Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

09.11.05 , 12:23 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 8 - Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen

Presseinformation Kiel, den 9.11.2005 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 8 Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen Drs. 16/317

Schon mehrfach sind wir als Landespolitiker von den Behindertenverbänden, dem
Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen und dem Altenparlament darauf
aufmerksam gemacht worden, dass der § 11 im Landesbehindertengleichstellungsgesetz
zwar bei Neubauten greift, aber bei Altbauten im Regelfall kaum jemand an die Belange der
behinderten Menschen denkt. Auch hier gilt: Was nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wird
auch nicht konkret umgesetzt. Alle unsere Aufforderungen, doch auch bei Altbauten die
Belange der behinderten Menschen zu berücksichtigen, sind bisher nicht von Erfolg gekrönt
gewesen. Deshalb greift die FDP dieses Thema jetzt auf und das ist sehr zu begrüßen.


Es wird jetzt vorgeschlagen, dass auch bestehende bauliche Anlagen der Träger der
öffentlichen Verwaltung barrierefrei herzustellen sind. Die FDP schlägt hierfür eine
Übergangsfrist bis zum 31.12.2020 vor, damit niemand überfordert wird. Ich glaube, diese 2
Vorgehensweise ist vorausschauend und trägt dazu bei, dass eigentlich niemand sich gegen
einen solchen Vorschlag wenden kann. Auch die Tatsache, dass verbindliche
Zielvereinbarungen abgeschlossen werden sollen, wird dazu führen, dass man mehr auf
Kommunikation als auf Zwang setzt. Und auch das ist gut so.


Eine Frage, die wir im Ausschuss klären müssen ist allerdings, ob wir nicht die Ausnahme-
regelungen für Um- und Erweiterungsbauten, die eigentlich Neubauten sind, in diesem
Gesetzgebungsverfahren streichen könnten. Nach diesen Regelungen kann man bei
unverhältnismäßigem Mehraufwand auf behindertengerechte Einbauten verzichten. Hier ist
meines Erachtens zu viel Spielraum. Entweder meinen wir es ernst, dann müssen überall die
gleichen Kriterien gelten. Oder wir weichen das Ganze immer wieder auf, dann werden wir
uns immer wieder mit vollendeten Tatsachen abfinden müssen, die wir eigentlich nicht
gutheißen können.


Ähnlich ist die Lage im Übrigen auch in Bezug auf den Denkmalschutz. Hier gibt es immer
wieder Konflikte, die auch oft nicht auszuräumen sind. Ich bin der Überzeugung, dass es
überall Möglichkeiten gibt, Barrierefreiheit herzustellen. Deshalb hat für mich die
Barrierefreiheit allerhöchste Priorität. Die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre öffentliche
Einrichtung erreichen können, ohne dass sie ihre Behinderung daran hindert. Die Frage, die
sich deshalb im Gesetzgebungsverfahren stellt, ist dann, ob die derzeitige Regelung und die
Hinzufügung der FDP ausreichend sind, oder ob nicht doch in Bezug auf den Konflikt
zwischen Barrierefreiheit und Denkmalsschutz ein genauere Regelung mit in das
Landesbehindertengleichstellungsgesetz mit aufgenommen werden muss.


Ich möchte ihre Aufmerksamkeit aber auch noch auf ein weiteres Problem lenken und
möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen. Nach § 13 des 3
Landesbehindertengleichstellungsgesetzes haben die öffentlichen Verwaltungen bei der
Gestaltung von Briefbögen und beim Schriftverkehr Behinderungen von Menschen zu
berücksichtigen. Das heißt, es sollen große, gut lesbare Schrifttypen gewählt werden. Die
Wirklichkeit sieht aber anders aus. Die Buchstaben sind winzig, dünn und blass und somit
schlecht lesbar. Oft sogar zu schlecht zu lesen für Menschen, die nicht als sehbehindert
gelten. Im Normalfall sind die Briefbögen zu tausenden gedruckt und sollte sich jemand
beschweren, so wird darauf hingewiesen, dass man bei der nächsten Auflage ja noch einmal
über die Gestaltung nachdenken könne. Das Ganze verläuft dann oft im Sande. - Viel schöner
wäre es gewesen, wenn man sich vielleicht vorher Gedanken über die Gestaltung gemacht
hätte, zumal es hier genügend Informationsmöglichkeiten gibt. Warum wird dies aber nicht
getan? In erster Linie sicherlich aus Unwissenheit, dann vielleicht auch aus Desinteresse. In
jedem Fall aber auch aufgrund der Tatsache, dass die Nichtbeachtung des Gesetzes keinerlei
Konsequenzen hat. Zwar haben Behindertenverbände und Einzelpersonen natürlich ein
Klagerecht, aber niemand wird wegen einer verhältnismäßig geringfügigen Sache klagen
wollen. Was also in unserem Gesetz fehlt, ist ein Passus, der auch automatische
Konsequenzen festschreibt, wenn die Bestimmungen des Gesetzes nicht eingehalten
werden. Ohne Sanktionen wird manch einer sich immer noch nicht intensiv um die Belange
seiner behinderten Mitbürger kümmern wollen. Deshalb sollten wir auch in den
Ausschussberatungen diskutieren, ob und in welcher Weise Sanktionsmöglichkeiten in das
Gesetz mit eingebaut werden könnten. Im beschriebenen Fall wäre schon das Einstampfen
der Auflage und der Neudruck der Briefbögen Strafe genug gewesen, die mit Sicherheit dazu
geführt hätte, dass man sich vorher Gedanken gemacht hätte.


Zusammenfassend kann ich also sagen: Der Vorschlag ist gut, lasst uns außerdem
überlegen, ob wir der Barrierefreiheit Priorität gegenüber der Ökonomie und dem
Denkmalsschutz einräumen wollen und ob wir Sanktionsmöglichkeiten mit aufnehmen
wollen.

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen