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Ursula Sassen zu TOP 4 und 23: Kindern die Chance geben, ihre Zukunft angstfrei und eigenständig zu gestalten
Nr. 28/06 26. Januar 2006 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Es gilt das gesprochene Wort Gesundheitspolitik Ursula Sassen zu TOP 4 und 23: Kindern die Chance geben, ihre Zukunft angstfrei und eigen- ständig zu gestalten Unter dem Motto „Früher wahrnehmen – schneller handeln – besser kooperieren“ wollen wir der zunehmenden Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern wirksame Maßnahmen entgegensetzen. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Öf- fentlichen Gesundheitsdienst hat auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dieses Problem aufgegriffen, welches uns allen unter den Nägeln brennt und an dem alle Parteien arbeiten, bundesweit!Fassungslos und mit dem schrecklichen Gefühl, dass auch in unserer Nachbarschaft ein Kind zu Tode gequält, sich selbst überlassen oder sexuell missbraucht werden könnte, ohne dass es jemand bemerkt hat oder bemerken will, werden wir mit der Brutalität des Lebens konfrontiert.Die Fragen an die Nachbarn, ob sie weggeschaut und warum sie nichts bemerkt haben, mö- gen andere stellen.Wir die Politik, müssen uns fragen, wo wir versagt haben. Und ich sage Ihnen, wir haben versagt! Der Werteverfall unserer Gesellschaft ist nicht zu übersehen.Macht, Geld, Egoismus und Lebensgier lassen oft keinen Raum für Kinder. Aber auch Ver- zweiflung, Überforderung, soziale Defizite, Empfindungslosigkeit, krankhafte Neigungen, finanzielle Not und Resignation führen zu Störungen der Sorgeberechtigten, die Kindern un- sagbares Leid zufügen.Es ist eine unserer vordringlichsten Aufgaben, das Leid der Kinder zu lindern, Schaden ab- zuwenden und ihnen ein Leben zu ermöglichen, das ihnen die Chance gibt, ihre Zukunft angstfrei und eigenständig zu gestalten. Kinder sind unser wichtigstes Gut! Kinder sind unse- re Zukunft!Wir müssen aber auch darüber nachdenken, was die Politik tun kann, um Werte zu vermit- teln und den Menschen wieder Zukunftsperspektiven zu geben. Toleranz ist eine wunderba- re Eigenschaft, darf aber nicht als Ersatz für mangelnde Kritikbereitschaft, sich nicht einmi- schen wollen und für Feigheit stehen. Zum Wohle der Kinder dürfen wir nicht wegschauen, wir müssen handeln! Mit der Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst würden Eltern oder sonstige Sorgeberechtigte verpflichtet, ihre Kinder zwischen dem 21. und 24. Lebensmonat gesundheitlich untersuchen zu lassen.Diese Gesundheitsuntersuchungen könnten nach den Vorstellungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowohl beim Gesundheitsamt der Kreise und kreisfreien Städten als auch bei einem niedergelassenen Kinder- oder Hausarzt durchgeführt werden.Ich möchte hier nicht weiter auf alle Einzelheiten des Gesetzentwurfes eingehen, weise je- doch darauf hin, dass eine auf den ersten Blick erstrebenswerte Änderung des Gesetzes im Hinblick auf die Zielsetzung auch Fragen aufwirft. Es ist im Interesse des Landesgesetzge- bers – hier zitiere ich den wissenschaftlichen Dienst des Landtages – „… zum Wohle der betroffenen Kinder deren Gesundheitsuntersuchung sicherzustellen, um etwaige Erkrankun- gen, Vernachlässigungen oder Misshandlungen aufzudecken, so dass gegebenenfalls früh- zeitig weitere Fürsorgemaßnahmen eingeleitet werden können. Der Gesetzgeber hat dabei auch die Frage nach der Geeignetheit und der Erforderlichkeit der Maßnahme in Bezug auf das Regelungsziel zu beantworten. Insbesondere ist zu fragen, ob die Maßnahme tatsäch- lich geeignet ist, Fälle von Vernachlässigung aufzudecken, und ob eine Maßnahme die alle Eltern und Kinder ohne konkreten individuellen Anlass belastet, erforderlich ist, um gegebe- nenfalls wenige Fälle von Vernachlässigung offen zu legen.Wenn diese Fragen positiv beantwortet werden können, müsste auch die konkrete Regelung im Einzelnen so ausgestaltet werden, dass dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rech- nung getragen wird. Der Eingriff bzw. die Belastung durch die Maßnahme und der mit dem Eingriff verfolgte Zweck müssen danach in einem angemessenen Verhältnis zueinander ste- hen. Wenn hier durch eine verpflichtende Gesundheitsuntersuchung der Schutz von Kindern vor schweren Vernachlässigungen sichergestellt werden soll, so erscheint die damit verbun- dene Belastung von Kindern und Eltern generell angemessen. Letztlich kommt es hier auf die konkrete Ausgestaltung der in Aussicht genommenen Maßnahme an. Dabei wäre eine entsprechende Regelung in jedem Fall so auszugestalten, dass sie nicht über das zur Ver- folgung ihres Zwecks notwendige Maß hinausgeht.