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24.02.06 , 12:20 Uhr
B 90/Grüne

Klaus Müller zur zukunftsfähigen Energiepolitik

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 37 – Zukunftsfähige Energiepolitik Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Durchwahl: 0431/988-1503 Zentrale: 0431/988-1500 Dazu sagt der energiepolitische Sprecher Telefax: 0431/988-1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172/541 83 53 Klaus Müller: E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de

Nr. 116.06 / 24.02.06

Weg vom Öl – Gerade in Schleswig-Holstein
Zukunftsfähige Energiepolitik für unser Land, ein spannenderes Thema kann es für Grü- ne kaum geben. Das mit Grünen Ideen schwarze Zahlen geschrieben werden, hat sich auch bei den Großen Koalitionen in Berlin und im Landeshaus herumgesprochen. Ich freue mich, dass wesentliche Teile der grün-roten Energiepolitik fortgeführt werden, mit Ausnahme der Steuerbefreiung von biogenen Kraftstoffen.
Bei alternativen Kraftstoffen hat Schleswig-Holstein die Nase mit vorn. Es ist gut wenn die Landesregierung deutlich macht, dass Produktion und Nutzung von Biokraftstoffen einen wichtigen Beitrag leisten zur Versorgungssicherheit, zur Ressourcenschonung, zum Klimaschutz und Stärkung der ländlichen Räume. Neben der geplanten Beimi- schungspflicht sollen laut Landesregierung die Steuervergünstigungen aufrechterhalten werden. So ist es recht.
Die Erneuerbare-Energien-Branche entwickelt sich zu einem Schwergewicht der deut- schen Wirtschaft. Mit einem Umsatzwachstum von 30 Prozent auf 16 Milliarden Euro in- nerhalb eines Jahres hat die Branche 2005 erneut alle Erwartungen übertroffen. Mittler- weile wurden 160.000 Arbeitsplätze in dem Bereich geschaffen. Die Zahlen sind am 16.2.06 im Rahmen der Jahreskonferenz Erneuerbare Energien in Berlin gemeinsam vom Bundesumweltministerium und der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare-Energien- Statistik vorgestellt worden.
Schon heute sind die Erneuerbaren Energien unverzichtbar für die deutsche Energiever- sorgung. Ein nationales Energiekonzept muss bei den Erneuerbaren Energien als Basis für eine dauerhaft sichere und kostengünstige Energieversorgung ansetzen.
1/4 Vor allem im Bioenergiebereich war 2005 das Jahr der bisher stärksten Entwicklung. Die Produktion von Biogasstrom und Biokraftstoffen wurden verdoppelt. Auch der Absatz von Holzpellets für Gebäudeheizungen wurde um 100 Prozent gesteigert. Insgesamt machen Erneuerbare Energien beim Stromverbrauch laut Statistik über 10 Prozent, bei der Wärmenutzung 5,4 Prozent und bei Kraftstoffen 3,4 Prozent aus. Nach internen Branchenschätzungen des BEE liegen die Werte sogar noch höher.
Um den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien abzusichern und zu beschleunigen, wird dringend das angekündigte Gesetz zur Förderung von Wärme aus Erneuerbaren Energien gebraucht, ebenso die Weiterführung der steuerlichen Privilegierung für Bio- kraftstoffe.
Die immer neuen Ölpreisrekorde in den Jahren 2000 bis 2004 haben die Volkswirtschaf- ten der Europäischen Union 400 Milliarden Dollar gekostet. Das rechnete der Wirt- schaftswissenschaftler Shimon Awerbuch von der britischen University of Sussex den Teilnehmern der Jahreskonferenz Erneuerbare Energien in Berlin vor.
Dieser Betrag sei höher als die Ausgaben, um das EU-Ziel für Erneuerbare Energien für das Jahr 2020 zu erreichen. Es sieht vor, den Anteil von Wind-, Wasserkraft, Bio- und Solarenergie sowie Geothermie am EU-Energiemix auf 20 Prozent zu erhöhen.
Bei einer dauerhaften Verdoppelung des Ölpreises rechnet Awerbuch zudem mit ernst- haften Schäden für die Volkswirtschaften der Industrieländer. Allein in Deutschland wür- de das Volkseinkommen bei einem Ölpreis jenseits von 100 Dollar je Barrel um mehr als acht Prozent sinken – das entspricht einem Betrag von jährlich etwa 200 Milliarden Euro.
Um derartige Risiken und deren Kosten zu reduzieren, müssen die Industrieländer ihren Energiemix auf einen möglichst hohen Anteil Erneuerbarer Energien umstellen.
Auch politisch bringt der Ausbau Erneuerbarer Energien erhebliche Vorteile. Erneuerbare Energie eröffnen der Politik neue Handlungsspielräume. Auf nationaler Ebene reduzieren sie die Importabhängigkeit und deren Konsequenzen. International tragen sie dazu bei, dass Konflikte um fossile Energierohstoffe verringert werden.
Bei der gegenwärtigen Entwicklung wird sich die Importquote von Öl in der EU von der- zeit 76 Prozent auf 92 Prozent im Jahr 2015 erhöhen. Das bedeutet neue Abhängigkei- ten, entweder von Russland oder vom Nahen Osten.
