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29.09.05 , 13:02 Uhr
B 90/Grüne

Anne Lütkes zu TOP 12 Änderung der Landesverfassung

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 12 – Gesetz zur Änderung der Landesverfassung Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Anne Lütkes: Telefax: 0431/988-1501 Mobil: 0172/541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh-gruene.de

Der Gang nach Karlsruhe oder Nr. 270.05 / 29.09.2005
besser Schleswig ist Oppositionsrecht In Zeiten großer Koalitionen steht die Absicherung der parlamentarischen Kontrollrechte der Opposition ganz oben auf der politischen Tagesordnung.
So haben wir uns in dieser Landtagssitzung gestern schon einmal mit den Rechten und damit den Möglichkeiten einer Opposition, ihren Auftrag zu erfüllen, befasst. Die Debatte gestern hat gezeigt, welchen Stellenwert die Mehrheit in diesem Haus den verbrieften parlamentarischen Kontrollrechten beimisst.
Die Rolle des Fraktionsvorsitzenden der FDP als Oppositionsführer steht zwar noch nicht von Verfassung wegen im Lande fest, ist aber, und daran habe ich keinen Zweifel gelas- sen, auf Grund unserer Vereinbarung fest. „erledigt“
Allerdings ist und war der Oppositionsführer nie auch politischer Meinungsführer und Vertreter der gesamten Opposition. Er kann und darf deshalb die Kontrollrechte der Op- position nicht alleine, quasi stellvertretend ausüben. Ihre Konstruktion ist Unsinn!
Es geht auch jetzt wieder um bestimmte Rechte der parlamentarischen Minderheiten, für die es gesetzliche Grundlagen geben muss. Natürlich erinnere ich mich an Ihre Zusagen zu den parlamentarischen Minderheitenrechten, die wir im April diesen Jahres hier im Haus eingeklagt und auch erhalten haben.
Einmütig haben die Koalitionsfraktionen sich schriftlich im Koalitionsvertrag und mora- lisch hier im Plenum verpflichtet, die Quoren zur Geltendmachung von Oppositionsrech- ten durch eigenes Abstimmungsverhalten sicherzustellen. Das ist ein politisch nobler Akt und mag auch funktionieren, solange es zum Beispiel um Enquetekommissionen geht. Es mag selbst dann noch funktionieren, wenn Untersu- chungsausschüsse zur Aufklärung von Vorgängen in der Regierung auf unser Betreiben hin eingesetzt werden sollen.
Im Falle der Klagebefugnis nach Artikel 44 der Landesverfassung kann dieses Leihstim- menprinzip aber nicht funktionieren. Zu einen ist höchst unwahrscheinlich, dass Abge- ordnete Klage gegen den von ihnen selbst beschlossenen Haushalt erheben würden. Sie mögen einwenden, der oder die Abgeordnete muss ja dem verfassungswidrigen Haus- haltsgesetz oder anderem Gesetz nicht zwangsläufig zustimmen. Der politische Alltag lehrt uns aber, dass Haushaltsbeschlüsse die Nagelprobe schlechthin für eine Koalition sind. Persönliche Abweichungen, Nein-Stimmen aus Gewissens- oder anderen Gründen sind nicht realistisch, nach wie vor auch in diesem hohen Hause.
Zum anderen: Eine solche geliehene Klagebefugnis halte ich auch für unzulässig. Alle ähnlichen Figuren – zum Beispiel aus dem Zivilrecht - helfen hier gar nicht. Die abstrakte Normenkontrolle, also der sprichwörtliche ‚Gang nach Karlsruhe’, ist faktisch ein Opposi- tionsrecht, kein Parlamentsrecht. Als solches bedarf es der verfassungsrechtlichen „Ge- nehmigung“.
Unsere Landesverfassung erlaubt eine solche Klage nur, wenn mindestens ein Drittel der Abgeordneten klagt, also nach Adam Riese 23. Die Opposition kann daher auf KEINEN Fall klagen. Wenn die Hürden für dieses demokratische Recht also so hoch gelegt sind, dass die Opposition sie schlicht nicht nehmen kann, dann steht über der Regierungs- mehrheit in diesem Land nur noch der blaue Himmel oder der liebe Gott – je nach Welt- anschauung.
Das führt freundlich ausgedrückt zu einer gewissen Laxheit. Unfreundlicher könnte man auch sagen - zu Politik nach Gutsherrenart: „Wir sind ja unter uns, die Vernunft hat wie- der das Sagen, und die Ideologen in der Opposition können uns glücklicherweise nichts mehr anhaben.“
Denn eine andere Überprüfungsmöglichkeit als den Gang der Opposition nach Karlsruhe gibt es bei vielen Gesetzen nicht.
Wie der blaue Himmel zu ungesunden Höhenflügen verführt, ist uns bereits demonstriert worden. Die Regierung legt einen verfassungswidrigen Haushalt vor und genehmigt sich damit selbst eine Ausnahme von ehernen Haushaltsprinzipien. Sie hält es allerdings nicht für nötig, dies auch nur versuchsweise zu begründen. Was kann ihr denn schon passieren?!
Es geht also mit diesem Gesetzesvorschlag um die grundsätzliche Klagebefugnis der einzelnen Fraktionen, es geht nicht – das sei der Klarheit halber erwähnt - um eine konkrete angestrebte Klage! Wir haben im Ausschuss die Verfassungsänderung zur Oppositionsführerschaft vorzube- reiten. Ich gehe davon aus, dass zum Beispiel auch das Landesverfassungsgericht end- lich von der Landesregierung vorgeschlagen wird. In der letzten Legislaturperiode ist es an den Mehrheiten hier gescheitert. Zu all diesen erforderlichen Maßnahmen gehört auch unser heutiger Vorschlag. ***

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