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16.12.05 , 12:48 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Wir brauchen europäische Standards und keine Kleinstaaterei im Strafvollzug"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 326/2005 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Kiel, Freitag, 16. Dezember 2005 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Sperrfrist: Redebeginn Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort!
Föderalismusreform/ Rechtspoltik/ Strafvollzug



www.fdp-sh.de Wolfgang Kubicki: „Wir brauchen europäische Standards und keine Kleinstaaterei im Strafvollzug“ In seinem Redebeitrag zu TOP 29 (Bundeseinheitliche Regelung des Strafvollzuges) erklärte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Die Regierungschefs der 16 Bundesländer haben sich vorgestern darauf verständigt, zusammen mit der großen Koalition eine Reform des deutschen Föderalismus anzugehen. Unter anderem steht im Koalitionsvertrag von CDU und SPD die Überlegung, die Zuständigkeit im Strafvollzugswesen im Rahmen dieser Föderalismusreform vom Bund auf die Länder zu übertragen.
Das wäre ein Fehler.
Und so habe ich zustimmend vor einigen Tagen die Pressemitteilung des Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, insbesondere zum Thema Strafvollzug, zur Kenntnis genommen. Der Ministerpräsident sah die Verlagerung der Zuständigkeit beim Strafvollzug vom Bund auf die Länder als problematisch an.
Er machte allerdings als Grund für seine Ablehnung maßgeblich „finanzielle Nachteile“ für das Land geltend. Das ist zwar ein Aspekt, aber bei weitem nicht der Wichtigste, wenn es um die Aufgabe der Bundeskompetenz im Bereich des Strafvollzuges geht. Für uns als FDP-Landtagsfraktion stehen fachliche Gründe für den Beibehalt der Bundeszuständigkeit im Strafvollzugswesen im Vordergrund.
Ich sage es ganz deutlich:
- Wir wollen nicht, dass die konzeptionellen und rechtlichen Zusammenhänge von materiellem Verfahrens- und Vollzugsrecht im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung und im Vollzugsrecht aufgelöst werden. Eine Länderzuständigkeit für die Strafvollzugsgesetzgebung einzuführen, während der Bund weiterhin für das Strafrecht, das Strafprozessrecht, das Untersuchungshaftrecht und das Jugendstrafrecht zuständig ist, mutet grotesk an. Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2
- Wir wollen nicht, dass 16 unterschiedliche Ländergesetze die Rechtseinheit und damit auch die Rechtssicherheit im Strafvollzug beenden und damit sehenden Auges Ungleichheiten und auch Ungerechtigkeiten billigend in Kauf genommen werden und die bundeseinheitliche Rechtsprechung mit dem Bundesgerichtshof als letzter Instanz beendet wird.
- Wir wollen nicht, dass durch eine Länderzuständigkeit ein Wettlauf um die schlechtesten Arbeitsbedingungen bei den Vollzugsbeamten beginnt.
Denn genau das wird geschehen, wenn wir die Bundeseinheitlichkeit der Regelungen zum Strafvollzug aufgeben.
Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass in den Ländern populäre und wahltaktische Überlegungen die gesetzliche Gestaltung des hochsensiblen Strafvollzuges bestimmen und der verfassungsrechtlich verankerte Resozialisierungsauftrag quasi über Bord geworfen wird.
Denn machen wir uns nichts vor, die öffentliche Meinung äußert sich insbesondere nach schweren Verbrechen immer aus der Sicht der potenziellen künftigen Opfer. Das Gesetz verfolgt bisher einen anderen Ansatz. Es versteht Strafe als gerechten Schuldausgleich unter Berücksichtigung der Schwere der Tat, der Folgen der Opfer und der individuellen Schuld des Täters. Und im Strafvollzug soll dann den meisten Tätern der Weg in ein straffreies Leben nach der Haft ermöglicht werden.
Und nun stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Es wird ein Kind missbraucht, möglicherweise ermordet, die Medien berichten über grausame Einzelheiten der Tat und es ist Landtagswahlkampf. Meinen wir wirklich, dass dies bei der größeren Nähe der Landespolitiker zu den Bürgerinnen und Bürgern keine Auswirkungen auf den Strafvollzug hätte? Meinen wir wirklich, dass dies keine Auswirkungen beispielsweise auf Lockerungsmöglichkeiten im Strafvollzug bereits Inhaftierter hätte?
Ich glaube, es würden eher gegenteilige Forderungen auch von Teilen der Politik erhoben und ich glaube nicht, dass ich erst nach Bayern zu Herrn Beckstein schauen muss, auch hier, auch in Schleswig-Holstein, auch in diesem Hause, würden dann entsprechende Forderungen nach härteren Strafen und Wegsperren erhoben,
- mit der Folge, dass innerhalb der Justizvollzugsanstalten der Druck auf die Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst größer wird. Gefangene ohne Perspektive sind gefährlicher als diejenigen, die eine Aussicht auf Haftentlassung haben und - mit der weiteren Folge, dass entlassene Häftlinge ohne entsprechende Vorbereitung auf ein Leben nach der Haft gefährlicher für die Gesellschaft sind.
Um diesen Folgen durch entsprechende Beschlüsse in den Ländern vorzubeugen, ist ein gewisser Abstand notwendig. Daher ist die einheitliche Regelung des Strafvollzuges auf Bundesebene erforderlich.
Das nach langer Diskussion im Jahr 1976 mit den Stimmen aller Parteien vom Bundestag verabschiedete Strafvollzugsgesetz hat sich bewährt. Es hat dazu beigetragen, dass der deutsche Strafvollzug international einen Spitzenplatz einnimmt und vielen Ländern insbesondere vielen jungen Länder in Osteuropa, als Vorbild gilt. Wir haben im Rahmen der Diskussion um den europäischen Haftbefehl festgestellt, dass wir in Europa gleiche Standards im Strafvollzug brauchen. Was wir nicht brauchen, ist Kleinstaaterei in dieser Frage.“


Christian Albrecht, Pressesprecher, V.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/

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