Da das Erdöl zu 60 Prozent benötigt werde, um Benzin und Diesel für Autos herzustel- len, könne man der Abhängigkeit mit neuen Antriebskonzepten für Fahrzeuge entgegen- wirken. Selbst US-Präsident George W. Bush hat inzwischen diese Lektion gelernt. Die- ser hat vor kurzem angekündigt, dass Biokraftstoffe in den USA künftig 75 Prozent des Importöls aus dem Mittleren Osten ersetzen sollten. Die schwarz-rote Bundesregierung dagegen will mit ihren Vorschlägen zur vollen Be- steuerung aller Biokraftstoffe den gerade begonnen Ausbau der reinen Biokraftstoffe be- enden. Damit erhöht die Bundesregierung die Abhängigkeit Deutschlands vom konflikt- beladenen und klimaschädlichen Erdöl. Gleichzeitig verhindert sie damit einen Beitrag zur heimischen Energieversorgungssicherheit; durch klimaschonende und arbeitsplatz- fördernde Biokraftstoffe.
Ich bin zuversichtlich, dass dieser energiepolitische Irrweg noch gestoppt werden kann. Neu ist der Plan von Schweden bis 2020 seine Energieversorgung komplett vom Öl un- abhängig zu machen.
Der Bericht der Landesregierung ist sehr technokratisch. Es fehlt die Begeisterung für die tollen Rahmenbedingungen des Landes. Schleswig-Holstein ist stark bei den Erneuerba- ren Energien und wir können noch stärker werden. Weg vom Öl, gerade unsere Agrarba- sis ist dafür geschaffen.
Wo ist die Vision der Landesregierung? Es geht um Morgen aber auch um 2010, 2020 und 2050. Dann haben wir eine Energieversorgung ohne Erdöl und ohne Erdgas. Die Frage ist nur - gestalten wir das aktiv oder erleiden wir diese Wende? Denn sie kommt unaufhaltsam. Die rot-grüne Koalitionsvereinbarung vom März 2005 hatte sich festgelegt, bis 2010 sollten 50 Prozent des Stromverbrauches aus Erneuerbaren Energien stam- men.
Energiepolitik ist auch Standortpolitik, keine Frage, sie ist aber auch Klimapolitik. Aktiver Klimaschutz steht einem Land zwischen zwei Meeren sehr gut an.
Selbst bei der Windenergie, der Vorzeigebranche in Schleswig-Holstein, wirkt der Bericht nüchtern. Ist Offshore nicht die große Chance mit technologischen Sprüngen für Betrie- be, Häfen und neue Arbeitsplätze? Da muss doch geklotzt werden. Und Repowering, die Ersetzung von vielen kleinen WKAs durch große, leistungsfähigere an Land, kommt ü- berhaupt nicht vor.
Die Biomasse hat ein Gesamtpotential von 13 Prozent des Primärenergieverbrauchs in Schleswig-Holstein. Zurzeit werden gerade mal ein Prozent ausgeschöpft. Und was ist das Ziel der Landesregierung? Fehlanzeige!
Warum sagt die Landesregierung nicht klar, jawohl, dieses 13 Prozent-Potential wollen wir bis 2010 realisieren, zumal der Schleswig-Holstein Fonds diesen Bereich ja durchaus würdigt?
Neben den Erneuerbaren Energien gehören Energieeinsparung und Effizienzsteigerun- gen beim Energieeinsatz zum Zukunftsdreiklang. Hierzu ist der Bericht sehr dünn.
Die Raumheizung von Altbauten in Schleswig-Holstein bietet ein riesiges Einsparvolu- men. Das Beispiel der energieoptimierten Kersig-Häuser an der Holtenauer Straße in Kiel mit 70 Prozent weniger Verbrauch zeigt, wie es geht. Das neue CO2-Gebäude- Sanierungsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau ist mit zinsgünstigen Krediten gestartet worden. Für die energetische Sanierung von Wohnungen liegt der Zinssatz zur- zeit bei 1 Prozent. Da heißt es zugreifen, Energie wird nicht billiger.
Die durchschnittlichen Heizkosten von Wohnungen in Schleswig-Holstein sind relativ hoch, das zeigt der Kieler Heizspiegel im Rahmen der Klimaschutzkampagne, genau so wie der Betriebskostenspiegel des Mieterbundes auf Landesebene. Energetische Sanie- rung nutzt Vermietern und Mietern sowie dem örtlichen Handwerk. Unsere Häuser kön- nen nicht in Niedrig-Lohnländer exportiert werden, sondern die Energieoptimierung er- folgt vor Ort durch qualifiziertes Personal.
Holzpelletheizungen sind heute schon wirtschaftlicher als Gas und Ölheizungen und da- bei CO2-neutral. Solarthermie ist technisch lange ausgereift und bei den jetzigen Gas- und Ölpreisen absolut wirtschaftlich, jeder der eine Anlage auf seinem Dach hat, weiß das sehr genau.
Schleswig-Holstein ist gut aufgestellt im Energiebereich, ich nenne Wind, Biomasse, bio- gene Kraftstoffe, Kraft-Wärme-Kopplung, Wasserstofftechnologie. Aber unser Land kann noch mehr. Nutzen wir die hohen Energiepreise und stellen um auf Erneuerbare Ener- gien, so schnell und umfangreich wie möglich. Unsere Kinder und Enkel werden es uns danken.
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