum anderen um die Teilhaberechte von Menschen mit Behinderungen, die zwar auf dem Papier stehen, bei konkreter Anforderung im Alltag nicht immer entsprechend realisiert worden sind. Die Gleichstellung der Menschen mit Handicap darf deshalb kein Lippenbekenntnis bleiben.

1. Barrierefreiheit
Wer es mit der Barrierefreiheit wirklich ernst meint, darf gesetzliche Anforderungen nicht so einschränken, dass das Ziel der Gleichstellung faktisch in Leere läuft. Von den Trägern der öffentlichen Verwaltung ist deshalb zu erwarten, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen und bestehende Barrieren beseitigt werden. Davon profitieren im übrigen nicht nur Frauen und Männer mit Behinderungen, sondern auch ältere Menschen.
Es ist ärgerlich und vollkommen inakzeptabel, dass beispielsweise bei den wenigen öffentlichen Neubauten die Maßgaben zur verpflichtenden barrierefreien Gestaltung nicht oder nur unzureichend eingehalten werden.
Wenn von vornherein daran gedacht wird, spart das auch Kosten.
Ein Beispiel ist das erst kürzlich eingeweihte Globushaus in Schleswig. Der umgebende Park ist nicht barrierefrei und deswegen bauen wir ein nicht barrierefreies Globushaus – das ist doch absurd – anstatt einen barrierefreien Zugang durch den Park zu schaffen.
Und das nur, weil es immer noch Regelungen gibt, die eine Barrierefreiheit eines Gebäudes nur vorschreiben, wenn die Umgebung selber auch barrierefrei ist.
Die FDP-Landtagsfraktion hatte deshalb bereits im Zuge der Beratungen zum Landesbehindertengleichstellungsgesetz einen Antrag eingebracht, der vorsah, die Barrierefreiheit nach einer Übergangsfrist von 15 Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes auch in bestehenden Gebäuden herzustellen ist. Dieser Antrag, der auch die Möglichkeit von Zielvereinbarungen mit den Interessenvertretungen vorsah und somit den Trägern der öffentlichen Verwaltung eine Erweiterung der Übergangsfrist eröffnet hätte, wurde von rot-grün damals abgelehnt. Die Begründung lautete, dass aufgrund des Konnexitätsprinzips eine solche Regelung nicht gewollt sei.
Was bleibt übrig? Der Landesbeauftragte wird zum Bittsteller degradiert!
Er muss in seinem Bericht an das Land appellieren, dass wenigstens das Land selbst - auf freiwilliger Basis – diese Barrierefreiheit in den eigenen Liegenschaften doch herstellen möge.
Erschreckend dabei ist, dass auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelte Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Fachaufsichten nicht immer in der Lage sind, Verstöße gegen das Landesbehindertengleichstellungsgesetz zu kontrollieren - geschweige denn die aufgedeckten Verstöße zu sanktionieren.
Politik muss schon eine überzeugende Antwort darauf haben, warum gerade Verstöße gegen das bestehende Gleichstellungsgebot keinerlei Sanktionen nach sich ziehen!
Wer die Durchsetzung von Bürgerrechten - die Herstellung von Barrierefreiheit - mit der Begründung verweigert, man könnte durch eine entsprechende Regelung das in Art. 49 Abs. 2 der Landesverfassung verankerte Konnexitätsprinzip auslösen, zeigt, dass Barrierefreiheit hier in Schleswig-Holstein nur auf dem Papier existiert und an rein fiskalischen Überlegungen scheitert.
Das Konnexitätsprinzip hat die Signalfunktion, dass der Landesgesetzgeber nicht einfach zu Lasten der Kommunen kostenträchtige Beschlüsse fasst. Das darf Politik aber auch nicht davon abhalten, kostenauslösende Entscheidungen zu treffen, wenn die Zielsetzung der Barrierefreiheit tatsächlich erreicht werden soll.

