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Lars Harms zu TOP 12 - Ablehnung der EU-Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt
PresseinformationKiel, den 25.01.2006 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 12 Ablehnung der EU-Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt Drs. 16/503Leider müssen wir uns heute schon wieder mit der Diskussion über die Ablehnung der sogenannten EU-Dienstleistungsrichtlinie befassen. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hattebereits Anfang 2005 einen ähnlichen Antrag auf Initiative des SSW mit Mehrheit verabschiedet.Aber im Grunde macht die EU-Kommission bei der Umsetzung der EU-Richtlinie über dieDienstleistungen im Binnenmarkt den gleichen Fehler wie bei der Richtlinie zu “Port Package II”,die gerade vom EU-Parlament nach vielen Streiks abgelehnt worden ist. Trotz vieler Protestebleibt die EU-Kommission auch bei der Dienstleistungsrichtlinie hart und macht wenigZugeständnisse an ihre Kritiker. In vielen europäischen Ländern haben sich aber sowohlArbeitgeber als auch Gewerkschaften insbesondere gegen die Einführung des so genanntenHerkunftslandprinzips eingesetzt.Denn mit dieser Neuregelung würden bei Dienstleistungen die gesetzlichen Regelungen desHerkunftslands gelten, wenn Firmen aus dem Ausland zum Beispiel in Schleswig-Holstein tätig 2werden. Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Arbeitnehmer EU-weit jeweils nach den Tarifen ihresHeimatlands entlohnt werden dürfen. Dieses Vorhaben würde unserem Arbeitsmarkt, unserenSozialversicherungen, unseren Arbeitnehmern und unseren regionalen Unternehmen massivschaden. Damit werden Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein massiv durch Billigkonkurrenz ausdem europäischen Ausland bedroht. Die Folge wären Billigkonkurrenz aus Ländern mit niedrigenLöhnen und Sozialstandards und damit weiterer Sozialabbau, z.B. in unserer Baubranche und beider Daseinsvorsorge.Und weiter sollen die Lohn-, Tarif- und Sozialstandards durch die Behörden des Herkunftslandskontrolliert werden. Im Klartext bedeutet dies, dass auf hiesigen Baustellen die Tarife undBedingungen aus Polen oder Tschechien oder ab 2007 möglicherweise aus Rumänien geltensollen und diese Einhaltung von den jeweiligen Ländern kontrolliert werden soll. Wie soll dasgehen? Und werden diese Länder an einer eingehenden Kontrolle ein Interesse haben? Unterdiesen Bedingungen hat ein hiesiger Arbeitnehmer dann keine Chance mehr und einUnternehmen kann sich dann oft nur noch retten, in dem es seinen Sitz ins Ausland verlegt unddann seine Beschäftigten zu den dortigen Bedingungen anstellt. Uns droht somit eingigantischer Sozialabbau, anstatt den Menschen in den neuen EU-Ländern die Chance zu geben,unsere Standards irgendwann erreichen zu können.Wir haben diese Thematik schon einmal diskutiert, als wir seinerzeit das Tariftreuegesetzberaten haben. Damals bekamen wir sowohl von den Handwerksverbänden, anderenBranchenverbänden und auch den Gewerkschaften Unterstützung für unser Tariftreuegesetz.Genau die gleichen Gruppen unterstützen uns nun wieder. Es ist also keine Frage der Ideologieoder der Seite auf der man steht, ob man diese Richtlinie ablehnt, sondern nur die des gesundenMenschenverstandes.Wettbewerber aus dem Ausland sind uns willkommen, aber nur bei gleichen Tarif- undLohnbedingungen. Wird diese EU-Dienstleistungsrichtlinie wirklich umgesetzt, dann werdenunsere regionalen Arbeitsplätze durch Lohn- und Sozialdumping aus dem Ausland gefährdet.Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes sind ist vor allem kleine und mittelgroßeUnternehmen von den negativen Auswirkungen einer Dienstleistungsrichtlinie betroffen. Das 3können wir nicht hinnehmen, zumal gerade diese Unternehmen das Rückgrat unserer schleswig-holsteinischen Wirtschaft bilden.Ein weiterer Knackpunkt ist die Tatsache, dass die Richtlinie vorschreibt, dass alle rechtlichenRegelungen, die in den einzelnen Nationalstaaten erlassen werden, unter dem Vorbehalt derGenehmigung der EU stehen sollen. Sollte dies so beschlossen werden, würde sich einBürokratismus in der Rechtsetzung zwischen Ländern, Bund und EU ergeben, der ungeahnteAusmaße erreichen würde. Außerdem stellt sich dann irgendwann auch die Frage, was man mitBundesländern und Nationalstaaten noch will, wenn die letztendliche Entscheidungskompetenzohnehin nur noch bei der EU liegt. Mit einer solchen Regelung würde man das bewährte Prinzipaufgeben, nur die Rahmenbedingungen auf EU-Ebene vorzugeben und tiefere Regelungen deneinzelnen Staaten zu überlassen. Wir wollen aber bei dem bisherigen bewährten Prinzip bleiben.Natürlich gibt es auch einige vernünftige Teile in der EU-Dienstleistungsrichtlinie und esherrscht ja auch Einigkeit darüber, dass wir grundsätzlich eine neue EU-Richtlinie in diesemBereich benötigen. Aber in der jetzigen Fassung muss der Vorschlag der EU-Kommissiongestoppt werden. Deshalb muss Schleswig-Holstein sich nochmals klar gegen die Richtlinieaussprechen, die am 14. Februar im EU-Parlament beraten wird und den Widerstand des DGBgegen die europäische Dienstleistungsrichtlinie mit einer großen Demonstration in Berlin am 11.Februar unterstützen.Ich bin daher sehr dankbar, dass sich insbesondere die beiden großen Fraktionen und auch FDPund Grüne bereit erklärt haben, unseren Antrag in einer leicht geänderten Form zu unterstützen.Damit geht von Schleswig-Holstein ein gemeinsames klares Signal aus, dass unsereLandesregierung sich bei der Bundesregierung noch mal einsetzen muss, um den berechtigtenForderungen der Kritiker der Dienstleistungsrichtlinie gerecht zu werden.