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03.02.06 , 12:26 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel und Birgit Rimpo-Repp zur Hochschulentwicklung

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
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Nr. 070.06 / 03.02.06


Hochschulen mit Spitze, Breite und Tiefe
Die Landesarbeitsgemeinschaft Bildung von Bündnis 90/Die Grünen hat eine Stellung- nahme zum Eckpunktepapier zur Entwicklung der Hochschulen erarbeitet. Die grüne Landtagsfraktion hat dies in den letzten Wochen intensiv mit vielen VertreterInnen der Rektorate und ASTAe der Hochschulen diskutiert.
Karl-Martin Hentschel, bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion und Birgit Rimpo-Repp, Sprecherin der LAG Bildung stellten daraus heute dazu folgende Schwer- punkte vor:
Moderne Hochschulsysteme müssen zweierlei leisten: Spitzenforschung und Breitenbil- dung.
Spitzenforschung erfordert eine stärkere Konzentration der personellen und materiellen Ressourcen auf die Bereiche, in denen eine Hochschule Spitzenleistungen vollbringt.
Breitenbildung heißt, dass sie viel mehr StudentInnen auf hohem Niveau, aber auch pra- xisorientiert für ihre späteren beruflichen Ziele ausbilden: Dazu gehören sowohl Tätigkei- ten im Bereich der Forschung in Uni oder Wirtschaft, aber auch viele andere Berufe wie LehrerIn, JuristIn, IngenieurIn, BetriebsleiterIn usw..
Daraus ziehen wir folgende Schlüsse:
Der verschärfte Wettbewerb im Rahmen des Bologna-Prozesses erfordert eine größere Selbständigkeit der Hochschulen, die mit effektiven Leitungsstrukturen einhergehen müs- sen.
1/4 Der Vorschlag von Wissenschaftsminister Austermann, die Hochschulen durch einen ex- ternen Hochschulbeirat steuern zu lassen, ist kontraproduktiv, wird von den Hochschulen fast unisono abgelehnt und würde die Akzeptanz von Entscheidungen drastisch ver- schlechtern.
1. Wir fordern stattdessen die Übertragung weiterer Kompetenzen (Berufungen, Sat- zungshoheit, Aufnahme von StudentInnen, Wegfall der Genehmigung von bereits akk- reditierten Studiengängen usw.) auf die Hochschulen.
2. Wir unterstützen eine Straffung der Gremien, die Stärkung der Fachbereiche in der CAU. Auch eine Präsidialverfassung kann sinnvoll sein, um extern auszuschreiben. Wir schlagen aber vor, dass die Hochschulen darüber im Rahmen einer neuen Sat- zungsautonomie selbst entscheiden können. Dabei wollen wir an der Drittelparität fest- halten.

Die vorgeschlagene Zusammenlegung der Universitäten Flensburg, Lübeck und Kiel zu einer Landesuniversität lehnen wir ab, da sie die hohe Identifikation der Städte und auch der regionalen Einrichtungen und der Wirtschaft mit „ihrer“ Universität ignoriert und e- norme Reibungsverluste erzeugt.
3. Stattdessen sollte die schon vorhandene Zusammenarbeit von Universitäten und Fachhochschulen gestärkt und die Zusammenlegung geprüft werden. Schon heute gibt es gemeinsame Studiengänge für die Berufsschullehrerausbildung in Flensburg und die Medizintechnikingenieure in Lübeck.

Mit der Einführung von Bachelor- und Masterabschlüssen verringert sich der Unterschied zwischen Universitäten und Fachhochschulen zunehmend – im europäischen Kontext betrachtet sind die Abschlüsse schon heute gleichwertig. Auch im Bereich der Forschung werden die Unterschiede geringer. An den Fachhochschulen gibt es vermehrt Professo- rInnen, die eine hervorragende angewandte Forschung betreiben.
4. Wir wollen deshalb den Hochschulen die Möglichkeit geben, die Lehrverpflichtung ihrer ProfessorInnen eigenverantwortlich festzusetzen, wobei sie durchaus auch hohe Ermäßigungen für Forschung gewähren können. Das würde den Hochschulen in sehr lehrintensiven Fächern, die nicht immer auch gleichzeitig sehr forschungsintensiv sein müssen, auch die Möglichkeit geben, reine „Lehrprofessuren“ (Lecturer) einzurichten.
5. Zugleich bestände die Möglichkeit, die Ressourcen und Freistellungen viel stärker auf die Excellenzcluster zu konzentrieren, um gezielt Spitzenforschung zu fördern.

