Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Axel Bernstein zur Regierungserklärung: Sachliche Information ist der beste Ratgeber
Nr. 61/06 22. Februar 2006 IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.deUmweltpolitik Axel Bernstein zur Regierungserklärung: Sachliche Information ist der beste Ratgeber Nachdem der Landtag bereits in seiner Sitzung im November 2005 eine Debatte über die Vogelgrippe führte, hat sich die Lage wesentlich verändert.Vor knapp vier Monaten hatten wir noch die Hoffnung, das Eindringen des Virus in die EU verhindern zu können. Mit Importverboten für Vögel, Geflügel und Geflügel- produkte und verstärkten Grenzkontrollen wurde das Machbare getan.2003 trat das Vogelgrippevirus erstmals in Asien auf. Heute hat das Virus offenbar mit dem Vogelzug Europa erreicht. Die zahlreichen Fälle in Mecklenburg- Vorpommern erschrecken uns alle. Bemerkenswert ist die Geschwindigkeit und die Unberechenbarkeit, mit der sich dieses Virus über den Globus ausbreitet.Aufgrund der starken Mobilität der Vögel können so hunderte Kilometer übersprun- gen werden und das Virus taucht unerwartet in einer weit entfernten Region auf. Un- sere Hoffnung aus dem vergangenen Herbst, dass es vielleicht nicht zu einer Aus- breitung des Virus in die EU kommen würde, hat sich nicht erfüllt.Wir haben aber auch in der damaligen Debatte die Augen nicht vor den potentiellen Gefahren verschlossen, sondern darauf gedrungen, dass wir uns auf den Fall eines Falles vorbereiten. Und auch die Landesregierung hat die Zwischenzeit genutzt. Das Umweltministerium hat ein Bündel von Maßnahmen beschlossen.Aufgrund der Ausführungen des Ministers, für dessen Initiative zu der heutigen Re- gierungserklärung ich ihm an dieser Stelle ausdrücklich danken möchte, werde ich mich auf die wesentlichen Punkte beschränken - als da sind:1) Das dringende Erfordernis der Trennung von Haus- und Wildgeflügel, 2) Schutz des Hausgeflügels durch Aufstallungsmaßnahmen, von denen auch der Mensch profitiert, 3) Aufklärung der Bevölkerung und Hinweise darauf, dass tote Tiere nicht anzufas- sen und stattdessen die zuständigen Veterinärbehörden zu benachrichtigen sind, 4) ein Abrücken von der vorsorglichen Impfung. Wie bei jeder Impfung werden die zu impfenden Tiere mit dem Virus infiziert, was eine körpereigene Immunisierung auslöst.Da die gewollte Infizierung im Zuge der Impfung sich jedoch nur schwer oder gar nicht von einem echten Krankheitsverlauf unterscheiden lässt, sollte von einer Imp- fung weitgehend abgesehen werden. Ich möchte mich auch für das in meinen Augen ausgesprochen umsichtige Handeln des Ministeriums in den vergangenen Wochen bedanken. Mit zahlreichen Übungen, internen Plänen, regelmäßigen Tagungen und optimierten Informationswegen wurde die Zusammenarbeit mit den Kreisen und kreisfreien Städten für diesen Krisenfall vorbereitet.Parallel dazu wurde die Öffentlichkeit umfassend und frühzeitig informiert, ohne dass eine überzogene Beunruhigung oder gar Panikmache Platz griff. Der Umgang der Öffentlichkeit und der veröffentlichten Meinung mit einer solchen Krisensituation er- scheint ohnehin ambivalent. Auf der einen Seite erwarten wir vollständige Information und professionelle Vorbereitung der zuständigen Stellen.Entsprechend groß – und sicher zum Teil gerechtfertig war die Empörung über den holprigen Beginn der Maßnahmen auf Rügen.Auf der anderen Seite neigen wir dazu, aus den Fernsehbildern von Behördenmitar- beitern, Feuerwehrleuten und Bundeswehrsoldaten in Schutzanzügen mit Atem- schutzmasken eine Dramatik abzuleiten, die in keinem Verhältnis zur aktuellen Ge- fährdung von Menschen steht.Die Realität wird schnell mit anders gelagerten Szenarien vermischt oder gar mit Spielfilmen wie „Outbreak“ vermengt. Um so wichtiger ist es, die sachliche und um- fassende Information der Öffentlichkeit fortzusetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Virus H5N1 auch Schleswig-Holstein erreicht, ist hoch.Zwei Ziele müssen deshalb mit aller Konsequenz verfolgt werden.Erstens: Der Schutz der Bevölkerung muss oberste Priorität haben.Zwar wird die „aviäre Influenza“ durch einen Influenza-Virus vom Subtyp H5N1 aus- gelöst, der mit der beim Menschen zirkulierenden Grippe wenig gemeinsam hat. Die mit der menschlichen Grippe assoziierende Bezeichnung ist daher auch unglücklich.Wichtigste Erkenntnis ist, dass das Virus bisher nicht in der menschlichen Bevölke- rung zirkuliert, wenngleich in seltenen Fällen, bei intensivem Kontakt mit Vögeln oder dem Vogelkot, eine Übertragung möglich ist.Laut FAZ vom gestrigen Tag hat es bisher offiziell 171 Erkrankungen und 93 Todes- fälle weltweit beim Menschen gegeben. Festzuhalten bleibt, dass das Virus Säugetie- re und Menschen nur schwer anstecken kann und dies auch nur unter besonderen Umständen möglich ist.In den seltenen Fällen einer Infektion beim Menschen war immer die Aufnahme einer hohen Virusdosis – also die massive Berührung mit Vogelkot und zum Beispiel des- sen Verschlucken – die Voraussetzung für den Ausbruch der Krankheit. Generell gilt, dass der Teil des Virus, der sich an die menschlichen Zellen anheften muss, dafür wenig geeignet ist.Eine Gefahr besteht nun darin, dass aufgrund der hohen Fähigkeit der Viren zu ge- netischen Veränderungen, sich dieses ändert und das perfekte Anheften an menschliche Zellen möglich wird. Wichtig wird es sein, für den Fall Vorkehrungen zu treffen, dass das Virus in eine für den Menschen gefährliche Form mutieren sollte.Die Kapazitäten für die zügige Produktion eines Impfstoffes gegen einen Virus, den wir heute noch nicht kennen, müssen überprüft und ggf. erweitert werden.Das zweite wesentliche Ziel muss der Schutz unserer heimischen Nutzgeflügelbe- stände sein.Über 2700 Betriebe in Schleswig-Holstein vermarkten Geflügel und halten dabei ei- nen Bestand von über 2,5 Millionen Tieren.Zwar ist der Marktwert des Geflügels über den Tierseuchenfonds pflichtversichert – der Schaden der entstünde, wenn heimi- sches Geflügel in Verruf geraten würde, wäre jedoch immens.Im Sinne des Verbraucherschutzes und im Sinne des Schutzes der heimischen Be- triebe ist deshalb jede Gefährdung von Geflügelbeständen konsequent zu vermei- den. Dazu gehört im Notfall auch die Keulung von verdächtigen Beständen. Auch für diesen Fall wurden, wie der Bericht des Ministers zeigt, Vorkehrungen getroffen.Ein möglicher Imageschaden – wie gerechtfertigt er auch immer sei – ich erinnere an die Fragwürdigkeit mancher Reaktionen – würde vermutlich über die Geflügelzucht hinaus das Land insgesamt als Tourismus- und Wellnessregion treffen.Ich möchte meinen Beitrag nicht beenden, ohne allen Helfern im Namen der CDU- Fraktion zu danken, die bereits heute – und oft ehrenamtlich - dazu beitragen, unser Land vorzubereiten und helfen, ein jeweils aktuelles Lagebild zu erstellen. Unser Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Veterinärämtern, den übrigen zuständigen Behörden, den Feuerwehren, der Polizei und der Bundeswehr. Wer hätte gedacht, dass der Einsatz der Bundeswehr im Inneren einmal auf derart breite Akzeptanz stoßen würde.Wissenschaftler sehen es lediglich als eine Frage der Zeit an, bis das Virus mutiert und auch eine Übertragung auf Säugetiere und damit den Menschen möglich ist. Für diesen Fall gilt es gewappnet zu sein.Nach dem Bericht des Umweltministers glaube ich, dass Schleswig-Holstein nach menschlichem Ermessen gut gewappnet ist.Wir sind aufmerksam und vorbereitet – zur Panikmache gibt es keinen Anlass.