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27.01.06 , 11:39 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 30 - Aktionsplan Kinder und Jugend

Presseinformation
Kiel, den 26.01.2006 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 30 Aktionsplan Kinder und Jugend Drs. 16/416

Kinder und Jugendliche sind in unserem Land in der Minderheit: nach der Statistik aus dem Jahre
2001 ist nicht einmal jeder fünfte in Schleswig-Holstein 18 Jahre und jünger. Als ausgewiesene
Minderheitenpartei liegt es dem SSW natürlich daran, diese Gruppe zu unterstützen. Der SSW
macht sich für Kinder und Jugendliche stark, weil sie für unsere Zukunft stehen. Die Politik hat
ein existenzielles Interesse, Kindern und Jugendlichen angemessene Chancen zu ermöglichen.
Viele Kinder und Jugendliche leben in einem stabilen sozialen Umfeld und führen ein behütetes
Leben. Gerade auf dem Land können Kinder und Jugendliche gemeinsam die Welt entdecken.
Andere Kinder erleben bereits kurz nach der Geburt Ablehnung und Isolation. Ihre Eltern sind
überfordert und bedürfen dringend professioneller Unterstützung.


Immer mehr Kinder wachsen in materieller Armut auf, die sie sehr früh aus der Gesellschaft
ausgrenzt. Ungefähr jedes sechste Kind unter 15 Jahren in Schleswig-Holstein lebt von
staatlichen Unterstützungsmaßnahmen. Landesjugendring und der Kinderschutzbund
Schleswig-Holstein haben vor diesem Hintergrund die Idee eines eigenen Kinder- und
Jugendplans entwickelt. Die Landesregierung hat die Idee nun aufgegriffen. Die Sozialministerin 2

hat bei der Auftaktveranstaltung zum Kinder- und Jugend-Aktionsplan am 29.06.2005 diesen
Plan zu einem der wichtigsten Regierungsvorhaben für die 16. Legislaturperiode erklärt. Das
werden die anwesenden Verbandsvertreter gerne gehört haben, doch noch fehlen die
entsprechenden Maßnahmen.


Der SSW ist davon überzeugt, dass angesichts des sozialen Wandels die alten Instrumente der
Jugendpolitik nichts mehr taugen. Immer mehr Kinder ziehen sich von den klassischen
Jugendverbänden zurück und wollen weder mit Jugendfeuerwehr, Sportverein oder
Jugendzentrum etwas zu tun haben. Hier ist wirklich Einfallsreichtum gefragt und meiner
Ansicht nach auch unbedingt finanzielle Mittel. Mittel, die nicht nur kurzfristig für eine kurze Zeit
gewährt werden, sondern nachhaltig eingesetzt werden. Modellprojekte dienen, wie ihr Name
schon sagt, als Modell für eine flächendeckende Maßnahme oder Angebot. Man darf sie also
nicht verwechseln mit dem Regelprojekt, das ihnen folgen soll. Die Landesregierung begeht an
manchen Stellen des Kinder- und Jugendplanes aber genau diesen Fehler.


Ich möchte hier ein Beispiel heraus greifen: Das Flensburger Projekt „Schutzengel“, das jungen
Müttern tatkräftig bei der Erziehung beisteht. Es geht mehr als um ein Netzwerk und eine
Begegnungsstätte, sondern darum, für die Mütter auch außerhalb von Büroöffnungszeiten und
Sprechstunden da zu sein. Die Europäische Kommission hat das Projekt ausgezeichnet und auch
vor Ort besucht. „Ein Juwel“, lobte seinerzeit die Sozialministerin. Aber eines, das kaum
Kontinuität beim Betreuungspersonal realisieren kann. Wegen offener Finanzierungsfragen
können immer nur kurzfristige Verträge mit den Betreuerinnen abgeschlossen werden. So sieht
derzeit die Realität in Flensburg aus. Die Landesregierung will das Schutzengel-Projekt auf ganz
Schleswig-Holstein ausweiten. Im Herbst, kündigt der Aktionsplan an, werden Fragen der
Finanzierung erörtert (S. 21).


Der SSW fordert die Aufstellung eines realistischen Kostenplans, der selbstverständlich auch die
Einstellung professioneller Unterstützer beinhaltet. Die Ankündigung einer Erörterung über
Finanzierung ist zu wenig! Ich habe dieses Beispiel vertieft, weil es symptomatisch für die
gesamte Ausrichtung des Planes ist. Die Aufforderung der Ministerin lautet: setzt Euch 3

zusammen und dann wird es schon werden. Schaut Euch die guten Beispiele im Land an und
macht es genau so. Das ist Aufforderung zur Selbstausbeutung! Für die wenigen Profis und die
vielen Ehrenamtler, die im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik tätig sind, ist das aber der
falsche Weg. Zwei Leuten fällt doppelt so viel ein als einem allein. Das stimmt schon. Darum
begrüßt der SSW ausdrücklich die Bündelung von Aktivitäten und Kooperationen. Aber allein
damit ist es nicht getan, auch wenn das so schön bequem und billig für die Politik ist.


Aufsuchende Hilfe kostet Geld! Wer es Ernst damit meint, der nachfolgenden Generation
angemessene Lebenschancen zu eröffnen, muss sagen, was die Politik zu tun bereit ist.
Investitionen im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik sind genau so viel wert wie Millionen, die
wir für ein Infrastrukturprojekt investieren. Ich möchte noch ein Beispiel anführen: Unter Punkt
2.5.1. „Armutsrisiken vermeiden“ führt die Landesregierung nicht eine einzige konkrete
Maßnahme zur Vermeidung von Armut an. Stattdessen: Konferenzen, Unterstützung und
Konzepte, die erarbeitet werden. Ich weiß, wie schwer in diesen Zeiten die Mobilisierung von
Haushaltsmitteln ist, aber als Abgeordneter erwarte ich von einem Plan der Landesregierung
konkrete Zahlen und Maßnahmen. Das ist schließlich keine Broschüre, sondern die Festlegung
des jugendpolitischen Weges. In der Zusammenfassung des Planes ab Seite 58 steht es klipp und
klar: die Landesregierung versteht ihre Rolle in der Kinder- und Jugendpolitik vor allem darin,
Ansprechpartner zu benennen und Kooperationsstrukturen zu fördern. Das ist zu wenig, um
wirklich etwas an der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen zu ändern! Hier muss
nachgearbeitet werden.


Zu guter letzt auch noch vom SSW ein Wort zu den Überlegungen der Landesregierung im Zuge
des Bürokratieabbaus die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen in den Kommunen nach § 47
der Gemeindeordnung abzuschaffen. Das ist eindeutig ein Schritt in die falsche Richtung und
sendet ein verheerendes Signal in Sachen Kinderfreundlichkeit. Und das in einem Bereich wo
Schleswig-Holstein einmal eine Vorreiterrolle hatte. Nicht alles, was Geld kostet, ist gleich
Bürokratie. Das sollten sich die so genannten Experten, die diesen Vorschlag gemacht haben
hinter die Ohren schreiben. Der SSW fordert daher alle in diesem Hause auf, diesen Vorschlag des
Bürokratieabbau Staatssekretärs nicht zu übernehmen.

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