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Peter Eichstädt zu TOP 6: Sonderstellung in der Gemeindeordnung ist nicht nötig
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 22.03.2006 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 6 – Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung (Drucksache 16/623)Peter Eichstädt:Sonderstellung in der Gemeindeordnung ist nicht nötigDer Gesetzentwurf der FDP ist in seiner Absicht ja positiv: Menschen mit Beeinträchti- gungen sollen die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt teilzuhaben. In den letzten Jahren sind hier große Fortschritte erzielt worden. Dass es trotzdem noch vieles zu tun gibt, steht außer Frage. Ob der vorliegende Gesetzentwurf geeignet ist, dies zu befördern, wird aber von uns bezweifelt.Der Entwurf übernimmt fast wörtlich die Bestimmungen, die wir seinerzeit für die Betei- ligung von Kindern und Jugendlichen im § 47f der Gemeindeordnung beschlossen ha- ben. (Ich meine zu erinnern: Sie von der FDP haben nicht zugestimmt). Die Verpflich- tung, Kinder und Jugendliche an Planungen und Vorhaben der Gemeinden an- gemessen zu beteiligen, ist sinnvoll und notwendig, weil diese eben nicht die Mög- lichkeit haben, ihre Rechte direkt durch Mitwirken in den Gemeindevertretungen zu gewährleisten, sie sind aufgrund ihres Alters noch nicht wählbar.Die Regelung für Kinder und Jugendliche hat sozusagen auch einen pädagogischen Aspekt, weil sie dazu auffordert, junge Menschen am Gemeinwesen und seiner Ges- taltung schon früh im Rahmen demokratischer Prozesse zu beteiligen. Es sollte gewis- sermaßen auch so etwas wie die Vorschule zur demokratischen Mitgestaltung für jun- ge Menschen werden. Das macht Sinn und in vielen Gemeinden funktioniert es hervor- Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: Internet: pressestelle@spd.ltsh.de www.spd.ltsh.de SPD -2-ragend. Bei erwachsenen Menschen mit Behinderungen geht eine solche Rege- lung aber eher am Ziel vorbei, weil ihnen all diese Beteiligungsrechte zumindest rechtlich bereits offen stehen.Wir haben in der Vergangenheit ein gutes System in unserem Gemeinwesen installiert, den Belangen behinderter Menschen Gehör zu verschaffen. Zuerst ist da natürlich das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen des Landes Schleswig-Holstein zu nennen, das das Ziel verfolgt, Benachteiligungen behinderter Menschen umfassend zu beseitigen und zu verhindern sowie gleichwertige Lebensbedingungen auch für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Dieses Gesetz richtet sich auch an die Träger der öffentlichen Verwaltung in den Kommunen und regelt umfänglich und vorbildlich die Belange behinderter Menschen und ihre Möglichkeiten zur Teilhabe.Viele Dinge sind in diesem Gesetz verankert, die der Gleichstellung Behinderter die- nen. Dazu gehört das Klagerecht auch für Verbände, ganz wesentlich aber der Be- hindertenbeauftragte des Landes mit seinem unabhängigen Status und umfängli- chen Gestaltungsmöglichkeiten. So ist es nicht zuletzt der Behindertenbeauftragte des Landes, Ulrich Hase, der hervorragende Arbeit leistet und auch dem Parlament wirk- sam auf die Finger klopft.Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass die Aufnahme eines § 47 g in die Ge- meindeordnung entbehrlich ist, weil durch diverse Rahmenrichtlinien und Gesetze, die ich hier in fünf Minuten nicht alle aufzählen kann, Menschen mit Behinderungen schon Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten in vielfältiger Form haben. • Im § 3 der Landesbauordnung haben wir geregelt, dass auf die Belange von Menschen mit Behinderung in besonderer Weise Rücksicht genommen werden muss. -3- • Im § 1 Abs. 6.3 des Baugesetzbuches heißt es, dass Menschen mit Behinde- rung bei der Planung berücksichtigt werden müssen. • Und in der Arbeitswelt sorgt der § 94 des SGB IX über die Schwerbehindeten- vertretungen in Betrieben dafür, dass die Belange von Mitarbeitern mit Handi- caps beachtet werden. • Darüber hinaus können Gemeinden schon jetzt gemäß § 47 GO und Kreise gemäß § 42 KO, wenn sie es wollen - und sie sollten es wollen - Beiräte für die Belange Behinderter einrichten und Beauftragte für die Wahrung der Inte- ressen Behinderter einsetzen.Wir werden uns also im Ausschuss, mit der Frage beschäftigen, ob dieser Antrag uns wirklich dem Ziel näher bringt, die Belange von behinderten Menschen durch eine wei- tere Sonderstellung in der Gemeindeordnung zu verbessern. Wir haben Zweifel, sind uns aber auch bewusst, dass wir hier offensichtlich auch eine andere Auffassung ha- ben, als der Behindertenbeauftragte des Landes sie uns kürzlich in einem Brief an die Abgeordneten mitgeteilt hat.Wir werden Ihren Vorschlag im Innen- und Rechtsausschuss diskutieren, die Mitbera- tung im Sozialausschuss ist dabei selbstverständlich.