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22.03.06 , 12:13 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 6 - Änderung der Gemeindeordnung (Behindertenbeauftragte)

Presseinformation
Kiel, den 22.03.2006 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 6 Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung Drs. 16/623

In einigen Kommunen sind sie bereits vertreten, die Beauftragten für Behinderte. Sie sollen sich
verstärkt für die Belange behinderter Menschen einsetzen. Möglichst frühzeitig werden sie von
Gemeindevertretung und Stadtverwaltung in Entscheidungsprozesse eingebunden, damit
Fehler nicht erst in Beton gegossen werden und deren Beseitigung dann sehr teuer wird. Ein
Beispiel: in Flensburg hat die SSW-Stadtfraktion für die Bestellung einer Behinderten-
beauftragten gesorgt. Die Behindertenbeauftragte Astrid Müller hat frühzeitig unter anderem
darauf hingewiesen, dass beim Einbau neuer Aufzüge beim Umbau des Flensburger Bahnhofs
die Breite der heute gängigen Elektro-Rollstühle berücksichtigt werden muss. So werden
Planungsfehler vermieden.


Auf Anregung des Sozialverbandes Husum und des Vereines für Körper- und Mehrfach-
behinderte im Kreis Nordfriesland hat die Stadt Husum ab September letzten Jahres einen
Beauftragten für Menschen mit Behinderungen bestellt. Manfred Carstens, so sein Name,
versteht sich, wie übrigens vieler seiner Kolleginnen und Kollegen in anderen Kommunen auch, 2
als Scharnierstelle zwischen Verbänden und Politik, oftmals auch als Frühwarnstelle. Er ist aber
auch geduldiger Ansprechpartner für die Interessen der
Menschen mit Behinderungen, deren Anliegen er gegenüber der Kommunalpolitik vertritt. Die
Qualität kommunaler Arbeit wird dadurch entscheidend verbessert.
Ich würde mir wünschen, wenn die Arbeit der Behindertenbeauftragten in der Öffentlichkeit
mehr Beachtung finden würde. Ich hoffe, dass eine größere Öffentlichkeit ein Nebenprodukt des
vorgelegten Gesetzes sein wird.


So wie in Flensburg und Husum fordert der SSW für alle kommunalen Entscheidungen die
Beteiligung von Menschen mit Behinderungen. Als Bürger einer Gemeinde sollten ihnen die
gleichen Rechte wie ihren nicht-behinderten Mitbürgern zustehen. Hierfür müssen die
gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, so wie es die FDP auch vorschlägt. Mittelfristig
muss es um die Etablierung einer neuen Teilhabe-Kultur gehen: Es kann ja schließlich nicht
Aufgabe der Menschen mit Behinderung sein, die Notbremse bei kommunalen Vorhaben zu
ziehen. Wir alle sollten die Belange von Menschen mit Behinderungen verinnerlichen. Die
Kommunen sollten Menschen mit Behinderungen zur Teilhabe ermutigen.


Ob es nun unbedingt ein Beauftragter sein muss oder ein Beirat ist dabei nicht entscheidend.
Entscheidend ist vielmehr, dass eine Institution geschaffen wird, die als fester Ansprechpartner
und Interessenvertreter für die behinderten Mitbürgerinnen und Mitbürger fungiert. Eine
wichtiges Element, das auf wesentlich mehr Verbindlichkeit im kommunalen handeln
ausgerichtet sein wird, ist die regelmäßige Überprüfung kommunaler Entscheidungen in einem
festgelegten Turnus. Hier wird die kommunale Ebene verpflichtet, nicht die gesamte
Verantwortung auf die Behindertenbeauftragten abzuschieben, sondern eben rechtzeitig selber
das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und selber zu gestalten. Das heißt, die Kommune
ist auch selber verantwortlich für die Entscheidungen, die gefällt werden und muss auch dafür
im Nachhinein gerade stehen. Wichtig ist, dass eine behindertengerechte Politik 3
selbstverständlich wird und wir hier auch durch eine solche Bestimmung einen hohen Grad an
Verbindlichkeit absichern.


Der SSW ist der Überzeugung, dass der vorgelegte Artikel 47g in der Gemeindeordnung gut
platziert ist. Eine Beteiligung von Menschen mit Behinderungen wird verpflichtend für alle
Kommunen, ohne dabei die Mittel zur Beteiligung ausdrücklich vorzuschreiben.
Andererseits ermahnt uns die gesetzliche Wirklichkeit des Artikel 47f, der die Beteiligung von
Kindern und Jugendlichen regelt, dass eine gesetzliche Regelung allein nicht ausreicht. Sie muss
mit Leben erfüllt werden. So ein Artikel ist kein Selbstgänger, der die Behindertengerechtigkeit
von selbst herstellt. Er muss im täglichen Verwaltungshandeln ständig wieder neu
durchdrungen werden. Eine Beteiligung sollte sich also nicht nur in der Schaffung neuer
Gremien erschöpfen, sondern die Interessen der Menschen mit Behinderung wirklich
durchsetzen.


Andererseits bin ich zuversichtlich, dass die hiesigen Kommunen genug Phantasie entwickeln
werden, wie sie vor Ort ihre Politik für Menschen mit Behinderungen verbessern. Viele
Lernbehinderte klagen zum Beispiel über eine unverständliche Formular– und Antragssprache.
Hier kann eine vernünftige redaktionelle Überarbeitung viel bringen – übrigens nicht nur für die
Menschen mit Behinderungen. Die Bundesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen hat
einen entsprechenden runden Tisch gegründet. Ich denke, dass auch die schleswig-
holsteinischen Kommunen von dieser Arbeit profitieren werden.


Die hervorragende Berichtsarbeit des Landesbehindertenbeauftragten Dr. Hase wird uns
sicherlich schon im nächsten Jahr wissen lassen, wie sich das neue Instrument in der
Gemeindeordnung auf der kommunalen Ebene bewähren wird. Ich bin darauf sehr gespannt.
Zumindest hat aber auch er sich schon für eine Ergänzung der Gemeindeordnung
ausgesprochen und diese Auffassung teilt der SSW.

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