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Anke Spoorendonk zu TOP 28 - EU-Verfassung
PresseinformationKiel, den 03.05.2006 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 28 EU-Verfassung Drs. 16/716Der vorliegende Bericht gibt eine gute Übersicht über die aktuelle Situation nach den Referendenzur europäischen Verfassung in Frankreich und Holland. Auch wenn trotz allem viele Länder denVerfassungsvertrag ratifiziert haben, so ist dieser Prozess doch bei einer ganzen Reihe vonwichtigen EU-Ländern – wie Großbritannien, Polen, Dänemark, Schweden, Irland oder Finnland –fast gänzlich ins Stocken geraten. Dazu ist die politische Lage in Frankreich und Hollandweiterhin völlig ungeklärt hinsichtlich der Frage, wie man mit der EU-Verfassung umgehen will,nachdem beide Bevölkerungen sie – sicherlich auch aus innenpolitischen Gründen – klarabgelehnt haben.Deshalb sagt der Bericht eines leider nicht aus: Wie soll es eigentlich in Zukunft mit dereuropäischen Zusammenarbeit weitergehen? Die deutsche Position, die uns Dr. Schönfelder,deutscher Botschafter bei der Europäischen Union, bei dem Besuch des Europaausschusses inBrüssel letzte Woche in einer Vorschau der deutschen Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr 2erläuterte, ist es ja zu versuchen, zumindest einen Teil des Vertrages umzusetzen. Dies ist zwarlöblich, könnte aber aus Sicht des SSW sehr schwierig werden: Denn welchen Teil desVerfassungsvertrages haben die Wählerinnen und Wähler in Frankreich und Holland eigentlichabgelehnt und welchen befürworten sie? Das vermag sicherlich keiner ganz genau zu sagen.Auch wenn Außenminister Steinmeier eventuell nur vorhat, einen strategischen Plan für dieWeiterentwicklung der EU vorzulegen und verabschieden zu lassen, dann wird er bestimmt ersteinmal abwarten, was die Präsidentschaftswahl in Frankreich bringen wird.Mit anderen Worten: Ich glaube, hier muss man einfach so realistisch sein, wie die neueVorsitzende der dänischen Sozialdemokraten, Helle Thorning-Schmidt, die neulich anlässlicheiner EU-Anhörung die EU-Verfassung für tot erklärte. Wir müssen – so schwer es ist – wiederganz von vorne anfangen, denn die Skepsis gegenüber der EU nimmt in fast allenMitgliedsstaaten immer weiter zu. Auch das können wir dem Bericht entnehmen.Daher empfehle ich noch mal den berühmten Blick über den Tellerrand. Seit Anfang des Jahresversucht das dänische Folketing in einer ganzen Reihen von Veranstaltungen eine von Politikernund Bürgern gemeinsam ausgetragene Diskussion über die Zukunft Europas in Gang zu setzen.Die zentralen Fragen sind auch dort: Was wollen wir eigentlich mit der EU? Welche Ziele habenwir, und wie viel soll die EU wirklich bestimmen? Die gescheiterten Volksabstimmungen über dieeuropäische Verfassung und die Vertrauenskrise der EU müssen also zu einer Neubestimmungder europäischen Zusammenarbeit genutzt werden.Der SSW plädiert dafür, dass man sich von der Idee eines Europäischen Bundesstaatesverabschiedet und eine pragmatische Zusammenarbeit zwischen den Nationen in Europaanstrebt. Wir wollen, dass das Projekt Europa neu definiert und mit einer bürgernahen Vision dereuropäischen Zusammenarbeit verbunden wird. Vor allem müssen sich die europäischen Staatenund Institutionen viel stärker darum bemühen, den Menschen den konkreten Nutzen dereuropäischen Zusammenarbeit zu vermitteln. 3Dabei spricht sich der SSW vor allem gegen eine europäische Sozialpolitik des kleinstengemeinsamen Nenners aus. Wir lehnen ein Sozialdumping und ein Wettrennen um dieniedrigsten Sozialstandards ab, weil es zu ungleichen Wettbewerbsdingungen und zurAbschwächung von nationalen Standards im Arbeitsrecht, im Umweltbereich oder in derDaseinsvorsorge führen wird. Nur wenn die Menschen in Europa fühlen, dass sich die EU auchwirklich um ihre Belange kümmert; werden sie die europäische Zusammenarbeit wiederunterstützen und befürworten.