Die Schnittstellen zwischen den Universitäten Kiel und Flensburg bzw. Lübeck im Be- reich der Lehrerbildung und Medizin erfordern keine Zusammenlegung der gesamten Hochschulen, wohl aber eine Neubestimmung der Schnittstellen.
6. Die Ausbildung der LehrerInnen sollte, wie es von mehreren Hochschulen bereits vorgeschlagen wurde, in Zukunft stärker die pädagogischen und didaktischen Anteile betonen und nicht mehr nach Schularten gegliedert sein, und sie sollte (bis auf die Heilpädagogik) nach Altersstufen erfolgen (Elementarschul-, Grundschul-, Sekundar-I- und OberstufenlehrerInnen Gymnasium und Berufsschule). Wir schlagen vor, die ge- samte Lehrerausbildung nach Flensburg zu verlagern, nur die Gymnasiallehrerausbil- dung sollte weiter in Kiel bleiben.
7. Angesichts der Probleme mit der Umsetzung des Erichsen-Gutachtens schlagen wir vor, die beiden medizinischen Fakultäten entsprechend dem Zusammenschluss der Klinika zusammenzulegen. Der Sitz des Dekanats sollte Lübeck sein, um den Hoch- schulstandort Lübeck langfristig zu sichern.

Die Hochschulen müssen mehr Freiheit in Personalfragen haben:
8. Wir unterstützen deshalb den Vorschlag, den Hochschulen das Recht zu geben, W3-Professuren in eigener Verantwortung zu berufen.
9. Wir lehnen die beabsichtigte Stärkung der Habilitation ab und unterstützen den Weg, durch Juniorprofessuren junge ForscherInnen schneller in verantwortliche Posi- tionen zu bringen.
10. Die Hochschulen sollen im Rahmen ihrer Budgets weitgehend Vertragsfreiheit ein- schließlich des Umfangs der Lehrverpflichtungen haben.
11. Wir stimmen der Einführung einer neuen Personalkategorie zu, die es ermöglicht, dass MasterstudentInnen wie bisher die StudentInnen der höheren Semester als wis- senschaftliche Hilfskräfte eingesetzt werden können.

Wir sind der Auffassung, dass die Einführung von Studiengebühren kein geeignetes Mit- tel zur Behebung der chronischen Unterfinanzierung der Hochschulen ist. Sie haben ei- nen erheblichen Abschreckungseffekt auf StudentInnen aus sozial schwachen Familien.
12. Es ist nach unserer Auffassung die originäre Aufgabe des Staates die Funktions- fähigkeit der Hochschulen in Lehre und Forschung auf einem internationalen Spitzen- niveau sicherzustellen.
13. Wir fordern, dass das Erststudium bis zum Master kostenfrei bleibt.

Wir wollen eine stärkere Durchlässigkeit von der Berufsausbildung zum Hochschulstudi- um erreichen.
14. Deshalb unterstützen wir die Anerkennung von Berufsabschlüssen wie dem Meis- ter, der FachwirtIn und der TechnikerIn als Hochschulzulassungsberechtigung.
15. Darüber hinaus fordern wir, dass für die einzelnen Studiengänge geprüft wird, ob und wie Vorleistungen an Fachschulen, im Beruf oder in anderen Studiengängen für das Studium teilweise anerkannt werden können, um die Undurchlässigkeit des deut- schen Ausbildungssystems aufzubrechen.

Die Diskussion dieser Vorschläge mit den Hochschulen hat an fast allen Punkten Kon- sens ergeben. Gegenüber dem Zusammenwachsen der Unis und Fachhochschulen gab es von beiden Seiten erhebliche Vorbehalte, obwohl ein flexibler Umgang mit den Stun- denverpflichtungen von den meisten begrüßt wurde. Die Zusammenlegung der Medizinfakultäten wird von diesen abgelehnt mit dem Haupt- gewicht darauf, dass an beiden Standorten auch in Zukunft ein volles Studium möglich sein muss.

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