“ Soweit ein Auszug aus dem Kommentar des wissenschaftlichen Dienstes. Die Frage nach der Finanzierbarkeit und ob und wie wir den gefährdeten Personenkreis erreichen, bleibt offen.Die Änderung des Gesundheitsdienst-Gesetzes könnte eine Möglichkeit in Richtung Früher- kennung von Missständen bei der Betreuung und Erziehung von Kindern sein. Die CDU- Fraktion ist gerne bereit, diesen Gesetzentwurf in den zuständigen Ausschüssen zu beraten.Darüber hinaus wäre auch eine Bundesratsinitiative für verbindliche Früherkennungsunter- suchungen in Betracht zu ziehen, wie sie gerade in Hamburg auf den Weg gebracht wurde, zumal die Rechtsgrundlagen für die Früherkennungsuntersuchungen sowie für den Daten- austausch ohnehin bundesrechtlich geregelt sind.Gesetzesänderungen und insbesondere solche durch Bundesratsinitiativen haben in der Regel eine lange Vorlaufzeit.Die CDU-Landtagsfraktion will ohne Zeitverlust dazu beitragen, dass parallel zu einer even- tuellen Gesetzesinitiative so schnell wie möglich ein Handlungskonzept auf Landesebene entwickelt wird, das alle relevanten Kräfte und Institutionen einbindet. Wir müssen alle Mög- lichkeiten der Hilfestellung für Eltern oder Sorgeberechtigte und Kinder ausschöpfen, um gesundheitliche Störungen, Fehlentwicklungen, Vernachlässigungen und Misshandlungen von Kindern frühzeitig zu erkennen mit dem Ziel diese zu vermeiden.Wenn es im Antrag „Vorfahrt für Kinder“ heißt, dass sich der Schleswig-Holsteinische Land- tag dafür ausspricht, „nicht auf eine bundesgesetzliche Regelung zu warten, sondern vorab und zügig in eigener Verantwortung zu handeln“, stimmen wir zu. Ob das Ziel jedoch nur mit einer Änderung des Gesundheitsdienst-Gesetzes erreicht werden kann, sollten wir diskutieren. Weiter heißt es im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen: „Ab dem 1.8.2006 soll eine verbindliche Vorsorgeuntersuchung, die zumindest die Standards der U7“ dergesetzlichen Krankenversicherung beinhaltet, für alle Kinder im 21. – 24. Lebensmonat durchgeführt werden.Ich würde mich freuen, wenn wir schon vor dem 1. 8. 2006 einen Aktionsplan auf den Tisch legen könnten. Mein Fazit für Ihren Antrag „Vorrang für Kinder“ lautet: Gute Gedanken, jedoch zu sehr auf die Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst fixiert.Wir, CDU und SPD, möchten gern alle Möglichkeiten ausloten! Unser Berichtsantrag „Früher wahrnehmen – schneller handeln – besser kooperieren – zum Wohle unserer Kinder“ ist eine Herausforderung an alle Verantwortlichen und an die Bevölkerung. Es müssen Möglichkeiten und Wege gefunden werden gesundheitliche Schäden, Entwicklungsdefizite, Vernachlässi- gung und Misshandlung von Kindern vermieden und gleichzeitig Eltern und Sorgeberechtig- ten Hilfestellung gegeben werden kann.Der von uns angeforderte Bericht möge u. a. Auskunft darüber geben, wie wirksam Geset- zesänderungen auf Landes – oder Bundesebene beurteilt werden und welche finanziellen und personellen Auswirkungen diese für unser Land nach sich ziehen.Darüber hinaus erwarten wir - losgelöst von langwierigen Gesetzgebungsverfahren – ein Handlungskonzept, das mit Kooperationen und Netzwerken von Ärzten, Ämtern und Behör- den, sozialen Diensten, Kitas, Schulen, freien Trägern der Jugendhilfe etc. und der Polizei zügig umgesetzt werden kann.Wie gestern in der Landeszeitung berichtet nehmen die Ärzte eine Schlüsselposition ein. Dr. Andreas Claaß, Chefarzt der Kinderklinik Kiel, nennt typische Indikatoren für Vernachlässi- gung und andere Misshandlungen, warnt jedoch davor, Eltern mit einem begründeten Ver- dacht aggressiv zu konfrontieren. Sein Grundsatz „Hilfe statt Strafe“ muss auch in unsere Konzepte einfließen.Wichtig ist auch, dass die Wachsamkeit der Bevölkerung geweckt wird, um die Vernachläs- sigung und Misshandlung von Kindern schnell aufzudecken und Schaden abwenden zu kön- nen.Das Thema ist zu ernst, als dass es für parteipolitische Machtspiele missbraucht werden darf. Daher sind wir einverstanden, wenn heute nicht über unseren Berichtsantrag entschie- den, sondern dieser ebenfalls an den Ausschuss überwiesen wird, damit alle Fraktionen Ge- legenheit haben, sich einzubringen.Dies alles entlässt jedoch weder die Landesregierung noch uns aus der Pflicht, jeden Tag aufs neue vorbildlich Werte zu leben und uns für Schwache zu engagieren; fangen wir damit an: „Früher wahrnehmen – schneller handeln – besser kooperieren – zum Wohle unserer Kinder!“