2. Teilhabe
Der Bericht macht deutlich, dass Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände und Vertretungen im Vorfeld zu wenig gefragt werden, was ihre Bedürfnisse angeht – und das nicht nur bei Bauvorhaben.
Statt sie bereits im Vorfeld einzubinden, bei Gesetzesentwürfen anzuhören oder aber bei Ausschreibungen bereits bestimmte Kriterien der Barrierefreiheit festzuschreiben, wird zu oft erst im Nachhinein nachgebessert. So verkommt der Gedanke der Barrierefreiheit zu einem kostenträchtigen Sonderfall, den man in der Praxis gerne beiseite schiebt und ignoriert.
Welche kostenträchtigen Probleme dabei entstehen können, zeigt doch gerade die Diskussion um das Schleswiger Globushaus, das nicht allen Menschen offen steht.
Oder aber, dass bei der Ausschreibung von Bahnstrecken durch das Land die Barrierefreiheit von Fahrzeugmaterial kein Ausschreibungskriterium darstellt, nachdem sich Bewerber zu richten haben.
Das gilt nicht nur für Gebäude oder Fahrzeuge, sondern auch für Formulare, Internetpräsenzen, Schilder, Farb- und Lichtgestaltung oder der Installation von Lautsprecheranlagen. Gerade hier könnte bereits im Vorfeld nicht nur viel Geld gespart werden, sondern Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Know- how dafür entwickelt wird, um in einer älter werdenden Gesellschaft uns einen weiteren Zukunftsmarkt zu erschließen.
Wir müssen uns klarmachen, dass Menschen mit Behinderungen unter Barrierefreiheit je nach Art ihrer Behinderung etwas anderes verstehen. Blinde und Sehbehinderte haben andere Ansprüche an ihre Umgebung als Querschnittsgelähmte oder Menschen mit einer taubheitsbedingten Behinderung.
Um so mehr müssen nicht nur die Betroffenen, sondern die verantwortlichen Architekten, Designer, Ingenieure und Behörden mit eingebunden werden, um den skizzierten Anforderungen rechtzeitig gerecht zu werden und uns in diesem Bereich einen bundesweiten Vorsprung zu erarbeiten.
Wir müssen Barrierefreiheit endlich auch als Wirtschaftsfaktor verstehen und uns Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 dieses Know-how sichern.
Dabei geht es nicht darum, alles „orthopädisch, klinisch, fleischfarben“ zu gestalten, sondern um die Vernetzung und Vermittlung des Wissens. Dann kann barrierefreies Gestalten auch schön sein.
Wie das geht, zeigt eine Firma aus Schleswig-Holstein: Die Firma „enter-aktiv“ ist bundesweit führend in der barrierefreien Gestaltung von Internetseiten.

3. Umsetzung des Berichts
Der Bericht zeigt deutlich, dass wir bereits jetzt konkret und pragmatisch vieles ohne großen Mehraufwand im Land für die Gleichstellung tun können.
Viele Kriterien sind bereits jetzt umsetzbar und dürfen nicht daran scheitern, dass diese – auf welcher Ebene auch immer – noch nicht angekommen sind.
Ich nenne das Stichwort Partizipation. Lassen Sie es uns zur Regel machen, dass wir Behindertenverbände bei Gesetzentwürfen anhören.
Warum werden einheitliche Standards zur Barrierefreiheit, wie die BIT-Verordnung, die nur für Internetauftritte von Bundesbehörden gilt, nicht auch bei der Neukonzeption von Internetauftritten des Landes berücksichtigt?
Warum werden angehende Architekten und Ingenieure in der Ausbildung noch zuwenig für das Thema der Barrierefreiheit sensibilisiert?
Warum werden die Träger der Servicestellen nach SGB IX bei dem von der Politik gewollten Paradigmenwechsel in der Umsetzung zu sehr alleine gelassen – und damit indirekt auch die Betroffenen?
Der Bericht des Landesbeauftragten zeigt, dass allein mit wenig Aufwand viel erreicht werden könnte, wenn das Thema durch uns alle anders betrachtet würde. Hier sind keine Sonntagsreden gefordert, sondern praktische Umsetzung. Weil wir es sind, die Verantwortung tragen! Hierzu müssen wir alle beitragen.“



Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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